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3. Das Maerche
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hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
□ Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
*
6 Aussghpitt aus:
S-5.01.1907
#rtes Wiener Extrablatt, Wien
E vom:
Bürgertheater. „Das Märchen“, Schau¬
(iel in drei Aufzügen von Arthur Schnitzlex Es
war einmal ein junger Dichter, der schrieb ein Stuck,
das ihm wunderbar gefiel und das ihm das liebste
mar von allen seinen Stücken; weil es nämlich das
schwächste war, gerade deshalb hatte er es so jurcht¬
har gern und es schmerzte ihn tief, als es leider
nicht besonders gefiel. Und er hielt es
für
scheintodt. Da ging er
zu zwei Zauberern
und bat sie inständigst, es ihm doch wieder
lebendig zu machen. Die Zauberer versprachen, das
Möglichste zu thun und luden die ganze Stadt ein
zu der Widererweckung. Und siehe da
es geschah
ein großes Wunder! Das Kindlein blieb zwar end¬
giltig todt, aber es war noch viel todter, als es
jemals gewesen! — Das Märchen klingt traurig aus,
wie die meisten Märchen... Wie schont doch die
Kritik einen feinen Künstler, einen vornehmen
Dichter, wenn sie ihm die Wahrheit sagen muß,
wie's ihre Pflicht ist und ihn doch nich zu sehr
kränken möchte? Sie erzählt die Handlung!
Das
geht hier nicht. Es ist fast keine vorhanden. Nur
endlose Gespräche zu Gunsten der verlassenen Mädchen
plätschern fort — uferlos. Zum Glück gibt es noch
eine andere Taktik der Schonung. Man lobt die anderen
Werke. Nun wohl, das geht ganz gut. Also: „Anatol“
ist entzückend
„Liebelei“ ein Meisterwert
„Der grüne Kakadu“, die geistreichste Grotesque der
letzten Jahre
„Lientenant Gustl“ und „Frau
Bertha Gerlan“ sind Gipfel moderner deutscher
Erzählungskunst -
der „Reigen“ beschließt den
Reigen! Man hat manchmal wirklich dabei das
Gefühl: Ob das nicht vielleicht aus dem Dänischen
ist? Hat hier nicht Esmann mitgearbeitet? So
0
fein,
edel, so vornehm und
fad!
Noch ein drittes System ist bewährt, will man edle
Poeten nicht verletzen. Haben Sie das Glück, daß
ihre schwachen Stücke auch schwach dargestellt werden,
wie es ja diesmal im Bürgertheater reichlich der
Fall war, dann schiebt man den größten Theil der
Schuld den Schauspielern zu. Vielleicht
hoffentlich!
ward auch nur aus diesem Grunde
gar so uninteressant Komödie gespielt. Schau¬
svieler thun manchmal etwas für Dichter.
Nimmt man Herrn Berger und die immer
brave Frau Russeck aus, bleibt fast nichts übrig...
Und der arme Dichter nahm sein todtes Kindlein)
unter den Arm und weinte heiße schwarze Tinte und
klagte: „Jetzt haben sie Dich erst umgebracht!“ Aber;
er irrte. Todte kann man nicht umbringen. v.s
Telephon 12801.
Ich
CrrenSin
MmH
O l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
0 in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New -Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
0
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
* Ausschnitt aus:
288401907
Neues Wiener Journal
E vom:
(Bürgertheater.) Zum erstenmale: „Das Märchen“
Schauspiel in drei Aufzügen von Artur Schnitzler. Das
Stück ist vor fünfzehn Jahren geschrieben worden. Kurz darauf
fiel es im Deutschen Volkstheater durch. Artur Schnitzler war
damals noch nicht berühmt, und man brauchte sich über sein
[Mißgeschick nicht sonderlich zu ereifern. Man hält sich bei den
Werken unberühmter Leute nicht lange auf, wenn sie Pech haben.
Herr Schnitzler ist aber unterdessen ein Dichter von Ruf
geworden, der feinste und beste des heimischen
Literatentums. Man darf ihn ehrlich bewundern, muß ihn
ehrlich respektieren, selbst wenn er manchmal fehl geht.
Es läßt sich nun begreifen, daß das Bedürfnis bestand,
auch das vermeintlich ungerechte Urteil über „Das Märchen“
einer Revision zu unterwerfen. Gestern wurde das alte Schauspiel
ausgegraben; man sah und stannte. Es war, als hätte man ein
verjährtes französisches Gesellschaftsstück vor sich. Schon vor
fünfzehn Jahren hatte es nicht mehr den Reiz der Neuheit; heute
aber muffelt es weit ärger. Es hilft nichts, mit schönen Worten
um diese Tatsache herumkommen zu wollen. Alles, was wir an
Schnitzler schätzen gelernt haben: den Geist, die Anmut, die feinen
seelischen Beziehungen, die sich von Mensch zu Mensch ergeben,
die sorgsam gebosselte Diktion, — man sucht es hier vergebens,
findet keine Spur davon. Es ist ein schlecht geratenes Theaterstück,
ein Thesenstück, wie man das nennt, und kein amüsantes
obendrein. Es wird wieder einmal eine von den
be¬
gewissen Rechnungen präsentiert, die schon längst
zahlt sind. (Auch vor fünfzehn Jahren, zur Zeit der
Erstaufführung bezahlt war.) Da ist ein Mädchen mit Vergangen¬
heit. Schon unter Dumas war es modern, darüber vorurteilsfrei
zu denken. Dieses Mädchen ist eine Schauspielerin und soll in
einem Stück die Rolle einer Gefallenen spielen. „Ueber dieses
Thema sind wir schon längst hinaus“, sagt einer, und sofort er¬
folgt die Gegenfrage: „Ueber was sind wir noch nicht hinaus?“
Der Dichter Fedor Denner ereifert sich. Man darf ein Weib darum
nicht verachten, „weil es die Kühnheit hatte, zu lieben, bevor wir
erschienen. Es ist nicht nur dumm, sondern auch grausam. Und es
ist Zeit, daß wir es aus der Welt schaffen, dieses Märchen von den
Gefallenen!“ — Was zu beweisen war. Natürlich wird der mutige Ver¬
teidiger nunmehr von dem Mädchen angebetet, aber Theorie und Praxis
vertragen sich in Gefühlsdingen schlecht. In dem Augenblick, wo
es darauf ankommt, kann auch Fedor Denner nicht von dem Vor¬
urteil los, ist ebenso grausam und brutal „wie die Leute“. Auch
ser kommt, wie jeder Mann, über den gewissen Punkt nicht hinweg
und zieht sich von der Geliebten zurück wie der erstbeste Philister.
Diese Geschichte wird in drei umständlichen Akten erzählt, die
breit und geschwätzig ausgesponnen sind; man ist, je länger das
Stück fortschreitet, um so erstaunter, daß es wirklich von Schnitzler
geschrieben wurde. Es war einmal; wir wollen uns des Schnitzlers
von heute desto mehr freuen. Die Aufnahme durch das Publikum
war keine ungünstige; zum Schluß wurde der Dichter sogar
vor die Rampe gerufen und als man ihn sah, schwoll der
Beifall immer stärker an. Er galt seiner Person. Die fleißig
studierte, wenn auch im Tempo stark verschleppte Vorstellung ließ
einen neuen Darsteller, Herrn Hermann John, in den Vorder¬
Igrund treten. Ein sicherer, sehr männlicher Charakterspieler, der
Nr. 5005
Haltung hat und klug das Wort zu setzen weiß. Eine neue Lieb¬
haberin, Fräulein Olga Weede, zeigte viel Talent, hatte sogar
einige hübsche lyrische Momente, konnte aber nicht tiefer fesseln.
Von den Vertretern der kleineren Rollen seien Fräulein v. Brenneis
und Fräulein Lorma genannt.
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