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Buch der Sprueche und Bedenken
BK
. Gerttirteeman
Aesstärtsten
VII.,
a
fangen. Wie dem immer wäre: mit Schnitzlers Weltan=an ihr geübt wird. Der
schauung läßt sich, zumal in so bewegten Zeiten, wie den ungefähr so: er spricht den
Also spricht Arthur Schnitzler...
unseren, wenig anfangen. Das Häuflein Gewißheiten, das ihm wenn sie wirklich Persönli
hinzureichen scheint, das Rätsel des Daseins und das Ge= selbst etwas schaffen würden
In einem kleinen Büchlein, das der Phaidon=Verlag
heimnis der Weltgeschichte zu begreifen, kann für den Men¬ Die Sache mit der Persön
herausgegeben hat, setzt sich Artur Schnitzler mit ersten und
In der Regel hält man
schen selbst nichts tun. Der Mensch braucht mehr, als Schnitzler
letzte Dingen auseinander, aber auch mit allerhand von dem,
Leute, die man für Persö
zu geben hat, und es ist eigentlich erstaunlich, daß er selbst mit
was dazwischen liegt und unsere Zeit ausfüllt. Schnitzler ist
für Persönlichkeiten halten
Arzt und Dichter, oft mehr Mediziner als Poet, manchmal diesem Wenigen auskommt und nicht nur sein Leben, sondern
und zum Selbstkostenpreis
auch sein Dichten damit zu bestreiten vermag.
beides zugleich, manchmal auch mehr Wort= als Heilkünstler.
bedarf. Schnitzler ruft: De
Eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Problem des
Man lernt auf diese Weise einen Ausschnitt aus seiner Welt¬
was hast du mir zu sage
anschauung kennen, die freilich zum größten Teil von Be= Lebens und den großen Fragen der Menschheit scheint Schnitzler
der Kritiker: Paß auf, n
übrigens in seinem Büchlein auch gar nicht gewollt zu haben.
trachtungen der reinen Anschauungswelt herrührt. Der Dichter
Nun, das kann ich dem #
Er verfolgt offenbar einen anderen Zweck damit, denn in
Schnitzler steht als Philosoph noch immer ungefähr auf der
gut erklären. Es kommt
Höhe eines Naturwissenschaftlers der Neunzigerjahre. Er ver= einem verhältnismäßig großen Abschnitt seines Spruchbuches
Werk dem Kritiker gar
bindet er mit den Kritikern an und entwickelt darin ganz un¬
läßt sich, was bei einem Dichter eigentlich wundernimmt, zu¬
gewohntes Temperament. Die Krititer haben ihm Schmerz dann natürlich in einer g
meist auf den Verstand, ist fest überzeugt, daß es darüber
zugefügt. Er verdankt ihnen zwar einen sehr großen Teil nett sein und dem Dichter
hinaus nichts gibt und überall, wo er solchen Tendenzen
der Erfolge, die seinen Schriften beschieden gewesen sind, aber sich, Poet! Und um ihm d
begegnet, ruft er (an nahezu zehn Stellen in seinem Buche)
auf sein Werk ein und b
es muß unter dem brausenden Chor von Jubelstimmen doch
immer wieder nach „Kontrolle“. Die Welt hat inzwischen
was sich natürlich nicht
auch etliche gegeben haben, die nicht ganz nach Wunsch schrieben,
eine ganze Reihe von anderen Wendungen genommen, aber
und die hat er nun bei der Falte, sagt ihnen eine Fülle schwer mit dem sogenannt
was sich in Schnitzlers Sprüchen spiegelt, ist doch hauptsächlich
saftiger Sottisen ins Gesicht und spricht dem ganzen Ge= ihnen, sie tun oft uns wel
nur die Welt von gestern. Da er in seinen Geist nichts „ohne
Prüfung“ aufnimmt, hat er gerade jene ungeprüften Tat=werbe seine Verachtung aus. Um einiger „Ungerechter“ willen daß es wiederum nichts n
bestände verschlafen, die sich bei einem großen Teil der Mensch= ersäuft er die ganze Brut, die er für „talentlos“ und „bös= Schnitzler verlangt „Inter
heit angemeldet haben. Nichtsdestoweniger geht Schnitzler nicht artig“ hält. Da er nun dieser Abrechnung offenbar nicht nicht interessiert? Dann se
so weit wie Freud; er lehnt Gott nicht durchaus ab, sondern gleich ein ganzes Buch zu widmen wünschte, entschied er und schreibt und verflucht
tadelt nur nicht, wenn jemand das Bedürfnis fühlt, sich, sich für die harmlosere Packung und kredenzt sein Büchlein aber doch schließlich und er
wie er das nennt, „an Gott heranzudenken“. „Im Anfang ungefähr wie eine Schachtel Bonbons, deren untere Schichte keiten dieser Art schmerzlo
aller Dinge,“ gesteht er zu, „muß doch irgend etwas (ein aus lauter giftigen Zuckerln besteht. Der Lärm seiner Jolemik gottlob weder um den Sch
sondern das ein Buch ein
Wille) vorhanden gewesen sein“ und Schnitzler hat dagegen, gegen die Kritiker ist schon von weitem zu hören. Schnitzler
ihm gefällt oder nicht ge
daß irgend ein Wort für diesen Ansang gesucht wird, nicht viel gibt sein sonstiges sinnendes, verträumtes Wesen in dieser
stücken und mit allem, wa
einzuwenden. Den Begriff des Seelischen bezieht er allerdings Partie seines Buches fast vollkommen auf. Sein Stil wird
selbst sieht diesen Trost
noch von Ernst Mach; er läßt nur „einzelne, gewissermaßen unruhig, sein Puls schlägt höher und seine Augen rollen.
dauert, Dichter, hast du
flotierende Elemente“ zu, bestreitet aber, daß sich diese Elemente Er hat es swer eilig und erweckt durchaus den Einbruck
„um ein Zentrum gruppieren“, was natürlich seltsam an= eines Menschen, der alle diese Dinge sagen mußte, weil er
Nun: danert dem
mutet, da sie ja in Wahrheit gerade aus diesem Zentrum, sonst zersprungen wäre. Das ist nämlich das sichere Kenn¬
nämlich vom Ich aus, die Möglichkeit zum „Flotieren“ emp= zeichen einer „Persönlichkeit“: daß sie zerspringtt, wenn Kritik

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