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Panphlets offorints
Dichtung.
für ihn in dieser Hinsicht charakteristisch, daß er keine Schule
gebildet und keinen Anhang gefunden hat. Selbstverständlich
soll dabei mit dem Worte „Übergangsdrama“ kein Werturteil,
etwa gar in tadelndem Sinne, ausgesprochen werden. Wer weiß
denn schließlich, ob aus der Vereinigung von alt und neu, die
Sudermann immer wieder in stets neuen Schattierungen schafft,
nicht am Ende doch wenigstens zu einem Teile die Kunstform
der Zukunft hervorgehen wird? Hat nicht der Klassizismus
des 18. Jahrhunderts die Vereinigung der Neuerungen der
Empfindsamkeit und des Sturms und Drangs mit Früherem,
freilich unter starkem Einschuß der Antike und eigener selb¬
ständiger Eigenschaften gebracht?
Im ganzen darf man wohl betonen, daß Sudermann sich dem
naturalistischen Impressionismus von vornherein auch deshalb
nicht voll hingab, weil ihn schon sehr früh ethische Probleme
tiefer beschäftigten als andere gleichzeitige Dramatiker. Er ist
selbst im Innersten tief leidenschaftlich und räumt darum der
großen, auf dem Naturboden auch der Gegenwart gewachsenen
Leidenschaft mit ihrem Ethos und Pathos in allen seinen
Stücken, selbst da, wo sie, wie in dem stark modernen „Johannes“,
halb pervers auftritt, eine entscheidende Stelle ein, — wenn er
sie auch nie ohne allerlei Vorbehalt austoben läßt. So wittert
er gleichsam ein neues sittliches Ideal, ohne es ganz zu erreichen.
Diese Zwitterstellung giebt ihm einerseits immer wieder
den Anstoß, Persönlichkeiten von einer Freiheit und Größe des
Wuchses zu schildern, wie sie wenigstens der physiologische
Impressionismus nicht leicht verträgt, und andererseits doch
auch wieder die impressionistische Technik immer stärker und
mit steigender Meisterschaft zu pflegen. Und dabei ist unver¬
kennbar, daß sich zwischen den zwiespältigen Richtungen seines
Schaffens immer mehr ein Ausgleich vollzieht in dem Sinne,
daß eine voll impressionistische Technik in stetiger Fortbildung
schließlich doch einer leisen Stilisierung dienen lernt unter dem
Einfluß allgemeiner, auf eine besondere Schicksalsidee hinaus¬
laufender Tendenzen.
Von Sudermann haben =wir die „Ehre“ (1890), „Sodoms
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Dichtun
Ende“ (1891), die „Heimat“ (1
schlacht“ (1895), „Morituri“ (drei
„Das Ewig=Männliche“ 1896)
(1896), „Johannes“ (1898) und
Bezeichnend für den Dichter
erstes großes Drama, die „Ehre“,
angehörig, nicht eigentlich als na
kann. Es ist noch ein Thesenst
des meurs, von der Sudermann ü
lich für die künstlich verschränkte
Und auch die eigentliche Technik,
wegs impressionistisch. Sie trä
Stempel des fortgeschrittensten
Dumas fils, Augier und Sardon
sammenhang dadurch noch stärker
das Stück unter Beirat Blumenth
zogen hat. Im Stücke selbst wird
sonders von Dumas tils geübten Ar
Chorus führte Person, den G
lautet in ersatz: „Mein Herz
schlagen, welchen die Sitte des L#
freundschaft ich genieße. Denn
Sklaven des Milieus.“ Hieraus
es sehr verschiedene Ehrbegriffe g
dieser verschiedenen Begriffe, so
der Abstufung der bürgerlichen
scheinen, erwächst das Drama.
damit gegebenen Idee und der Tech
mus, bewegt sich der Autor sofo
Drematiker, der streng architektoni
großer Sicherheit Höhen und Tiefen
der höchstens durch die übergroße
flechten der Motive, durch die ra
phantasielos kalkulierte Verklamm
etwas wie Kälte hervorruft.
Der äußere Erfolg des Stücke