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2. Benerkungen
ORCHESTER DES LEBENS.
Verklungen sind die holden Freudenlieder,
Die vollen Jubeltöne sind verstummt;
Eintönig hör ich nur, wie immer wieder
Der trübe Baß des Lebens summt und brummt.
Der sanften Flöte heitres Tirilieren,
Die immer nur von Glück und Liebe sang,
Der lustigen Geigen Finden und Verlieren,
Des hellen Jugendmuts Trompetenklang,
Dahin, verhallt! Das ganze Spiel will enden,
Da jeder Spieler seines Parts vergißt.
Nur einer noch mit nimmermüden Händen
Führt seinen Bogen: Trübsinn, der Bassist.
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THERESE.
Die kühlen Morgenwinde wehen sacht,
Ich komm nach Hause von durchschwelgter Nacht.
Da find ich Pult und finde Bücherei,
Wie abends, da ich emsig saß dabei.
Noch glüht die Stirne mir vom Weingenuß,
Noch mir die Lippen von Theresens Kuß.
Noch fliegen meine Sinne weg von hier —
Wie war es üppig, war es süß bei dir!
Damastner Vorhang rollte schwer herab —
Wir Zwei, wie Kinder, tanzten auf und ab.
Wie schön das Bild in deinem Zimmer war,
Venus, die Schaumgeborne, stellt es dar.
Ob meinem Bette voll Melancholie
Hängt Rembrandts düstres Bild „Anatomie“.
Die Polster sind so kalt, mich fröstelt schier —
Wie hold und warm, Therese, war’s bei dir!
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