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1. Panphlets offorints
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ihrem Grund aufgewühlten Menschenseele in seltener Meisterschaft zu
zum letzten Augenblick am
analysieren verstanden. Es sind die letzten Stunden, die ein Offizier
änden des Sterbenden.
erlebt, der sich töten muß, weil ihn ein simpler Bäckermeister be¬
Naturalist geschrieben, aber
schimpft und dabei mit roher Kraft seinen Säbel festgehalten hat, so
Stoffes gemildert hat. Auch
daß er sich nicht wehren konnte. Die Ehre des jungen Leutnants ist
des ästhetisch Schönen verläßt,
vernichtet, ihm bleibt kein anderer Ausweg als der Revolver. Zwar
geht die künstlerische Feinheit
weiß niemand um die Beschimpfung als er und sein Beleidiger, aber er
ch nicht darauf, die packende
muß fürchten, eines Tages als ein Ehrloser entlarvt zu werden, als
szunützen, er zeigt, wie die
einer, der nicht würdig ist, dem Offizierskorps anzugehören. Eine
ehmste Weitanschauung nichtig
qualvolle Nacht verbringt er im Prater, fortwährend von seiner er¬
uns die Angst vor dem Tode
hitzten Phantasie gepeinigt, bis ihn die Müdigkeit in tiefen Schlaf ver¬
rWunsch zu leben der stärkste
senkt, den er auf einer Bank hält. Beim Morgengrauen erwacht
in seiner Novelle in knapper
wandert er heim, seinen Entschluß auszuführen. Vorher aber geht er
ik und unerschütterlicher Ruhe,
noch in sein Café, wo auch jener Bäckermeister verkehrt und hier
gleiten läßt, ausgeführt.
hört der Todgeweihte eine befreiende Nachricht: seinen Gegner hat in
rauch in einer Reihe anderer
der Nacht der Schlag getroffen und zwar auf der Stiege zu seiner
nd ins Auge gefaßt. „Ein
Wohnung, als er abends vom Konzert, das für Leutnant Gustl so
dem die Geliebte, eine ver¬
verhängnisvoll wurde, nach Hause kam. Leutnant Gustl sieht sich
vor ihrem Tode wiedersah,
dem Leben wiedergegeben, denn nun lebt niemand, der von dem Vor¬
alen, die der Liebhaber hier in
gefallenen weiß.
s zum Wiedersehn am Toten¬
Dieser Schluß läuft aber der Voraussetzung zuwider, da ja die
Pwahrer Treue geschildert und
subjektive Ehre des Offiziers dennoch verletzt bleibt. Er selbst hat
abe. Diese Art der Seelen¬
gleich nach dem Vorfall, als er seine Lage gründlich überdachte, ge¬
so hoch über viele Produkte
sagt: Selbst wenn den Bäcker heute Nacht der Schlag trifft, bin ich
ter den modernen Novellisten
dennoch entehrt. Der Schluß ist nur so zu erklären, daß Schnitzler,
n Abschied“ behandelt ebenso
wie an Marie in „Sterben“ auch hier gezeigt hat, wie stark der
himene Skizze „Die Toten
Lebenstrieb im Menschen, und besonders in dem, der in der Blüte
keit oder Unheiligkeit der Ehe.
seiner Jugend steht, wurzelt.
rmeller Hinsicht der innerhalb
Auch die Novelle „Frau Berta Garlan“ konzentriert sich
nolog „Leutnant Gustl“
nur auf eine Person. Berta Garlan zehrt noch an ihrer Jugend¬
Schnitzlers begegnen uns hier:
sehnsucht, dieweil der Mann, den sie liebt, längst über seine Jugend¬
ung und eine mit rein künst¬
liebe hinweggekommen ist. Auch hier hat sich der Dichter an die
dazu liegt über dem Ganzen
Schilderung eines Seelenzustandes gemacht, der allerdings in eine
er militärische Ehrbegriff, der
unerträgliche Länge ausgesponnen ist. Es ist das Liebessehnen einer
wie eine Ruine in unsere Zeit
jungen Witwe, in der nach dem Tode ihres Gatten die Sehnsucht
t. In „Leutnant Gustl“ zeigt
nach dem Geliebten ihrer Mädchenjahre erwacht. In den Jahren
en Situationen die befreiende
ihrer Ehe, die sie in einer Kleinstadt verbrachte, ist er ein berühmter
in dieser Erzählung steht der
Künstler geworden. Sie selbst greift die alten Beziehungen wieder auf
Auch hier hat Schnitzler die
und erreicht es, daß sie mit ihm eine Nacht in höchster Wonne ver¬
Sturm der Empfindungen in