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1. 50th Birthday
box 39/1
Dos ienommere Gtabli ement für Kunsigewerbe S. Welst kesen“
Verlaufslokalitäten sich bisher 1. Bezirk, Rotenturmstraße 19 be¬
fanden, hat wegen Verringerung der Regien auch den Detailverkauf
anschließend an die Werkstätten, 9. Bezirk, Elisabethpromenade 23 u
verlegt. Telephon 22283.
[Radiumbehandlung] bei Gicht, Rheuma, Arterio¬
sklerose, Blutarmut 2c. ist durchaus nicht an Joachimsthal gebunden.
Das Sanatorium Wällischhof in Brunn=Maria=Enzersdorf (Süd¬
bahn) ist für Radiumtherapie vorzüglich eingerichtet. Prospekte ver¬
sendet die Direktion.
[Echte Ecuador=Herren=Panamahüte
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Sensationspreisen.] Die zuma Gerngroß hat die ganze
Ernte an Arbeiten von Heimarbeitern in echten Panamahüten von
einem der bedeutendsten überseeischen Exporteure in Bausch und
Vogen zu einem fabelhaft billigen Preis erworben. Der garze,
viele tausende Stück umfassende Vorrat an echten Herren=Panamg¬
huten. abjustiert mit Leder und Band, wird nunmehr ausschließlich
zzum Detailverkaufe, insolange der Vorrat reicht, angeboten.
Serie 1 kostet nur K. 7.75, Serie II nur K. 12.50. Engrosverkäufe
sind ausgeschlossen.
—[Den Haushalt verbilligenl kann man durch Ver¬
wendung der allgemein verbreiteten und beliebten Karna=Pflanzen¬
fleisch=Produkte. Man verlange bei seinem Kaufmann oder mittelst
Karte (Karna=Werke, Wien. 20. Bezirk, Marchseldstraße 18) die
Broschüre „Was ist Karna=Fleischersatz?“
Kirchenmusik für Sonntag den 12. Mai.
In der griechisch=katholischen Pfarrkirche zur
heiligen Barbara um 10 Uhr: Liturgie des heiligen Johannes
Chrysosthomus in C-dur von Hreczanynow und Konzert Nr. 16
von Lyzyn.
Das Wien ArturSchnitlens.
Zn seinenflüfzigsten Gebürtstag.
Das junge Wien wird jetzt also fünfzig Jahre alt.
Denn sein Geburtstag und der Artur Schnitzlers fallen
wohl ungefähr auf den gleichen Tag. Es sind zwei Begrisse,
die seit zwanzig Jahren zusammen genannt werden und die
sich nun auch in die Geburtstagsehren und Betrachtungen
teilen müssen. Sie sind doch merkwürdig rasch in dieses
gesetzte und reise Alter getreten. Wie lange ist es denn
gar her, daß das junge Wien wirklich jung war, so
gründlich und unsinnig jung, wie es nur literarische
Jugend zu sein vermag. Es bestand aus einem Kaffee¬
haustisch, um den eine Handvoll junger Leute saß, die
sich Ibsen, Nietzsche, den Naturalismus und die Pariser
Moderne zu Herzen genommen hatten und diese neuen
Begriffe und Ideen ins Wienerische übertragen wollten.
Und ehe man sich's versieht, haben alle diese heftigen und
unklaren jungen Leute die Vierzig überschritten, und der
fünfzigste Geburtstag des Besten unter ihnen ist heute
mehr als ein wienerisches Ereignis. Die literarische Jugend.
vergeht und verändert sich, wie es scheint, noch rascher als
die gewöhnliche. Der Kafseehaustisch des jungen Wien be¬
steht längst nicht mehr. Sogar das Haus hat man nieder¬
gerissen, wie so viele gestrige Dinge, und was neu aufgebaut
wird und nachwächst, ist ein ganz anderes Wien.
Aber der Begriff ist geblieben. Das Schlagwort vom
jungen Wien kennt und gebraucht man auch draußen und
es ist durch alle Abhandlungen und Literaturgeschichten,
alle neueren Betrachtungen über Wien gegangen. Gewöhn¬
lich versteht man darunter ein unbestimmtes Gemenge von
Liebenswürdigkeit, Leichtsinn, tändelnder Erotik und
Sentimentalität. So ungefähr hat man sich auch jahre¬
lang draußen Artur Schnitzler vorgestellt, den man von
allen Wienern am meisten kennt und liest. Sogar seine
persönliche Erscheinung ist bald populär geworden: die
etwas stilisierte Eleganz der Toilette, die breite schwarze
Plastronkrawatte, von der sich der blonde Vollbart ab¬
hebt, und vor allem die bis zum linken Auge.
reichende blonde Locke, die berühmte Schnitzler=Locke.
Die Erscheinung des jüngeren Schnitzler hat da¬
mals namentlich draußen als die typische Gestalt des
Jung=Wiener Dichters gegolten, und es haben ihn ja auch
manche Genossen vom Kasseehaustisch äußerlich kopiert..
Aber die breite schwarze Plastronkrawatte und die Stirn¬
locke allein machen's eben nicht aus. Sogar die Karikatur,
diese unfreiwillige Helferin des Ruhmes, hat sich der
äußeren Merkmale bemächtigt, und in den Witzblättern
der Neunzigerjahre ist die Gestalt des loketten und ele¬
ganten Anatol=Dichters immer wiedergekehrt
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