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Panphlets Offbrints
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Arthur Schnitzler.
Von
Hans Benzmann.
— Berlin.
enn wir vom „jungen Deutschland“ reden, denken wir an die
Stürmer und Dränger, die bereits vor mehr als zehn Jahren
die Revolution in der Litteratur verkündeten und durchführten,
an Kraftgenies wie Karl Bleibtren, Michael Georg Corrad, Conradi und
Max Kretzer. Wir denken an den bereits wieder überwundenen Naturalismus,
an die sociale Poesie der achtziger Jahre, an Hinterhausromane und Arme¬
Leute=Lyrik. Bei uns in Deutschland hat sich seit jenen denkwürdigen
Jahren eine reiche und vielseitige Entwickelung vollzogen. Die heutige
deutsche Kunst ist aristokratischer wie je, eine Kunst der Persönlichkeits¬
offenbarung und der individuellen Formen, eine Poesie der Seele und der
schönen tiefsinnigen Phantasie. In Oesterreich war es und ist es anders.
Man kann eigentlich erst seit kürzester Zeit von einem „jungen Oesterreich“
reden. Diese Kunst zeigt aber eine ganz andere Physiognomie, als die
deutsche. Abgesehen von der theatralischen, hat eine litterarische Entwickelung
in Oesterreich nie stattgefunden. Litterarische Rerolutionen, große Be¬
strebungen hat es hier nie gegeben. Grillparzer, einer der wenigen autochthonen,
universal empfindenden Dichter, die Oesterreich hervorgebracht hat, ein Genie
ersten Ranges, kein Epigone, blieb späteren Generationen — bleibt an¬
scheinend auch der heutigen — ein Fremdling! Er konnte ein Bahnbrecher
sein (er kann es noch werden)! Die österreichische Kunst übernahm das
Große vom Auslande, und dann und wann verarbeitete sie es in volks¬
thümlicher Weise selbstständig. Selbstständiges schuf sie im Kleinen sehr
Vieles. Selten verleugnete sie den eigenartigen sich abseits entwickelnden
Volkscharakter, und vielfach brachte sie das unter einer eigenthümlichen
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