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Zeit an= Bauer richtet sich auf und schreit: „Cilla!“ Und die Bäuerin
hr Denner preßt ihm die Hand auf den Mund, bis er erstickt, tot zu¬
rücksinkt. Jetzt gehört er ihr, jetzt weint sie erst um ihn, jetzt
rzugleich
kann ihr ihn niemand mehr nehmen.
anregen¬
Das zweite Drama „Eine Zuflucht“ ist kaum weni¬
in Fanny
ger grauenvoll. Es geleitet uns in eine Korrektionsanstalt
auf das
undöffnetunsdie Seele einer Arbeitshäuslerin, die von Besse¬
tes höchst
rung, Anständigkeit, Wohltat und Barmherzigkeit nichts
krum, weil
wissen will und nur eines empfindet, Heimweh zu ihrem
erachtung
„Kerl“. Der vierte (im Lustspieltheater dritte) Einakter ist
secht, Un¬
ein Volksstück und heißt „Mutter". Er könnte auch „Müt¬
en. Es sei
ter“ heißen und bringt wiederum ein Ringen zwischen Alter
al geliebt
und Jugend. Die alte Greislerin, in deren Laden das Stück
uben und
spielt, will hoch hinaus mit ihrem Sohn: er soll ein Mädchen
man ein
mit Ersparnissen und Erbschaftsaussichten heiraten. Der Fer¬
d stoße es
dinand aber macht sich wenig aus den Plänen seiner Mutter,
durchkreuzt sie vielmehr, indem er mit einem armen Bauern¬
und diesen
mädel folgenreiche Beziehungen anknüpft. Wie das die alte
hmen, die
Mutter erfährt, übersiedelt die ganze Greislerei in einen
ur elend
andern Bezirk und Ferdinand erhält den strengsten Befehl,
spielerin,
mit der Bauerndirne zu brechen. Die junge Mutter aber zieht
weiß er,
den kleinen Greisler=Enkel brav auf, verdient fleißig und
hen haben
ruht nicht, bis sie den Ferdinand wieder findet und dadurch,
chen, das
daß sie dem Waschlappen einen Hausmeisterposten zugleich
lartert sie
mit sich selbst anbieten kann, ihrem Kind den Vater erkämpft.
s sie ihm
Sie rührt durch ihre Behartlichkeit sogar die Altermutter, so
erfüllten
daß hier ausnahmsweise — in der Wirklichkeit wird das
zu eitel
wohl auch in diesem Fall selten zutreffen — der Streit zwi¬
,um an
ischen alt und jung friedlich ausgeglichen wird.
ich mich
Für Frau Niese hatte das Lustspieltheater den Zyklus
dastand
lerworben und die Künstlerin zeigte sich des in sie gesetzten
imm alle
Vertrauens würdig. Sie schuf als Mitte=Lange=Bäuerin im
Ich bin
ersten, als tschechische Arbeitshausaufseherin Frau Ku¬
erin und
bitschka im zweiten und als Leni im dritten Stück drei un¬
besser ist
svergeßliche Charakterbilder.
kontrakt.
Tenner
Wien, Anfang Oktober.
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Das Maerchen
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QQuellenangabe ohne Gewahr.
= Ausschnikteseslsadische Landes Zeitu#
Mannheim
8
E vom:
wiener Theater.
Ein Inlendwerk Schnißzters. — Thesenstück oder Autobiographie. —
— Esmanns „aites Heim“. — Klara Viebigs „Kampf
Alt und Jung.
mit und ohne Narkose. — Kunst Leden und
um den Mann“
Versöhnung.
Wien, Anfang Oktober.
Ein fünszehn Jahr# ##tes Jugendwerk-Artur Schnitz¬
lers ist in der gekürzten und verbesserten
der Dichter vor fünf Jahren bei S. Fischer hat erscheinen
lassen, im Bürger= (nicht Burg=) Theater wieder in Szene
gegangen. „Das Märchen“. In Anatols Tagen hat
man dieses Schauspiel im Volksihater schmählich durch¬
fallen lassen. Heute haben es Publikus und Kritikus leicht,
rückwärts schauend, den Prophelen zu spielen: „Den ganzen
Schnitzler findet man schon in dem Stück. Und seine Lehr¬
veister, Dumas, Sardon et ceteros von Ibsens Gedanken¬
Das ist ja alles recht schön.
blässe schwach angekränkelt
Hätten es die Onkels aber damals gesagt, dann hätten sie uns
viel mehr imponiert.
Mit dem Ab= und Endurteil: „Thesenstück!“ sollte auch
die vom Publikum beifälligst ausgenommene Ausgrabung
erledigt werden. Wer aber nicht geradezu auf Thesen= und
Tendenzsagd ausgeht, braucht solchen Frevel im „Märchen“.
nicht zu bemerken, trotz dem kriegerischen Titel. Schnitzler
hat hier einfach wie in seinen andern Werken aus der näm¬
lichen Zeit das Milieu geschildert, worin er damals heimisch
war, die Welt des etwas blasierten, skeptischen Dichter=Lebe¬
mannes und des süßen Vorstadtmädels.
Ganz deutlich gebt aus der Schilderung hervor, daß der
Pocte zwar mit der Boheme des Cafe Größenwahn geraume,
Zeit auf bestem Fuß stand, sich aber doch selbst nie — er
als rechten
stammt aus sehr wohlhabender Familie
Bohemien empfand. Mit leisem Spott sind die Kunstzigeuner,
mit sichtlicher Vorliebe die Wohlsituierten, Dr. Witte und
Denner, gezeichnet. Virlleicht ist das Märchen sogar erlebt
und Denner ein verblaßtes Selbstbildnis Schnitzlers.
Erlebt nicht jeder junge Proßstädter eine solche Ge¬
schichte? Von wieviel Vorurteilen fühlen wir uns frei im
ersten Ungestüm studenzischer Fessellosigkeit! Stellt uns das
Leben dann auf die Probe, wie wenige sind imstande, ihre
vergötierte Theorie in die Praxis umzusehzen. Wer ist nie
ein Fedor Denner gewesen, der im ersten Akt das Vorurteil
gegen die Gefallenen für ein überwundenes Märchen erklärt
und im dritten Akte diesem selben Vorurteil in eigener Sache

kraftlos unterlegt? Tie Theie steilt darin, aber als Thesen¬
stück ist das Schauspiel deswegen nicht gleich abzutun.
Die anderen Mängel des Jugendwerkes sind weniger
zu leugnen. Die Charakteristik ist noch nicht so prägnant,
der Dialog noch nicht so ausgeglichen, das gedankliche Element
noch nicht so völlig im künstlerischen Organismus aufge¬
gangen, wie das später bei Schnitzler der Fall ist.