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Panphlets offorints
Arthur Schnitzler.
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zusammen — es ist ja gleichgültig, aber daß gerade sie .. Nun geht
es schnell. Seinem Freund Leo, der ihm nüchtern auseinandersetzt, daß
er Fanny doch nie heiraten werde, und ihn beschwört, sie nicht noch
tiefer zu stoßen, ihm erwidert er: „wir verstehen uns nicht." Dann
aber besucht ihn ihre Vergangenheit, sein Freund Witte, um ihn zu
seiner Hochzeit einzuladen. Es ist eine wundervolle Scene. Sie plandern
vom fröhlichen Junggesellendasein, und mit kaum verhaltener Angst forscht
Fedor, ob Witte denn alles verantworten könne, was er früher so
gethan, ob er zum Beispiel nie ein Mädchen verführt, und Witte erklärt
ruhig: nein, das läßt man die Leute im eigenen Kreise abmachen ..
Also Witte war nicht der erste gewesen, und Fanny gesteht es auch
zu, — aber beim ersten zog sie nur der Mann, das Geschlecht als
solches an, in Wahrheit schauderte sie vor ihm; da erschien Witte, die
leichtsinnige Lebensfreude; den Unterschied aber von lieben und lieb
sen¬
haben, den lehrte sie erst Fedor; so schwört sie und küßt ihn mit
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eère
lechzenden Lippen. Noch ist der Zauber ihrer Gegenwart, das sinn¬
umstrickende Leben stärker als die toten Schatten; aber die Stunde
naht, wo Gespenster Macht gewinnen über seine Seele. Er kommt
gerade von Wittes Hochzeit, „von der Hochzeit eines deiner freheren
Geliebten,“ wie er mit selbstquälerischer Grausamkeit zu Fanny höhnt,
er ist jetzt in ihrer Wohnung, und da kann er sie nicht trennen vom
Milien, das auch Witte ja nicht fremd war, er kann sie nicht mehr
loslösen von ihrer Vergangenheit, immer schaut er die „Früheren,“
und wenn Witte mit seiner jungen Frau einmal ins Theater fährt,
wo Fanny spielt, und er erzählt ihr, „daß die Komödiantin da unten
einmal so für eine Zeit seine Geliebte war“
und das erträgt er
nicht und geht von ihr . . . das Märchen ist aus.
Fedors innere Erlebnisse sind es, die das kaum geknüpfte Band
wieder lösen. Es ist ein feiner Zug Schnitzlers, daß Fanny Theren
sich immer gleich bleibt. Im ersten Akte schon, da sie Fedors Hand
küßt, ist sie dieselbe, die im zweiten und dritten so sündebewußt um
Liebe bettelt wie um unverdiente Gnade. Diesen beiden, Fedor, der
seine Ideale höher baut als er klettern kann, und Fanny, die trotz allem
unverständig genug ist, ihr Recht auf Glück zu fordern, diesen beiden
verträumten Utopisten stehen die flugen Leute gegenüber, welche das
Leben kennen und sich mit ihm abzufinden wissen, jeder auf seine Weise.
Da ist der Maler, der fanatisch für die veue Kunst kämpft, der philo¬
sophierende Don Juan, dumpfe Genußmenschen und Resignierte; sie alle
zeichnet Schnitzler mit ein paar starken, energischen Strichen, alle sind