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10. Der Puppenspieler
Schniller-Abend.—
(Deutsche: Volkstheater.
Zum Beginn der seltener gespielte, im
Lauf der Jahre blaß und blässer gewordene
„Puppenspieler", in dem Herrn
Onno, der alles eher als ein Moderato¬
#l.
Darsteller, ohne zwingenden Grund zumal,
Oidie Bassermann=Rolle zugefallen ist; hierauf
„Der grüne Kakadu“ dessen Leucht¬
kraft sich in allen Teilen unversehrt erhalten
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hat, wieder mit Herrn Onno, dessen Henri
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sich sehr wohl neben dem des Herrn Moissi
sehen lassen kann. Das war eine Leistung
von reinstem Glanz. Ebenbürtig der Grain
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des Herrn Homma, der köstlich geblieben
ist wie an jenem Tag, da er ihn zum ersten¬
mal gespielt hat. Der Reaie ist es diesmal
DERNE
ontag
gelungen, so etwas wie echte Bewegung zu
entfesseln und ein eindrucksvolles Bild zu
gestalten, das von den Herren Schild¬
kraut, Ranzenhofer, Rowotny,
Kammauj, Dietz und den Damen Ge¬
bühr und Woiwode prächtig beleht
wurde. Und zum Beschluß die „Kom¬
tesse Mizz:, die man ein Meisterstück
nennen muß, so oft man sie hört, so oft man
Gelegenheit hat, sich des vor zwingendem
Witz, seiner Ironie, amüsaniester Weisheit
erfüllten Dialogs zu freuen. Zugegeben auch.
daß die kleine Komödie in velbindlicher
Darstellung erscheint. Herr Homma er¬
quickend natürlich; wie er nur den Dialekt
beherrscht. Sein bestes Verdienst, daß er die
Menschlichkeit stets über die Karikatur
triumph.eren läßt. Fräulein Woiwode
angenehm wienerisch und von erfrischender
Echtheit; Herr Iwald taktvoll und wirk¬
lich elegant, Herr Dietz ein reizendes
Bürscherl. Ein amüsanter Abend, wie ihn
diese Bühne schon lange nicht geboten hatz

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Theater und Kunst.
(Deutsches Volksthalfer.) In Schnitzlers „Puppen¬
spieler“ steht der bezeichnende Sc: „Wir Wielen alle; wer es
weiß, ist klug.“ Dieser Satz, aksgesprochen oder nicht, ließe sich
zuweilen (oder gar zumeist) auf alle Schnitzlerschen Menschen, auf
ihre Gedankengänge und Zusammenhänge, deuten. Sie spielen
alle, nur wissen es nicht alle, daß sie spielen. Oft wird dann
nur eine Komödie der Worte daraus. Es gibt nichts Reizvolleres,
als dieser geistigen Artistik zu folgen, die den Antrieb
aus dem Dichterischen empfängt. Drei Einakter, lange
nicht gespielt, sind jetzt zu einem Schnitzler=Abend vereinigt: Der
sinnvolle „Puppenspieler“, der mit so feiner Ironie der Frage
nachspürt, wer Heir seines Schicksals ist; der prachtvoll bunte
und vielgestaltige „Grüne Kakadu“, als geistreichster Auftakt des.
Revolutionsspiels, und die heitere Lebensstudie „Komtesse Mizzi“.
mit der behaglichsten und natürlichsten wienerischen Angefaultheit
der Figuren. Zweimal steht Herr Onno auf der Szene, als
Puppenspieler und als Komödiant Henry. Das erstemal ist er
besser, weil die Verhaltenheit des Pathetikers, der er sonst ist,
ihm hier zu sinngemäßen Wirkungen verhilft. Zweimal ist auch
Herr Homma vertreten; auch er ist das erstemal
besser. Dem Verbrechertypus Grain gibt er schon in der Maske
etwas Gespenstisches und im Spiel ist er meisterhaft. Dafür nähert
er sich als ungarischer Aristokrat ein bißchen dem Zsupan zu.
Zweimal auch Fräulein Woiwode; als Leocadie zu wenig
charakteristisch, dafür als Komtesse Mizzi von einer kultivierten
Feinheit in den schauspielerischen Mitteln, die sie ihre Umgebung
weit überragen ließ. Du lieber Gott, wie erquickend echt und er¬
heiternd wurde sonst dieses Stückchen hier gespielt; statt der
blitzenden Lichter zuckten diesmal bloß Flämmchen. Ein paar gute
darstellerische Augenblicke ließen sich vorher in den zwei Stücken
bei Herrn Schildkraut und Herrn Nowotny feststellen.
Die meisten aber dürsen nur den Segen des Kollektivvertrages
preisen. Er sichert ihnen, leider, das Vezbleiben in ihrem
ernen
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