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Hochzeitsmor
4.7. Ana
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den Dolch mit der linken Hand.) Und Btanca steht dabei und
leuchtet mit der lodernden Fackel zur Blutarbeit. Guido unterliegt.
Stmone erwürgt den Erdolchten und erdolcht den Erwürgten, am
Boden über ihm kniend und noch immer sehr rhetorisch aufgelegt.
Dann wirft er Bianca über den Tischrand und will sie gleichfalls
massakrieren, aber sie ist zu schön und er ist zu stark. „Ich wußte
ja nicht, daß du so stark bist, haucht sie, bewundernd. unter der
Spitze seines Dolches. „Ich wußte gar nicht, daß du so schlimm bist,“
brummt er und wirft den Mordstahl weg. Jetzt erst haben sie
einander kennen gelernt und sind einander würdig. Der Zuschauer
sieht es voraus, daß die beiden Renaissancemenschen, da sie doch
gewiß jetzige Tagesblätter lesen, nunmehr den driten zerstückeln und
als sogenannte „Leiche im Koffer“ halb nach Amerika, halb nach
Konstantinopel aufgeben werden. Jebenfalls ist theatralisches Faustrecht
in dem Stücke und schlagender, treffender Vers. Es geht dem Zu¬
schauer ins Temperament. Und es wurde von den Herren Kainz
und Gerasch, nebst Frau Medelsky, glänzend gespielt. Ein
Wildeerfolg doubliert mit einem Kainzerfolg. Stürmischer Beifall,
Hervorrufe ohne Zahl, Blumen, dargereicht und zugeworfen. Auch in
Szene gesetzt war das Drama von Herrn Kainz. Er ist als Regisseur
dem Schauspieler ebenbürtig und sorgt für dessen szenische Bedürfnisse
in der wirksamsten Art. — Vor Oskar Wilde sah man zwei Ein¬
akter: Besuch in der Dämmerung“ von Thaddäus Rittner und
„Der Pechvogel“ von A. M. Willner. Die kleine Dichtung
Rittners ist ein melancholisches Stimmungsbild von vielem Reiz.
Zur Zeit Mussets nannte man so etwas: „Le passant“ und
pointierte es ausgiebiger, da das Publikum immer genau
wissen will, ob der Herr Nachbar, dem eben seine Frau gestorben
ist, schließlich in ein Verhältnts mit der Lebedame gelangen wird,
die sich mit ihrem Grafen schon wesentlich langweilt. Die Herren
Edthofer und Leyrer machten das mit Frl. Galafres
sehr diskret ab. Willners „Pechvogel“ ist vom Typus des Guillotine¬
stücks. In der Conciergerie warten Aristos auf den Ruf zum
Schaffot und sind mittlerweile nach Möglichkeit geistreich und galant.
Die Duse hat einmal Derartiges von Ernest Renan gespielt. Hier
taten dies die Damen Hannemann und Schweighofer
nebst den Herren Edthofer und Kramer zu vollster Zu¬
friedenheit. Das Publikum lauschte gespannt. — Den Schluß machte
Schnitzler als Anatol. „Anatols Hochzeitsmorgen“ ist ein
niedlich einherplauderndes, in den Situationen mit Anmut hin und
her manövrierendes Ding. In zwei Stunden soll Anatol heiraten
und kann noch immer die reizende Ilona nicht los werden. So recht
eine Lage für den Typ Alatol. Personen: Fräulein Galafres,
Herr Kramer, Herr Klitsch; alle vortrefflich. Auch das Pub¬
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likum sehr befriedigt.
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Fünftes Konzert der Philharmoniker.
Ich gestehe, daß mich der Anblick des Programms fürs erste
etwas verstimmt hat. Wie nach dem rasenden Kosakentanz, womit
Glasunows fünfte Symphonie abschließt, sollten wir noch Empfäng¬
lichkeit übrig haben für Schuberts sanfte Entzückungen und
Beethovens idealen Hochflug? Aber das Konzert selbst hat diese
Befürchtungen glücklicherweise nicht bestätigt. Wohl gilt im öffent¬
lichen Musikleben der Grundsatz, den Hörer womöglich sogleich in die
Regionen der Weltferne zu erheben und dann, je weiter das
Konzert fortschreitet, immer mehr an die Bestie im Menschen
zu appellieren. Weingartner versuchte es 'mal anders. Er faßte uns
zunächst kräftig au. Irdischen und entrückte das Publikum
allmählich in die sublimste Sphäre des Joeals. Das gewagte Ex¬
periment, der natürlichen Pychologik des Phantasielebens ein
Schnipochen zu schla#, ist in diesem Falle dank der besonderen
Beschaffenheit der Tonstücke gelungen. Allerdings haben Schubert
und Beethoven den Eindruck Glasunows in meiner Erinnerung
vollständig ausgewischt. Aber ist das nicht eigentlich besser als um¬
gekehrt? Ich gebenke dieses Glasunow noch als eines ziemlich euro¬
päisch gekleideten, glänzenden Musikers, dem nur der russische Akzent
einen interessant=fremdartigen Reiz gibt, der aber dann im letzten
Satz plötzlich den Frack und die Lackschuhe ablegt und uns eine
wilde, urwüchsige Tanzorgie in Nationalkostüm, mit schweren
Juchtenstiefeln zum Besten gibt.
Frisch und fesselnd zu¬
mal ist der erste Satz, der mir dem prächtigen Scherzo ein
ziemlich seichtes Salon=Andante einschließt. In Schuberts
Unvollendeter überraschte ein bei Weingartner bisher kaum
beobachteter Zug frauenhafter Weichheit und naiver Heiterkeit
im Vortrag. Dagegen blieb die Leonoren=Ouvertüre hinter den
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eburg.
im Ausschnitt aus:
Wieden aeoboar
00
vom:

Theater und Musik.
Der Journalisten= und Schriftstellerverein „Con¬
cordia“ veranstaltete gestern nachmittag im Johann
Strauß=Theater eine Matinee. Vier neue einaktige
Stücks wurden gespielt, und alle fanden Beifall. Den
Beginn machte, eine „Bühnensilhouette": „Besuch
in(der Dämmerung“ von Thaddäus Rittner.
Esist dies eine feine, sorgsam ausgeführte Zeichnung
eihes eleganten Stilisten. Frl. Galafrés, die
Herren Edthofer und Leyrer trugen das
Bühnenfeuilleton sehr stimmungsvoll vor. Ein kurzes
Stück folgte: „Der Pechvogel“, in dem der
bekannte Schriftsteller A. M. Willner eine düstere
historische Anekdote aus der Schreckenszeit Frankreichs
vorführt; Frl. Schweighofer, Frl. Hanne¬
mann und Frl. Sommer, die Herren Kramer
und Edthofer fanden den richtigen Ton
dafür. Den Mittelpunkt der Matinee bildete das
einaktige Drama Eine florentinische
Tragödie“ von Oskar Wilde. Der Vorwurf
des Stückes ist alt, wie die Welt: Simone, ein floren¬
tinischer Kaufmann, tötet den Prinzen Guido, weil
er Bianca, die Frau des Kaufmannes, zum Ehebruch
verleitet hat; er merkt, er fühlt, er errät dies; wie
eine Wildkatze umkreist der betrogene Gatte den
Verführer, mit einer glühenden Suada drint
er ihm immer mehr zu Leibe, jedes Wort bildet
eine flammende 2 lage gegen den Verführer,
den er schließlich am Zweikampfe herausfordert,
in dem er als brillanter Fechter ihm den Degen
aus der Hand schlägt, ihn zu Boden drückt und er¬
würgt. Angesichts der Leiche Guidos schließt das Ehe¬
paar raich Frieden. Die „Florentinische Tragödie“
zählt jedenfalls zu den hervorragendsten Dichtungen
Wildes. Mit überwältigender Kraft und Meisterschaft
spielte Herr Kainz den Simone, vortrefflich sekun¬
dierten ihm Frau Medelsky und Herr Gerasch.
Den Schluß der Vorstellung bildete ein allerliebster
Schwank: „Anatols Hochzeitsmorgen“ von
Artur Schnitzler, der von dem charmanten Frl. Gala¬
fres, den Herren Kramer und Klitsch mit
köstlicher Laune gespielt wurde. Alle Mitwirkenden:
erhielten lebhafte Beweise der Anerkennung, ins¬
vesondere Herr Kainz wurde, wie immer bei
solchen Anlässen, mit Begeisterung gefeiert. k. g.