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PanphletsOffniats
von Mann und Weib haftet auch
führt ihn in Widersprüche, deren
uem Grübeln und Schaffen zwingt.
ie ungenügend oder wenigstens für
digend gelösten Probleme der Ver¬
ng zum Weiher“ nochmals vorge¬
nächsichtig macht, das ist ihr
Wissen von der Unverwandt¬
oßer Leiberumschlingung: daß Liebe
als Worte eines Begriffes sind.
ers sprechen dieses Geheimnis aus,
„Der einsame Weg“, „Das weite
freie“ Heinrich Bermann hat eine
betrügt — und dennoch so tief
sich umbringt. Wenn Aurelie, die
Maler Gysar ihren Leib verschenkt,
einzig nur Falkenir liebt, so löst
solchen Fühlens nicht aus dem
er Frauengestalten!); sie gleicht zu¬
Stunde des Erkennens“), die nicht
gibt, sondern einem gleichgültigeren
i die weisere, die Seelenliebe höher
Ein tiefsinniges Wort des Novalis
er dieses Kapitel von Schnitzlers
Vielleicht gehört der Sinnenrausch
zum Leben — der edelste Teil ist
kensch wird immer lieber wachen als
Schnitzler diesen Ausspruch gekannt,
romantischen Denker bis in den
zaola, die „Frau mit dem Dolche“,
der Fremde vielleicht bei einem
Gatten mit diesen Worten nieder¬
n, das allein bedeutets).
die der Verführung“ dar als ein
jüngstverflossenen Tagen, so hat
nenwerk entschlossen in eine fernere
in einem Brief an Caroline Schlegel vom
auch in die „Fragmente“ (Minor III, S. 98)
ddies wieder gelegentlich fragwürdig erscheint
ommt das für die „Komödie der Verführung“.

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Vergangenheit gerückt und die Handlung auch durch das Vers¬
gewand der Sprache in eine überwirtliche Seinsschicht auf¬
gehoben. Freilich, umgekehrt wäre es richtiger gewesen, das
Märchenspiel von Freud und Leid der Liebe hätte als dra¬
matische Dichtung mit idealer Ferne von Ort und Zeit besser
gewirkt, der „Gang zum Weiher“, weil in ihn manches zeit¬
gebundene Erlebnis des Dichters ziemlich unverwandelt ein¬
gegangen ist, wäre als Gegenwartsstück klarer, fester, ent¬
schiedener geworden.
Der verabschiedete Kanzler Albrecht von Mayenau und seine neunzehn¬
jährige Tochter Leonilda erwarten auf ihrem nabe der Residenz gelegenen
Schlosse den Besuch des Dichters Sylvester Thorn, der vor zehn Jahren die
ungastliche Heimat verlassen hat, in der ihn der Pöbel seiner Verdienste ungeachtet
als Fremdling schalt und haßte, weil seiner Mutter Urahn aus fremdem Lande
eingewandert war. Das freudige Bangen, mit dem das für ein Frauenschicksal
reif gewordene Mädchen dem Gaste entgegenbarrt, erfüllt mit Besorgnis ihre
Tante, die in dieser Nacht erst Leonilda einen seltsam heidnischen Gottesdienst
feiern sah: im weißen Nachtkleid lief sie durch den Garten, in die Waldung, einem
weglos abgeschiedenen Weiher zu, in dem sie badete, dann bot sie ihre Nacktheit
dem Mondschein dar und tanzte verzückten Angesichts um einen ungefügen Block,
der in Arzeiten als Opferstein mag aufgestellt worden sein!). Sylvester wird
für Leonilda, die in ihm, ob er gleich als gealterter und müder Mann zurückkehrt,
immer noch den strahlenden Märchenerzähler ihrer Kindheit sieht, in der Tat
gefährlich, so wie sie für ihn; er ist in die Heimat gekommen, um einer geliebten
Frau und dem Kinde, das sie von ihm trägt, das Haus zu bereiten, aber nun
verfällt er der Lockung des Mädchens, und aller Pflichten uneingedenk hält er
bei dem erschreckten Freunde um Leonildas Hand an. Der Kanzler verlangt
eine Frist. Sylvester soll erst zu seiner Geliebten zurück, und kehrt er von der
Wiege seines Kindes als der Gleiche zu Leonilda als der Gleichen wieder, so soll
der Ebebund geschlossen werden. — Nach 36 Stunden schon ist Sylvester abermals
im Schlosse, aber in so kurzer Zeit ist Anendliches geschehen. Er kommt von
kaum geschloss’nen Särgen her, Mutter und Kind sind tot. Und auch Leonilda
ist ihm verloren. Anruhige Zeiten sind es. Ein Krieg droht an der Südgrenze
des Reichs, und als Sendbote des Marschalls ist dessen Sohn Konrad von Ursen¬
beck zum Kanzler gekommen, daß der beim Kaiser die Wünsche der Kriegspartei
befürworte. Aber der Freiherr, in so gefährlicher Stunde wieder zur Leitung
des Reichs berufen, will mit aller Macht den Krieg verhindern und eilt zu solchem
Beginnen in die Residenz. Den jungen Konrad verpflichtet er, daß er seine Kreise
ihm nicht störe, zum Verharren auf dem Schlosse, und das Erscheinen dieses einstigen
Jugendgespielen seiner Leonilda ist ihm wie ein Zeichen des Schicksals, daß der
ungewünschte Eidam Sylvester aus des Töchterleins Herzen würde vertrieben
werden. Drum lenkt er den Jüngling mit halben Worten zu dem Weiher hin,
wo er nächtlicherweile Leonilda findet und gewinnt. Sie hat für Sylvester jetzt
nur noch Freundschaft übrig, die ihm, der alles für sie hingeopfert hat, nicht
genügt; so endet er sein sinnlos gewordenes Dasein mit letzter Würde in Leonildas
Weiher. Inzwischen ist Konrad darüber unruhig geworden, daß der Kanzler,
als Kuppler der eigenen Tochter, ihn mit Zauberkünsten von Heer und Vater
zurückhalte, und will entfliehen. Wie Leonilda das merkt, gibt sie ihn sofort frei,
ja, will ihm die Flucht erleichtern. Da kehrt der Kanzler zurück, er hat den Frieden
gerettet, der kriegslüsterne Marschall ist, allerdings unter höchsten Ehrenbezeugun¬
gen, abgesetzt worden, der Kaiser selbst hat den Oberbefehl übernommen. Dem
jungen Konrad brennt der Boden unter den Füßen, er verlangt Entlassung aus
der schlecht verbehlten Haft. Der Kanzler, der um das Geheimnis des Paares
weiß, verliert die Beherrschung und will Konrad zur Vermählung mit seiner
Tochter zwingen. Dem stellt sich Leonilda entgegen, erbittet und verschafft dem
1) Natürlich ein Phallus-Symbol.
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