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Soth Birthday
box 39/1
Die
Sehaubuhtn
v Jahrgang /Ilumwer 20
e
16. Mai 1912
aureeeeen Seeeenennen
Der Spieler Paracelsus von Willi Dünwald
Zu Schnitzlers fünfzigstem Geburtstag
Enträtsler von Menschenseelen in tiefer
+ Dunkelmannszeit, war des jahrhunderteiangen Unterwegs durch
die Ewigkeit müde geworden und ersehnte seiner Seele ein
ähnliches Gefängnis, wie das in Salzburg als sterbliches Teil abge¬
stoßene. Also stand ihm der Sinn, wieder einmal auf kurze Zeit unter
der kreuchenden Kreatur des Planeten auszuruhen, von wo ihn einst¬
mals Haß und Hohn nach achtundvierzig Daseinsjahren fortgetrieben.
Nachdem er sich wen zum Vater (er blieb bei der Fakultät und erwählte
einen Arzt) und wen zur Mutter ausgesucht, kam er durch den selbst¬
verständlichen, recht einfachen und recht natürlichen Akt der Wieder¬
geburt am fünfzehnten Mai 1862 in Wien auf dieser Welt wiederum an.
Schon in der ihm zur Verfügung stehenden guten Kinderstube
hatte er das merkwürdige Gefühl einer stattgefundenen Veränderung:
er fühlte sich matter, müder, leidenschaftsloser, ja bleichsüchtig -
ein Zustand, der ihm von abgelebten Zeiten her unbekannt war — und
so fragte er sich erstaunt, ob wohl der Rundtanz des Globus schwächer
geworden, seine Geschöpfe sich weniger durcheinandergewirbelt vor¬
kämen, oder ob er, Paracelsus, für sich allein ein wenig abgegriffen
sei. Immerhin ging er als Jüngling aus gutem Hause den staatlich
sauber gehaltenen Weg des Bildungsgolgatha, unterwegs nicht wenig
belustigt davon, den Nürnberger Trichter noch verwendet zu finden,
der schon vor Jahrhunderten in die Köpfe der Tröpfe ein Filtrat der
Wissenschaft geleitet hatte. In die Jahre der Schnurrbärtigkeit ge¬
kommen, entschloß er sich wieder für die Medizin, obschon sie auch
einstmals nur eine kleine Ecke seiner Seele eingenommen, und obschon
#er sie, wenngleich sie ihn berühmt gemacht, doch nicht als ein gutes
Geschäft in Erfahrung hatte. Seine nunmehrigen Zeit= und Ellbogen¬
genossen, die Wiener, welche sehr liebenswürdige und sehr höfliche
Leute sind, glaubten, er folge selbstverständlich dem Herrn Papa, dem
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