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B
3. Buch der Sprueche und uudenken
Vorschlage un 2.. Pattelr
Es gehört währhaftig eine große Kuhnheit d.
schließungsfreiheit bewahren; die Prinzipien, die sich im
so klaren Reden von einer im verflossenen September!
Vorschlage des Rates finden, sind in keiner Weise
einstimmig zugunsten Rumäniens getroffenen Ratsent¬
S
als endgültig zu betrachten. Die Parteien

gesotten werden. Wenn man auch
Diese Aphorismen zeigen am besten und klarsten, welche
eines wahren Poeten ungerechten 1
Idee wie ein leuchtend gewordenes Herz; das Machwerk,
Fülle von philosophischen und poetischen Ideen das neue
kern gegenüber begreifen kann, es
und wäre es vom höchsten technischen Range, trägt die Idee
Buch Schnitzlers birgt. Aphorismen sind wie Römerdramen
bracht sein, vom Dichter auch ein
vor sich her, wie ein flackerndes Lämpchen, und es ist meist
und Liebesgedichte heutzutage nicht mehr modern, aber
Kritiker gegenüber zu verlangen. S
erloschen, lang vor erreichtem Ziel.
die Edelsteine, die uns Schnitzler fein und scharf geschlif¬
Kritiker Menschen. Sie haben ihre
fen in einer Fassung vorlegt, wie sie nur einem Meister
Vorzüge und Schwächen, Stimm
der Goldschmiedkunst der Sprache gelingen, sind nicht an
mungen. Man verlangt von ihnen
Stehen keinerlei Momente der Politik, des
Stunde und Tag, nicht an Launen und Moden der Lite¬
an und für sich ein vages, vield
Opportunismus, der Sympathien und Antipathien in
ratur gebunden, ebensowenig wie die Aphorismen der
sollte doch bedenken, daß in diesem
Frage, kommt es also auf augenblickliche Wirkungen an, so
um nur ein paar Namen zu nennen — Epiktet,
aus der Subjektivität hervorgeht
ist auch der Feuilletonist, je nach Befähigung, imstande,
Larochefoucauld, Lichtenberg, Nietzsche. Alles was die
Urteile (und nicht nur diese) zu
die objektive Wahrheit auszudrücken; doch tritt ein solcher
Menschheit und die Quintessenz der Menschheit, den
beruhen. Die Phantasie des P#
Fall beim Feuilletonisten naturgemäß nur selten ein. Er
Dichter, bewegt und erregt, was er sinnt und fühlt, ist hier
aber unter Brennesseln soll er keine
ist so vielfach verknüpft mit Menschen und Dingen, ist in
in knappen Sätzen niedergelegt, von denen mancher eine
auf Kakteen keine Rosen. Ueber
ein solches Netz von Beziehungen verstrickt, daß er kaum
Studie, ja ein Buch auswiegt. Daß in den „Sprüchen
bedenken, daß ihm der Kritiker ke
jemals in die Lage kommen wird, einen Satz ins Blaue,
und Bedenken“, wie die Zitate zeigen, auch die Feuilleto¬
den zufügen kann, wenn der Dicht
vielmehr ins Sachliche hinein zu schreiben... Der
nisten und unter ihnen die Literaturkritiker ganz beson¬
Und Schnitzler ist es. Als Dramat
Feuilletonist schreibt naturgemäß leicht. Denn nur Sach¬
ders aufs Korn genommen werden, darf man dem Dichter
auch als Denker und Former tief
lichkeit retardiert, nur Sachlichkeit erwartet Einwände,
nicht übelnehmen, wenngleich er dann und wann über das
hoch über den zeitgenössischen
sucht sie selbst, zwingt sie aus der eigenen Seele hervor.
Ziel schießt. Was die Feuilletonisten betrifft, gibt es
deutschen Dichtern überhaupt, w#
Das persönliche Moment aber ist stets beschleunigenden
wie unter den Schriftstellern und
unter ihnen
ge¬
so
Charakters, und der Feuilletonist schreibt um
Dichtern — gute und schlechte. Sie sind — der Name letzten Jahren lärmende Huldigun
schwinder, als er immer bewußt oder unbewußt sich auf
deutet es schon an — die Blätter am Baum des Schrift= Nichts berechtigt ihn jedoch, dem
hauers nachzuhängen, der einst
der Flucht vor seinem eigenen Gewissen befindet.
tums. Sie können sich nicht anmaßen, Aeste, Zweige oder
sich selbst ist, was ihn in die Ei
gar Früchte zu sein, doch auch die kleinen und die klein¬
was keiner ihm geben oder nehmer
sten Blättchen haben ihren Reiz, die verkrüppelten und
ihn wesentlicher als alles, was er
Dem Kritiker ist es leicht gemacht, eine Abnei¬
kranken jedoch verdorren und fallen von selbst ab. Viel¬
er in den Augen anderer sein mag.
gung, die er etwa gegen einen Autor, dessen Persönlich¬
leicht könnte man sogar sagen, der gute Feuilletonist sei
wahrlich keine Ursache, gekränkt
keit, dessen Werk empfindet, in einer völlig gefahrlosen
ein auf seinem Wege steckengebliebener Poet, dessen
Er gehört, um mit Novalis zu r
Weise zum Ausdruck zu bringen, so daß es schon einer
Talent nicht zur Entwicklung gelangen konnte, — und
die uns Welt und Leben klarer un
ganz besonderen Charakterstärke und Selbstüberwindung
deshalb sollte man einen Unterschied machen zwischen
die mit den scharfen Geistern des
bedarf, um dieser Verführung nicht zu unterliegen.
Feuilletonisten und Feuilletonisten. II y a fagots et
Natur durchdringen und sondern
fagots. Das gleiche kann man wohl auch den Kritikern
einen zartgefärbten Schleier breit
nachsagen. Es gibt wertvolle Schriftsteller unter ihnen —
Spruch des Poeten sei dieses vie
Es gibt kaum Einwendungen gegen ein Kunstwerk,
eben jetzt erwarten wir in Budapest einen berühmten deut¬
teue Feuilleton geschlossen, dessen
die von einem höheren Standpunkt aus sich nicht recht¬
schen Kritiker, über dessen Wirken wir vor kurzem an dieser
Studie, sondern bloß eine ehrerb
fertigen ließen. Doch wenn man die Leute betrachtet, die
Stelle ausführlich schrieben—,freilich auchmanche, vielleicht
neuen Aphorismenbuches darbiete
sich auf einen solchen höheren Standpunkt zu stellen
sogar viele, denen eine glitzernde Phrase wichtiger ist als
Spruch: „Mag doch mein Name
wagen, möchte man oft kopfschüttelnd fragen: Woher
ein ernstes Werturteil, und die mit Freude einen Dichter
wenn sie nur meine Lieder singen
nehmt ihr nur die Courage, so hoch hinaufzuklettern?
umbringen, wenn sie eine witzige Grabschrift für ihn
lers Lieder wird man singen, abe
Was habt ihr oben eigentlich zu suchen? Fürchtet ihr
nicht, daß euch der leifeste Wind hinunterwehen könnte? bereit haben. Indes dürfen gerechterweise alle Feuilleto¬
nisten und Kritiker nicht in einen-Topf geworfen und nicht verklingen.
ST