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1. 50th Birthdav
eschnitt aus: Tiener Montags Journal. Wien
13.MALLSEE
n:
war! Und daß auch die Proben zu der Vorstellung, — sie haben
Tritsch=Tratsch.
sich richtig für die „Liebelei“ entschieden — ein Kuriosum dar¬
Dem Wiener Theaterleben wird durch Gastspiele aus¬
stellten, das geht schon daraus hervor, daß sie jedesmal in der
wärtiger Künstler kräftig aufgeholfen. Brahm, Bassermann und
Kanzlei dieses Advokaten stattfinden, bei einem halben
nun will auch Direktor Beöthy aus Budapest kommen. Also
Faßl Freibier und diversen Krügen Likör notabene, die der
Reizungen wären genug vorhanden, daß sich unser Publikum
wackere Rechtsanwalt den Mimen als „Spielhonorar“ zur Ver¬
der Meinung des alten Theaternarren, des Onsels Sarcey,
fügung stellt! A teurer Spaß, das will ich meinen; wer aber
anschlösse, der behauptet hatte: „Im Winter ist so ein Zu¬
das Theaterspielen vom Standpunkt des Idealisten und net vom
schauerraum schon wegen der behaglichen Wärme ein Labsal
geschäftlichen betreibt, der wird deshalb net aus der guten
Laune kommen —“
und in der warmen Jahreszeit gibt's keinen angenehmeren,
kühleren Ort. Zumal die Deutschen finden ungeschwächten
„— zu der aber herentgegen andere schon wieder berech¬
Zulauf; im übrigen sorgen freundliche Zufälle des Kalenders
tigteren Grund ham. Die Saison war ja im allgemeinen nix
schon dafür, daß auch Normalvorstellungen der Theater einen
weniger als berühmt dösmal, aber unsere Kabaretts, na, scham¬
interessanteren Anstrich erhalten. Man begeht einfach Ju¬
ster Diener! Da is e noch zum verwundern, wann so a Direk¬
biläen, feiert Geburtstage und nimmt mitten im Maien ein
tor gute Witz zum bösen Spiel macht. Treffen da neulich der
unvermutet volles Haus gerne in Kauf. Der Baumeister¬
kaufmännische Leiter eines Kabaretts mit'n artistischen eines
Rummel, der Schuitzler=Tgg. Da dürfen unsere beiden
andern im Kaffeehaus z'samm. Z'erst lugen sa si gegenseitig
Freunde natürlich nicht fehlen.
a Weil über die „gegen Erwarten günstige Spielzeit“ in die
Säck, nachher aber schließt der eine lachend die Diskussion und
„Aber dös ane, nahm Frl. Maltschi das Wort, als sie
sagt: „Und sogar einen Jubelabend hatten wir ganz zum
sich vom Moritz die spaltenlangen Berichte unter die Nase hal¬
Schlusse noch, wenn auch ohne Blumen und ohne Klavieraus¬
ten ließ, „dös ane ham die Referenten diskret verschwiegen.
züge. — „Aha, mir wollen Sie eine 50ste oder 100ste Reprise
Daß nämlich der alte Baumeister, indem daß er sich über die
einreden? Glauben Sie wirklich, ich hab' meine fünf Sinne
heutigen Theaterverhältnisse äußerte, a ganz a feine Nasen zeigt
nicht beisamen?“ knurrt der andere. — „Machen wir uns doch
hat, wia er gar a so skeptisch vom jetzigen Burgtheaterenthusias¬
nichts vor, verehrtester Konkurrent,“ sagt der Direktor, „ist das
mus g'sprochen hat. Die Politik, hat er gmeint, absorbiert
vielleicht kein Jubelabend, wenn es mir vergönnt war, —
I jetzt dös alles bei die Leut? Na, i waß net, ob ma's grad
zum letztenmal in der Saison zu spielen?!
auf dös hinlenken soll, aber daß die Täg' des großen Burg¬

theaterkollers vorbei san, dös glaub' i muß schon a Blinder#
merken. Und grad den Teilnehmern am jetzigen Bau¬
meisterjubiläum is dös am augenfälligsten bewußt wor'n, wenn
s’ es mit dem früheren Baumeisterjubiläum verglichen ham.
Guat, 's Haus war vollbesetzt, guat, g'schrien und Tücher
g'schwenkt und Reden g’halten und laut und intim is g'feiert
wor'n, aber —. Ja, aber wo war diesmal der stadtbewegende
Rummel? Vor grad zehn Jahr'n war's, da san die Leut vorm
Theater um ara zehn Uhr Vormittag ang'stellt g’wesen, um si
no a Platzl sichern zu können, die Tramwaygeleise am Franzens¬
ring waren verlegt, so ham si die Enthusiasten g'staut und drei
Dutzend Wachleute mußten einschreiten, damit die Ordnung
halbwegs hat aufrecht erhalten werden aönnen! Diesmal, — na,
a bißl kränkt hat si unser alter Meisterspieler schon, der 'nf
Unterschied genau kennt hat, weil er von sein' Hotel aus nach'n
Essen an Rekognoszierungsspaziergang rings ums Burgtheater¬
gebäude unternahm. Als ob er die Ursach' wär', wenn die
Theaternarretei just vor dem Hause des Baron Berger merk¬
liche Abkühlung zeigt. Le baron Berger dispose ... und das
Publikum denkt. Und wahrlich nimmer so naw=begeisiert, wie
zur Zeit der seligen Sonnenthal= und Kainzherrlichkeit.“
„Heißt elegische Töne angeschlagen,“ unterbrach hier der
Moritz, „na, gottlob, da dazu is ka Anlaß und net amal wenn
mir zwei in Wien de anzigen meschuggenen Theaterfreunde
wären. Uebrigens, was wollen Sie eigentlich? Braucht es
Massenaufläufe auf der Gassen, braucht es eingedruckte Rippen
oder Narren, was dem Automobili von aner gefeierten Per¬
isenlichkeit das Benzin austrinken? De wahre heiße Verehrung
äußert sich etwas weniger geräuschvoll. Auf die Intensität des
Gefühls kommt es an. Da ham Sie den 50. Geburtstag vom
Artur Schnitzler. Sie mechten nicht glauben, wie sich in den
Theatern, wo sie dem Geburtstagskind zu Ehren seine Stücke
spielen, der Vorverkauf für den betreffenden Abend glänzend
gestaltet hat. Trotzdem es sich um die abgespieltesten Stück'
handelt, was beweist, daß es der Schnitzlergemeinde net um den
Theatergenuß an sich, sondern um a demonstrative Treuebezei¬
gung für ihren Lieblingsdichter zu tun is. Und jetzt lassen Sie
sich von der originellsten Schnitzler=Feier erzählen; kane
Conference, ka Spezialheft, ka Vornotiz hat bis heute davon
etwas verlauten lassen. Also da gibt es in Wien einige
Künstler, was einerseits wegen der Repertoireverhältnisse net
zum Austreien kommen, andrerseits an Wirkungskreis haben.