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9. Literatur
d.###schnlttraus
sbote aun Mühron und Sehlenten
·6 S 1019
vom:
Brünn.
Abendblatt
Slezak=Konzert und Schnitzler=Abend. Bekanntlich
wird ausgleichen Abende, ä orm unzer berühmter Lands¬
mann Léo Slezak hier im Deutschen Hause ein Konzer
geben wird, im Stadttheater der fünszigste Geburtstag
Artur Schnihzlers festlich begangen. Alle Slezak= und
Musikverehrer, die gleichzeitig Theater= und Literatur¬
freunde sind, sehen sich dadurch vor eine unangenehme
Entscheidung gestellt. Leo Slezak, der zu dem Konzert¬
abende — dem einzigen, den er heuer in Österreich geben
wird — von Amerika herüberkommt, wird, dafür bürgt das
glanzvolle Programm, das er zusammengestellt hat, seinen
Zuhörern einen unvergleichlichen Genuß bieten, aber auch
im Stadttheater steht ein hervorragend interessanter Abend
bevor, denn außer den Neueinstudierungen von „Der grüne
Kakadu“ und „Literatur“ wird als Premiere „Der Pup¬
penspieler“ aufgeführt. Für alle jene Theaterbesucher, die
Premieren unter keinen Umständen verabsäumen, wird'
vohl die Entscheidung dahin ausfallen, daß sie auf Slezak
verzichten, alle übrigen aber, so hofft das Komitee, werden
sich die Schnitzlerschen Stücke in Wiederholungen ansehen
and dadurch die Möglichkeit gewinnen, Slezaks köstlicher
Kunst zu lauschen. Der Sänger, der bereits sein Engage¬
nent mit der „Metropolitan Opera“ in New York ab¬
zeschlossen hat, wird vermutlich Brünner Boden für sehr
lange Zeit nicht mehr betreten.
Ausschnltt aus:
rünade Marganppat
15 S 1910
vom:
Theater. Kunst und Literatur.
Brünn, 15. Mai.
(Brünner Stadttheater.) Artug Schnitzler
ist beim Fünfziger angelangt. Er hat sich senGe¬
meinde erworben, die auf ihn schwört, und viele
sehen in ihm den Wiener Dichter par excellence,
der in seinen Stücken wie kein zweiter die Vorzüge
und Schwächen des Wienertums zu reflektieren
versteht. Wir begrüßten in Schnitzler stets einen
anregenden Causeur, der den Dialog in selten
geschickter Weis. beherrscht und tatsächlich ein Vir¬
tuose des Wortes genannt zu werden verdient.
Schnitzlers künstlerische Bedeutung liegt
in der
Sprache, nicht in der Handlung. Seine Eigenart
sgravitiert nach der Novelle hin, das eigentlich
Dramatische ist in seinem Wesen gebunden. Schnitz¬
ler. kennt jedoch die Bühne, er ist mit den Hilfs¬
misteln derselben vollständig vertraut und so setzt
ek lechnisch geschickt und mit Geschmack das The¬
attalische oft für das echt Dramatische und der er¬
zielte Erfolg täuscht den Zuschauer. Aber Schnitz¬
#r ist ein Dichter und die Mängel verschwinden
neben den zahlreichen Vorzügen, die seine Kompo¬
sitionen aufweisen. Am glücklichsten faßt er sein
Thema im Einakter; es scheint, als ob die Be¬
schränkung zur vollen Entfaltung seines Talentes
nötig sei. Es war daher ein guter Gedanke, zur
Feier drei Einakter zu wählen: „Literatur“
und „Der grüne Kakadu“ sind auf unserer
Bühne früher recht oft gegeben worden, neu war
für Brünn die Studie „Der Puppenspie¬
ler“, ein Stück, das im Aufbau, in der Szenen¬
führung und im Dialog das Wesen des Dichters
nicht verleugnet. Die Aufführung war gerundet,
namentlich das Lustspiel „Literatur“ wurde sehr
glatt gespielt. Mit besonderer Anerkennung seien
die Herren Rehberger (Klemmens), Strau߬
(Gilbert und Scaevola), Lehnhart (Merklin
und Grain), Recke (Yagisch), Teller (Prospere)
und Mamelok (Henri) sowie die Damen Dürrk
(Margarete und Séverine), Ries (Anna) und
Wiesner (Georgette) genannt.