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1. Der tapfere Cassian
dig. Er beschränkt sich mit einer ziemlich billigen, wenn horcht: einem Haufen trübschädliger Philister gelingt ein
auch wirksamen Verspottung des rebellierenden Philister= Sieg, der anderswo vielleicht der feurigen Tatkraft der
eton.
tums. Die fünf Akte bauen sich nicht zu einem einheit. Besten versagt bleibt. Um aber diese Pointe herauszu¬
arbeiten, hätten wir Zeugen des Triumphes der Menge
lichen Ganzen auf, Bild wird an Bild gereiht, und nur
werden, ihre Verhandlungen mit dem König mit erleben
die zeitliche Aufeinanderfolge bildet ein zusammenhalten¬
her Theatern.
des Band.
und sehen müssen, welche Gründe diesen zum Nachgeben
bewegen. Es verbot sich aber von selbst, eine solche Szene
Eine Revolution kann dem Dichter den Stoff für eine
Pinter bisher noch keine ein¬
zu schreiben.
Tragödie geben, wie Hauptmanns Bauernkrieg=Drama
köhnlichem Interesse gebracht
Wie wir die Sache auch betrachten, das Ergebnis ist
zeigt; Begeisterung und Leben von Tausenden sind nutzlos
eit einige Novitäten heraus¬
immer: Ruederer hat aus seinem Stoffe viel zu wenig
aufgewendet, denn am Ende geht es nach dem unglück¬
rweilen Anlaß geben.
1
herauszuholen verstanden.
Seine Kräfte reichen nur zu
lichen Verlaufe der Revolution genau so oder noch schlim¬
mödie „Die Morgen¬
einigen Späßen, zu einer einheitlichen, umfassenden und
mer weiter wie vorher, und zwar aus Ursachen, die nicht
nennen. Die Einschätzung
tiefgreifenden Weltanschauung hat sich seine Art, Menschen
zufällig sind, sondern sozusagen im Wesen der Dinge liegen.
in typisches Beispiel für die
und Dinge anzusehen, nicht entwickelt. Diesem Mangel
urteilung, die sich in den
gegenüber tritt sein geringes Kompositionstalent in den
e ee eeeree aenr
nen Bewegung eingebürgert
Hintergrund, und seine Gabe, gewisse Gestalten lebensvoll
sobald die Veranstalter des Aufruhrs und sein Gegenstand
klarer. Wir verwechseln
hinzustellen, will nicht viel besagen. Um noch auf einiges
sich unter komischen Gesichtswinkeln ansehen lassen: man
be kleiner Einzelzüge und
Einzelne kurz hinzuweisen, so leidet die Komödie auch hier
spricht dann wohl von einem Sturm im Wasserglase. Die
paar gute Witze über den
und da unter dem starken Farbenauftrag und an dm
Revolution aber, die Ruederer schilbert, läßt weder eine
s deshalb noch kein satiri¬
übergroßen Lärm sowohl der lustigen wie der leidenschaft¬
tragische, noch eine komische Darstellung zu. Wohl kann
fe Beobachtung und scharfen
lichen Szenen. Unklarheit kommt in das Ganze durch
sich der Dichter über die Teilnehmer an dieser Münchener
überschätzen sie nicht mehr.
Ruederers Stellung zur Lola Montez, die in dieser Um¬
Februar=Revolution lustig machen, aber er wird von diesem
r, Gewicht auf das Ganze
gebung von Schurken und Philistern fast sympathisch wirkt.
Standpunkt keine Komödie schreiben, sondern nur
t und auf das Ganze des
Vortrefflich wiedergegeben ist die tolle Zeitstimmung. Der
ein paar derbkomische Szenen, nur eine Galerie komischer
mit dem Evoe=Geschrei und
Philisterköpfe aufstellen. Je komischer er aber die Revolu= Gesamteindruck des Abends aber ist, wenn wir ehrlich sein
vorsichtiger geworden.
tionäre zeichnet, je unklarere Schreier sie sind, um so mehr wollen, Langeweile, denn wir haben fünf Akte hindurch
heute auch Ruederers Erst¬
eigentlich nur denselben Ton gehört. Die größtenteils
muß der Schluß verblüffen, der den historischen Sieg der
cht mit soviel Wärme be¬
vortreffliche Aufführung wird das Stück trotzdem wohl
Aufrührer über die Freundin des Königs darstellt. Eine
als vor etwa sieben Jahren,
eine Weile tragen.
Revolution, die ihren Zweck erreicht, rann wohl in Einzel¬
einer literarischen Vereins¬
Auf Max Dreyers Schauspiel „Die Sieb¬
heiten viele komische Züge enthalten, als Ganzes aber ist
hohe Hoffnungen viele seit
zehnjährigen“ war man sehr gespannt. Beim
sie niemals etwas Komisches. Unier Lachen schnebt in
rfasser gesetzt hatten, kann
Lesen des Titels dachte man etwa an eine Pensionsgeschichte
der Luft, wenn wir sehen, was diese Leute, deren Rebel¬
messen, die aus vielen Ur¬
und meinte, diese Siebzehnjährigen seien vielleicht eine An¬
lieren wir noch eben verlacht haben, schließlich erreichen.
herausklingt. Wer in
zahl von Backfischen. Niemand dachte an ein ernstes
Und hier erkennt man, wo das Hauptübel an dieser angeb¬
haftssatiriker großen Stils
lichen Komödie liegt: darin, daß der Erfolg der Revolution Dramn, wenn er den Titel hörte. In Wirklichkeit ist dieses
ich freilich schwer enttäuscht
gar nicht in Beziehung zu der Revolution selbst gesetzt ist, Schau piel richtiger als Tragödie zu bezeichnen. Zwei
g Ruederer aus dem dank¬
sondern plötzlich dasteht, weil es die geschic tliche Tatsäch= Halbnüchsige (ein Typ, für dessen Seelenleben Wissenschaft
-Episode herausgeholt hat.
wie Kunst im „Jahrhundert des Kindes“ gleicherweise
lichkeit so verlangt. Ruederer hätte ja den Stoff auch so
die Erhebung, oder, wenn
eren Ereignisses zum Sym= wenden können, daß er mit dem Lachen des Humoristen Interesse bekunden) stehen im Mittelpunkt: ein junger
bleibt er uns ganz schul- zeigte, wie wunderlichen Zufällen die Weltgeschichte ge=Mann, Kadett von Beruf, ein Schwärmer, überschwänglich