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1000). Der gestrige Vortrag, den Herr Marcell
Salzer aus Wien in der „Dramatischen Ge¬
sellschaft“ hielt, wies sehr zahlreichen Besuch
auf. Der grosse Saal des „Goldenen Stern“
war überfüllt. Wie bei seinem ersten Auftreten
hierselbst, soerrang Salzer auch diesmal grossen
Erfolg mit den von ihm meisterhaft wieder¬
gebenen Dichtungen Wiener Zeitgenossen.
General-Anzeiger für Bonn und Um¬
gegend (24. 1. 1000). — Der Saal war über¬
füllt und die Erschienenen wussten der
„Dramatischen Gesellschaft“ Dank, dass sie
den jungfrohen Wiener zu einem zweiten
Auftreten in Bonn veranlasst hatte. Salzer
bewährte sich auch gestern als echter Meister
der Vortragskunst. Das sprudelte über von
Frische und Lebenswärme, namentlich in den
Wiener Gestalten, die er aus zeitgenössischen
Dichtungen heraushob.
Bremen, Weser - Zeitung (13. 2. 99).
Wenn wir heute ausnahmsweise über einen
Vortragsabend im Verein „Vorwärts“ be¬
richten, so geschicht es, weil sich Herr
Marcell Salzer aus Wien, der dort gestern
Abend als Recitator zum ersten Male in
Bremen aufgetreten ist, als ein Künstler in
seinem Fach gezeigt hat. Er besitzt eine
feine Empfindung und ein modulationsfähiges
Organ, und er verschmäht es, aufdringlich,
mit unkünstlerischen Mitteln zu wirken, er
weiss auf die einfachste Weise den ver¬
schiedenen Stimmungen und den Personen,
die er charakterisiren will, gerecht zu werden.
Hervorragend war die Wiedergabe von Ernst
von Wildenbruchs „Orakel“, Bahr's „Die
schöne Frau“ und vor allem Morgenstern's
„Das Pferd“, aber auch die Dichtungen von
Rosegger und Liliencron wurden mit Recht
sehr beifällig aufgenommen.
Bremer Nachrichten (13. 2. 99). Ein
guter Gedanke der Unterhaltungscommission
vom Verein „Vorwärts“ ist es gewesen,
Bremen zur Bekanntschaft mit dem Recitator
Marcell Salzer aus Wien zu verhelfen. Der
Künstler führte sich durch den Vortrag der
Ernst von Wildenbruch'schen Novelle „Das
Orakel“ ein und eroberte sich mit dieser ein¬
fachen Kindergeschichte sofort die Position.
Gab sie ihm doch Gelegenheit, sein schmieg¬
sames, modulationsfähiges Organ zu zeigen,
die verschiedensten und verschiedenartigsten
Stimmungen ernster und heiterer Natur zur
charakteristischen Darstellung zu bringen!
Und das versteht Herr Salzer vortrefflich,
ohne je durch Uebertreibungen abzustossen.
Der Humor kam besonders in der „Lyrik“
von Detlev von Liliencron zur Geltung: Das
Gewitter, Bruder Lüderlich, Betrunken, Die
Musik kommt. Als echter Wiener zeigte
sich Herr Salzer in der reizenden Humoreske
von Bahr „Die schöne Frau“, die ihm auch
Gelegenheit bot, in der Wiedergabe des
Dreher seine Zungenfertigkeit zu beweisen.
Als er nach einer längeren Pause wieder die
Bühne betrat, wurde er so glänzend empfangen,
dass ihm wohl kein Zweifel mehr an der
Gunst des zahlreich erschienenen Publikums
bleiben konnte.
Bremer Courier (14. 2. 99). Wenn es
wahr ist, was manche Aerzte und auch
andere Leute gesagt haben, dass Lachen ge¬
sund ist, dann hat der Wiener Recitator,
Herr Marcell Salzer, Anspruch auf den Ruhm,
Vielen zur Gesundheit verholfen zu haben;
denn wohl selten ist in einer Versammlung
so viel und so herzlich gelacht worden, wie
gestern Abend in der Veranstaltung des
Vereins „Vorwärts“ Gewiss ist Herr Salzer
aber auch ein ganzer Künstler, dem für
seine schwierige Aufgabe, den Dichter nur
durch das Wort zu interpretiren, alle Töne
und Register zur Verfügung stehen. Der
rauschende Beifall, der dem Recitator bei
jeder Nummer, namentlich zum Schluss, zu
Theil wurde, wird ihm gesagt haben, dass
er bei einer Wiederkehr einer freundlichen
Aufnahme sicher sein kann.
Bremer Courier (31. 1. 1900). Dass
die vom Verein „Vorwärts“ veranstalteten
Unterhaltungsabende an Gediegenheit sich
auf der Höhe bewahren, bewies der am
Sonntag stattgehabte Recitationsabend des
Herrn Marcell Salzer aus Wien, zu welchem
diesmal der grosse Saal des Vereinshauses
mit einem andächtig lauschenden Publikum
aus den verschiedensten Ständen bis auf den
letzten Platz sich gefüllt hatte. „Altbiblische
Poesien“ lautete der erste Theil dieses Pro¬
gramms und die Wahl dieses Stoffes aus dem
„Buch der Bücher“ mochte wohl manchem
der Erschienenen gewagt erscheinen. Ein
leitende Worte des Recitators und hierauf die
1
erste Nummer „Josef und seine Brüder“. Das
Stück des Abends war die Novelle „Das
waren ja bekannte Laute aus längst #
Pferd“ von Chr. G. Morgenstern. Sie beginnt
schwundenen Tagen der seligen Kinderzen,
mit der köstlichen Charakteristik eines Wiener
und wie machtvoll und ergreifend klangen
Bummlers, der einst bessere Tage geschen
sie, wie die nun folgende Hymne aus dem
hat und nun den Gram im Fusel ersäuft.
Hohenlied, eine Dichtung voll berückender
Seine nächtliche Wanderung durch die Gassen
poetischer Schönheit und morgenländischer
Wiens ist mit jenem echtem Humor geschildert.
hinter dem die Thräne lauert. Herr Salzer
Phantasie, von diesen Lippen. Geradezu ge¬
las gerade diese Novelle mit meisterlicher
waltig aber war die Wirkung der Legende
Vollendung.
von Simson und Delila, in ihrer kurzen,
Breslauer Morgen-Zeitung (27. 11. 98.)
prägnanten und dramatisch bewegten Schil¬
Freie Litterarische Vereinigung.
derung. Ueberzeugungsvoller können wohl
Herr Marcell Salzer hatte auch diesmal ein
die Sänger und Priester jener Zeit ihrem
treffliches Programm zusammengestellt; er
Volke die Geschichte seines den Verführungs¬
wollte die Hörer angenehm unterhalten und
künsten eines Weibes erlegenen Helden und
so flocht er aus den poetischen Beiträgen,
die Vernichtung seiner Feinde nicht ge¬
die ihm Fontane, Arno Holz, Liliencron und
schildert haben. Die bekannte Heine'sche
Schnitzler boten, einen Kranz zusammen, in
Ballade „Belsazar“, mit welcher der erste
welchem heitere Laune und wuchtiger Ernst,
Theil des Abends schloss, bot dem Künstler
in welchem die flüchtige Plauderei und di
Gelegenheit, den düsteren Inhalt auch ohne
gedankenreiche Betrachtung in künstierisch
Anwendung des sonst so sehr beliebten
abgetöntem Wechsel zu ihrem Rechte kamen.
pathetischen Tones voll und ganz zur
Herr Salzer hatte die Wahl seiner Vortrag
Geltung zu bringen. Der zweite Theil, mit
stücke derart getroffen und liess dieselber
den Gedichten Paul Julius Immergrün's be¬
in solcher Folge auf die Corona wirken, da
ginnend, war vorwiegend heiterer Natur.
die Stimmung der Hörenden einer harmonisch
Ganz besonders gefiel der herzinnige Ton,
auf- und niedergleitenden Wellenlinie glich.
den Herr Salzer in den „Mutterliedern“ an¬
Ueber die rhetorische Souveränität, 11
zuschlagen wusste. Von den ebenfalls mit
welcher Herr Salzer jedes sich ihm da
Meisterschaft vorgetragenen Goethe'schen
bietende Vortragsproblem meistert, brauche
Balladen sei des „getreuen Eckhard“ mit
wir kein Wort mehr zu verlieren. Herr
seinen Anklängen an die goldene Kinderzeit
Salzer durchtränkt das, was er liest, mit
gedacht.
plastischem Leben. Auf den Wogen seines
Die Wahl des litterarisch werthvollen
klangvollen, registerreichen Organs segelt die
Dialogs „Weihnachtseinkäufe“ aus Arthur
neckische Plauderei siegreich einher, kämpft
Schnitzler’s „Anatol“ war eine glückliche.
sich die Leidenschaft durch das brandende
Es ist ein Cabinetstück, wenn es, wie hier,
Meer und packt uns mit ehernen Fängen.
in fein pointirtem graciösen Plauderton des
Das Publikum spendete dem Recitator wieder¬
Wiener Dialects zum Vortrag gelangt. Nicht
holt den wärmsten Beifall und dürfte mit
minder gefiel die Schlussnummer des Abends
den Leistungen des Interpreten nicht minder
„Sanct Nothburga’s Erdenreise“, welche das
zufrieden gewesen sein, wie mit der von ihm
Publikum in die animirteste Stimmung ver¬
gtroffenen Auswahl seiner dichterischen Vor¬
setzte. Die plastische Vorfüh tung der biederen
tragsprobleme.
Schutzpatronin, ihre schlimmen Erfahrungen
Schlesische Zeitung (4. 2. 98). Der
bei den sündigen Bauern erregten die grösste
Vorleser, Herr Marcell Salzer aus Wien, ent¬
Heiterkeit. Reicher Beifall lohnte den Wiener
faltete alle Vorzüge seiner rühmlich be¬
Gast für seine künstlerischen Darbietungen.
kannten Interpretationskunst. Durch seine
Bremer Tageblatt und Generalanzeiger
von feinem litterarischen Verständniss zeu¬
(31. 1. 1900). Herr Recitator Marcell Salzer
gende, den Reichthum künstlerischer Mittel
aus Wienerfreute und entzückte am Sonn¬
und deren geschickte Verwendung offen¬
tag im Verein „Vorwärts“ die überaus zahl¬
barende Vortragsweise erzielte er mit jedem
reich erschienenen Damen und Herren durch
einzelnen Stücke hohe Wirkung und erntete
seine vorzüglichen Darbietungen, denen das
nach jeder Nummer den lebhaften Beifall der
Auditorium mit wahrem Vergnügen lauschte.
dankbaren Hörerschaft.
Den Recitator unterstützt sein äusserst sym¬
pathisches und modulationsfähiges Organ.
Fontane-Abend.
Zum Vortrage gelangten zunächst Dichtungen
biblischen Inhaltes, die mit Harmoniumspiel
Schlesische Zeitung (27. 11. 98). Am
eingeleitet und beschlossen wurden. Ferner
letzten Vortragsabend der Freien Litterarischen
wurden Werke des kürzlich in Amerika ver¬
Vereinigung, für den Herr Marcell Salzer aus
storbenen Dichters Immergrün, der aus
Wien gewonnen war, hörte man viel Schönes
Hastedt stammt, recitirt, die grossen Beifall
und mancherlei Amüsantes in durchweg
fanden. Nachdem dann noch Dichtungen von
meisterhafter Interpretation. Salzer gestaltete
Goethe und Schnitzler vorgetragen waren,
den ersten Theil des Abends zu einer kleinen
kam auch der Humor zu seinem Rechte.
Gedenkfeier für den Altmeister Theodor
Den geschätzten, stets gerne gesehenen und
Fontane, und zwar speciell für den bei
gehörten Gast ehrte das Publikum durch
Weitem nicht nach Verdienst bekannten
stürmischen Applaus.
Lyriker Fontane. Die getroffene reich¬
Breslauer Zeitung (aus dem Feuilleton
haltige Auswahl kennzeichnete vortrefflich
vom 4. 2. 98). Ein künstlerisches Ereigniss
den feinen, oft auch drastischen Humor, die
vollzog sich vorgestern Abend im Musiksaale
abgeklärte Lebensweisheit und den kern¬
der Universität. Marcell Salzer, welcher vor
haften, gesunden Patriotismus des Dichters,
ein paar Tagen in der Berliner freien
der dabei „keinen Sinn für Feierlichkeiten“
litterarischen Gesellschaft Sensation erregt
besass und für alle prunkenden Acusserlich¬
hatte, las Dichtungen moderner Autoren
keiten nur lustigen Spott übrig hatte. Hatten
An Temperament, feinsinniger Anempfindung
diese Poesien die Hörerschaft sichtlich er¬
des Vortragstiles ist Marcell Salzer derseibe
warint und Vieliden zu lanter Heiterkeit hin¬
gebliehen, an Leichtigkeit und Fülle der
gerissen, so war dann die Wirkung der
Nuancirungen, an Volubilität und Gliederung
Balladen „Gorm Grymme“, „Die Brücke am
der Sprache, an differenzirter Ausarbeitung
Tay“ u. a. wuchtig, tief ergreifend. Ein
der Recitationsstücke hat er ganz ausser¬
prächtigerer Abschluss, als ihn Salzer gab,
ordentlich gewonnen. — Der köstlichste Ge¬
hätte sich wohl überhaupt nicht finden
nuss des Abends war der Vortrag der beiden
lassen; er beschloss die Reihe mit einer der
lyrischen Nummern „Die Musik kommt“ und
letzten und sinnigsten Dichtungen des ver¬
„Bruder Lüderlich“ von Detlev v. Liliencron.
storbenen Sängers, die selbst bereits eine
Er erfüllte den Beweis, dass die moderne
Huldigung für einen grossen Todten war —
Kunst ihren berufenen Recitator gefunden hat.
mit dem wirklich gross empfundenen: „Wo
Breslauer Morgen -Zeitung (4. 2. 98).
Bismarck liegen soll!“ Der zweite Theil der
Herr Marcell Salzer besitzt in der That Alles,
Vorlesung brachte eine ungemein lustige
was man von einem Vorleser ersten Ranges
Scene aus dem espritvollen Buche „Anatol“
verlangt: ein schönes, klangreiches, modu¬
von Arthur Schnitzler, ein reizendes Gedicht
lationsfähiges Organ, eine ausserordentliche
„Samstagsidyll“ von Arno Holz, in welchem
Fähigkeit zu charakterisiren, eine Vortrags¬
der Dichter ohne alle jüngst -deutschen
kunst, die sich der Eigenart der jeweilig vor¬
Allüren austritt, sich aber dafür als wirk¬
geführten Schöpfung trefflich anpasst und
licher Dichter bewährt und schliesslich von
vor Allem ein intimes Verständniss für die
Detlev von Liliencron zwei Gedichte und die
von ihm gelesenen Dichtungen. Jegliche
drollige Scizze „Betrunken“, die von Salzer
theatralische Manierirtheit ist ihm fern. Er
discret und doch mit hinreissender Komik
liest einfach schlicht und doch voller Wärme
so zu sagen „gemimt“ wurde. Die Hörer¬
und Schwung. Er hatte sein Publikum vom
schaft zeigte sich den ganzen Abend hin¬
ersten Augenblicke an im Bann und liess es durch auf's Höchste befriedigt, und der Vor¬