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6. Diesfac11
Hannoverscher Courier
1al 1926
schönste geleistet. Einige Male gab es eine Abirrung: der s wir Mendelss
Zwei Schauspielabende.
Seufzer Rudolphs am Ende der „Gefährtin“ war uns nicht ganz
Johannes Sc
recht; im Baechusfest streifte man ein paarmal die Posse
wenigstens, se
Schauburg: Schnipler=Einakter; Opernhaus:
(Rudolphs „Reisen Sie?“ Endleins Zeichnung des Guido Wer¬
Sommernachtstraum.
nig); die Spielerin der Vilma Flamm reichte nicht zu. Das¬
Eine glückliche Wahl, jetzt, im aufsteigenden Sommer, diese
sind Einzelheiten, die eben nur auffielen, weil das Ganze so
drei Einakter von Arthur Schnitzler zu spielen die „Gefährtin“,
sehr gelang.
das „Barchusfest“ und die „Große Szene“ Stubai, Salzburg,
Vergessen wir nicht, Hans Ebert als Falk, Endlein als,
Regen am Bahnhof, Wiener Laute, Einladung aufs Jagdgut
Hausmann und Edgar Gley, Elof Seitz als Kellner, Reimes
nach Klein=Reiflingen — der Theaterdirektor weiß, daß jetzt die
als Schaffner zu rühmen, und nochmal allen, die bis hierhik
Reifeführer aus dem Schrank geholt sind und die Lungen schon
lasen, zu empfehlen: geht hin.
aus der Ferne die Seen, Berge und die freie Luft spüren. Und
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daß das nord eutsche Wintergrübeln um die steilen Prinzipien
aufhören will und die sommerliche, leise, reife, milde, lösende
Am Sonntag folgte im großen Haus der „Sommer¬
Liebesweisheit Schnitzlers bereite Gemüter findet.
nachtstraum“. Viel Gutes auch hier, von Adolpy Rampel¬
Der Juri, die Liebe der Sinne, die Schwärmerei, das Aben¬
mann aus der Taufe gehoben. Etwas problematisch, ders
teuer spielen über gesetzte Grenzen hinaus — die Züge fahren,
„Sommernachtstraum“ Shakespeares. Man lacht schon einmal
die Sonne om See leuchtet, die Landweiten locken. Die Liebe
bei den Rüpeln, aber der Witz dieses Theaterspielens der
der Sinne ist ein Flüchtiges, nicht zu halten, vergehend — am
biederen Handwerksmeister ist uns nicht mehr ganz zugänglich;
Bahnhof zu Salzborg schüttet melancholisch der Sommerragen.
zu des Dichters Zeiten gab es dergleichen; die Gründlinge waren
Das, was hleibt, dos, was man wiederfindet, wozu man zurück¬
nach dem Leben konterfeit und der Adel hielt sich den Bauch
kehrt, ist die Eewohnheit, die Kameradschaft, geistiges Einander¬
vor Lachen.
brauchen; das ist nicht alles, das ist viel und ist wenig, aber es
Und dann die Elfen. Kinderlein auf der Bühne — das
ist. — Sonne und Wolken, Wechselwetter, unser Sommer, unser
weibliche Parkett flüstert „Ach wie süß“ — uns bleibt ein Rest;
gutes Leben.
Kinder, Kätzchen, Pferde, sie werden dressiert, mitzuspielen und
Man lann der Retfröcke und Griechenbeine, der Hellebarden¬
an allen Ecken lugt doch ihre Wirklichkeit heraus. Manche Elsen¬
stücke und könenden Helden, der politischen Fanfaren, der knat¬
szene war gewiß hübsch für die Augen: aber das Waldleben
ternden Cxpressionismen müde werden. Allo spielt uns Schnitz¬
mußte Gestalt werden, nicht die Töchterschule Bildlein stellen.
ler an den Sommerabenden und solcherlei! Theaterei fällt dahin.
Eine große Freude hatte man: das Buhnenbild mit den
Und ihr lebt uns und euch und unser und euer Leben Das
hängenden Zweigen, in dem der Raum atmete und Pucks und
wollen wir sehen. Das lockt. Die Sitzreihen werden voll sein.
der Liebenden Suchrufe hallten. Schade, daß dann das letzte
Heute wenigstens, wo wir aus dem Sommer, von den Wiesen
Bild keine Steigerung gab; seine Farben, als der Vorhang auf¬
und den Reiseplänen herlommen.
ging. stießen mürrisch und streitend widereinander.
Und dann, spielt wie am Sonnabend. Wo es zunächst Fridel
Man srürte: Rampelmann weiß genau, was sein Ziel sein
Mumme gab, schön wie Mai, innerlich, wie ein Aufblühen,
muß, leichte musikalische Heiterkeit, svielende Träumerei, Wald¬
nach manchem, wos uns nicht ganz freute; als Olga von einer
schatten und helles Fest. Die linden Lüfte machten sich auf; aber
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ganz feinen in der Stille spürbaren seelischen Schwingung, als
sie zerflatterten, sie trugen uns nicht. Das allein störte schon,
Aanes von einer köstlichen Frische, als Sophie eine lautere,
daß die Spieler der Akustik des großen Hauses allzuoft vergaßen;
leidende, warimnfühlende Frau mit einem schönen verborgenen
man verstand sie nicht.
Lächeln. Dann gab es Hugo Rudolph in drei präch¬
Vieles Einzelne war höchst erbaulich: Teschendorfs
tigen Verwandlungen; Robert Pilgram, den Professor. gebän¬
Squenz. Gaedes Zettel, Renfer, Grüters, Marianne
digte Männlichkeit, in Blick und Bewegung lautlos den Schmerz,
Stoldt, Hansie Nassé, auch der Puck Hans Herrmanns
den der Wille drunten hält; Felix Stauffner, den Dichter,
vom Deutschen Theater in Berlin, der nicht eben ein Naturgeist
elastische, ausströmende Energie, die das Leben meistert und
war, der aber so ein Kinderipielmännchen, das quietscht, wenn
man drav'drückt, anicklebendig machte.
Henmnis zur Seite stößt; Konrad Herbot, den Schauspieler, eine
Herr Robert Thoeren von den Städtischen Bühnen Frank¬
blühend agierende Lebendigkeit, sich selbst zuklatschend, irgendwo
ein lieber Junge und um ein erträglich Teil besser als seine
furt a. M soll die scheidenden Herren Grüters und Reichert
eigene Leichtfertiakeit.
ersetzen. Er spielte den Oberon, aus welcher Rolle natürlich
Nor Herrn Machold, dem Spielleiter, haben wir großen
nichts Rechtes über seine Oualitäten ersehen werden kann. Eine
Respekt bekemmen. Es ist doch keine leichte Arbeit. die Luft
gute Sprachbehendlung fiel auf; ein kräftiges Organ klang
irdischer als es für den Oberon rassen will.
eines solchen Einakiers heraufzuzaubern; Bühnenbild und
Temvo, Neben= und Hauptspieler, bei allem muß die Mühe bis
Wiederholen wir, daß die Anführung viel lustig Hübsches
in die kleinen, feinen Nuancen hineingehen. Das war aufs 1 hatte, nicht aber im ganzen vollends mit sich riß. Und preisen !