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box 3573
Buch der Sprueche und Bedenken
Eatrait du Journal:
Adresse:
Dale: Kulures“

ENN NEUER
SCHNITZLER-BAND.
Arthur Schultzler, ger in eeinan Schau¬
spielen und Novellen eine Meuge apherlatisch zuge¬
spitzter Nachdenklichkeiten verstreut mt, legt eine
Sammlung: „Buch der Apguch
nd Be¬
denken“ (Wien, Phaidon-Nerläg. 234 Seiten) vor.
Im Vorwort rechtfertigt er eis und sich mit großer
Bescheidenheit, er glaubt selber nicht an letzte
Formulierungen, er gibt zu, auch Solbstverständlich¬
keiten mit hineingenommen zu haben, es kam ihm
darauf an, den Meinungen entgegenzutreten, als geien
die Aussprüche seiner Theaterfiguren seine eigenen.
Schnitzler ist Skeptiker und, wien sallte es anders
seip, Pessimist, er hat lange- und tief ins Leben hin¬
eldgecehen, das Ergebnis seiner Weltanschauung,
péin, „Weltbetrachtung“ kristallislort sich in dem
Motto „Von Fall zu Fall“. Da er von den meisten
MKritikern die Ansicht hat, sie wünschten den
Auteren etwas zu sagen, statt zu berichten, was die
Autoren ihnen eagen, so wollen wir nicht in diesen

dann ist sie die törichteste aller Verschwendungen.“an
Fehler verfallen, eondern andeuten, was Schnitzler
Oder: „Es bedeutet zuweilen einen echlimmeren! te.
rig
uns zu eagen hat. Etwa: Jede erwiesene Wohltat
Betrug an der Geliebten, sie selbst als eine andere
6l
ist Abtragung einer Schuld. Und: Die vielgerühmte
in den Armen- zu halten.“ Oder: „Nicht früher
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Treue gegen sich eelbst ist Bequemlichkeit und
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darfst du dich von einer Frau geliebt glauben,
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Egoismus. Und: Die Versöhnung nach einem Liebes¬
ebe du nicht sicher bist, ihre ganzo erotische Sehn¬
zunk ist Waffenstillstand. Und: Das Genie hat nur
sucht auf fich allein voreinigt und alle anderen Un¬
be
zeitweise Vollkraft, aber der Schuft ist immer im
möglichkeiten ihres Wesens, auch die ungoahntesten,
ganzen Besitz ##ner Niedertra ht Und: Wie es
zur Wirklichkeit erlöst zu haben.“ Und: „Manches
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überspiolte Stücke gibt, so au h überspielte Men¬
bi
gestehen, das bedeutet meist einen hinterhältigeren
schenkenner. Und: Das Martyrium, das ein Glau¬
t
Betrug als alles zu verschweigen.“ Zuweilen
si
bender besteht, beweist nur die Intensität, nicht die
lächert’s einen, wie der Dichter Bosheiten abschnellt:
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Richtigkeit seiner Arschauungen. Schnitzler bält
„Liebe deinen Fernsten, wie du deinen Nächsten
wi
zu der Unveränderlichkeit der menschlichen Substanz
nicht leiden magst, dann wird vielleicht einmal
IV
und best# die Möglichkeit einer seelischeg Um¬
Friede in der Welt werden.“ Er ist auch dahinter¬
wälzung Massen. Er glaubt, daß die Masse
gekommen, es sei ein Glück, daß wir höchstens noch
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einen E### en schwärmerisch lieben könne, nie¬
über unsere Großeltern Bescheid wissen, reichte un¬
K
mals al Gruppen sich gegenseitig, er glaubt
sere Kenntnis noch weiter zurück, so wäre der Ent¬
d
sogar, daß salbst der Beste den Nebenmenschen zur
sebuldigungen über erbliche Belastung kein Ende.
u
Erfüllung des eigenen Schicksals ausnutzt, ausnutzen
Und er findet, es sei auch heute noch bedanklicher,
muß. Unsere Aufgabe sieht er in der Entbehrlich¬
einen Heiligen zu lästern als Menschen, die das
machung der Politik, für die er böse Worte hat,
Göltliche auf anderem als auf rein religiösem Ge¬
und im Unentbehrlichmachen von Kunst und Wis¬
biet manifestiert haben: Beethoven, Goethe, Michel¬
senschaft. Partei ist ihm immer Bowußtseinstrü¬
angelo. In einzelnen Abschnitton ist der Tiefgang
bung. Er stellt verblüffende Fragen: Wenn ohne
der Bemerkungen Schnitzlers beträchtlich, so in der
Gottos Willen kein Sperling vom Dache fällt, warum
Abteilung „Schicksal und Wille“, in der ihm z. B.
prügelt ihr den Jungen, der ihn herunterschießt? Der
die über das Schlachtfeld hinsausende Kugel und ihre
Verlasser hates, wie bei Schnitzler selbstverständlich,
Treffmöglichkeiten Anlaß zu einer gedank#u¬
in dieser Sammlung oft mit der Liebe zu tun, er
vollen Betrachtung geben. Man wird mit¬
entbüllt rücksichtslos und kommt zu feinen Sätzen.
unter Widerspruch erheben, aber man wird imcher
Etwa: „Du wirst deine Geliebie erst dann richtig
gefecselt sein, denn Schnitzler zieht die Aufgerk¬
heurteilen können, wenn du dich als denjenigen au
samkeit mit Zangen an seine Sätze. Jegenfalls
Ak.
denken vermagst, der dein Nachfolger sein wird“.
Oder: „Wenn Treue nicht ein Gegengeschenk ist, stecken in dem Buch zehn andere.