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box 35/3
Buch der Sprneche und Bedenken
ZurKorrektur
gegen chesten Rückschluß an die
REDAKTION DER MENORAH
Wien, I., Zelinkagasse 13
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Almnungen und Fragen
(Aus dem dem nächsterscheinenden Buchd der Sprüche und Getäukal)
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Was wir den Menschen als ihr metaphvsisches Bedürfnis gutzu¬
J)
schreiben pflegen, ist selten etwas anderes als die Neigung, mit ihren
Gedanken in unkontrollierbarem Gebiet umherzuschweifen, keine
letzte Verantwortung tragen zu müssen) und sich bei all dem noch
groliartig vorzukommen.
Der Weg vom religiösen Gefühl zum Dogma ist unendlichemal
weiter als der vom Dogmi zum religiösen Wahnsinn.
Ob einer glaubt, das weilt er im allgemeinen selber nicht. Dar¬
über, daß er zweifelt, ist sich jeder ohneweiters klar; er weilt nur
nicht immer woran.
Daß wir einen Gott ahnen, ist nur ein unzulänglicher Beweis
für sein Dasein. Ein stärkerer ist, daß wir fähig sind, an ihn zu
zweifeln.
Diejenigen Tugenden werden am lautesten gepriesen, zu deren
Ausübung weder Gedankenarbeit, noch Energieentfaltung, noch Selbst¬
überwindung gehört, vor allem also diese beiden: Patriotismus und
Gottesfurcht. Sollte die Vermutung nicht gerechtfertigt sein, dali sie
an sich überhaupt gar keine Tugenden bedeuten, sondern nur von
denjenigen Instanzen dazu gestempelt wurden, die von dieser Auf¬
fassung den augenfälligsten Vorteil haben, vom Staat und von der
Kirche?
Es stünde besser in der Welt, wenn nicht jeder Fromme sich
an Seelenadel über den Zweifler, nicht jeder Zweiller an Klug¬
heit über den Frommen sich erhaben fühlte. Auch der Zweifler kann
ein Dummkopf, auch der Fromme ein Schuft sein, und beide — beides.
Wer Gott glaubt, mag zu ihm beten, wer ihn weilt, dessen An¬
dacht heiltt Arbeit.
Symbole, Plurale, Abstrakte, das sind ebenso viele Fluchtver¬
suche aus der erschütternden jund verwirrenden Realitüt der Dinge
in die Spekulation, in die Metaphysik oder zu Gott.