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3. Daennerseelen
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Romane und Novellen
Dämmerseelen. Novellen. Von Arthur Schnitzler.
Berlin, S. Fischer. 132 S. M. 2,—
Die ängstliche Dodo. Novellen. Von Naoul
Auernheimer. Berlin, Egon Fleischel & Co.
192 S. M. 2.—,
Zwei wiener Autoren, die ihre Vorzüge und
vielleicht auch ihre Fehler der Donaustadt danken.
Zwei reiche Erzähler, die in diesen Büchern eine
Welt zu trennen scheint, und die doch vom selben
Typus ausgehen. Zwei Skeptiker, die den alten
Traum und den alten Irrtum belächeln und sich
doch in ihrem Besten nicht ganz freimachen können
von einer leichten Sentimentalität. Der gereifte
Arthur Schnitzler hat den keck genießenden Anatol,
seine Sch##und ein wenig das Spiegelbild
seiner Jugend, in einem geschmackvoll gezügelten
Hang zur Mystik überwunden; der junge, sprühende
Naoul Auernheimer hat denselben Anatol um
eine spitze, spöttische Note bereichert. Schnitzler sucht
seine seltsamen Menschen (in diesem Bändchen)
tastend an den Toren der Geheimnisse, die wir
nie erschließen: Auernheimer findet seine nicht un¬
gewöhnlichen Modelle mitten auf dem Jahrmarkt
verliebter Eitelkeiten. Schnitzler rührt mit leisen
Händen an traufzendentale Fragen, spürt dem
dämonischen Zusammenhang nach zwischen seinen Ge¬
stalten und den Erlebnissen ihrer dämmernden Seelen.
Auernheimer zeigt uns seine robusteren, kantigeren
Leutchen in die Narrheit des Alltags verstrickt,
gehemmt, geschoben von Liebe, Protektion, fremder
Perfidie und eigener Dummheit. Schntkers nach¬
haltige Wirkung (in diesem Bändchen) beruht in der
sachte gleitenden, behutsam verschleiernden Art des
Erzählens, die scheinbar das Alltägliche gibt und
doch das Wunder anbietet, die scheinbar nüchterne
Wahrhaftigkeit anstrebt und doch die Möglichkeit
eines geistreich spielenden Fatums nahelegt. Yuern¬
heimers kecke Kunst (in allem, was der Talentvolle
bis jetzt veröffentlicht) wurzelt in der satirischen Welt¬
auffassung: daß wir, unter gewissem Gesichtswinkel
betrachtet, alle Narren sind und Philister, deren
widerspenstiges Zöpfchen dem Auge, das sich aus¬
kennt, von keiner pfiffigen Mode zu verbergen ist.
Schnitzler schildert Amouren, aus denen Auernheimer
übermütige Satiren gemacht hätte, und gibt dem
Schicksal des kultivierten Freiherrn von Leisenbogh
oder der Ehe des biedern, ein bißchen spießigen An¬
dreas Thomeyer den tragischen, diskret ins Mystische
gelenkten Schluß. Auernheimer ergötzt uns mit Liebe¬
leien und gewinnt dem Ende jedes Abenteuers eine
neue, hübsche, pilante Note ab. Schnitzler lächelt den
Gestalten seiner Fabulierkunst wehmütig nach: wer
will sagen wessen Opfer sie geworden? Auern¬
heimer kichert hinter seinen Doras und Dodos her:
Narren, die ihr seid, euch zu ängstigen um die Nache
eines Feiglings, euch zu mühen, um die Treue
einer Leichtsinnigen! Schnitzler schrieb diese feinen
Novellen mit dem Herzen; und jene dunklen, weichen
Untertüne wustischer Vurif #ie schon „ Mara