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Soth and Jsth Birthdar
a
sich da („Heimliche Liebe“ heißt der öde Schmarren) als Profoßj Allgegenwärtigkeit ist an Schnitzler
Von Girardi und Schnitzler,im italienischen Kriege und entdeckt durch Zufall, daß der Re= unter den lebenden Dichtern für un
gimentstambour ein Weib ist, das sich aus glühender Liebe dem obachteten eine Dame mit Paketen
machte, wir fuhren mit der Eisen
In dem Alexandria eines der Ptolemäer gab es einen Bild= Hauptmann nachgeschlichen hat. Er will nun dem Vorgesetzten
Vorstädte, wir sahen über einen grüne
den Tatbestand aufklären, kann aber, teils weil beide nicht
haufr) der bei einem Künstlerwettstreit, irgendeiner Laune fol¬
büsche nicken, und wir fühlten schon
allein im Zimmer sind, teils vor eigenem Erstaunen, nicht
gend, seine Skulpturen aus Straßenkot und tierischen Abfällen
In einem Sonett, das er dieler
recht mit der Sprache heraus und macht deshalb vor seiner
erschuf. Obschon nun, was einige andere gemacht hatten, nicht
Eulenberg aus, Schnitzler sei fast d
eigenen Brust verzweifelt konvexe Bewegungen, die andeuten
schlechter schien, zog der Pharao die Arbeit dieses Mannes den
draußen Wien noch kennten“. Da##
Werken seiner Freunde vor, „denn,“ sagte er, „einer wie großen sollen: „Der Kerl dort ist kein Mann, er hat einen Busen!!“
Kunst bedurfte es hier, uns vergessen zu machen, daß diese Fi¬ Das — niemand wird es ernstlich in Abrede stellen wollen — Schnitzler ist wirklich der einzige um
ist eine Schweinerei. Jetzt aber beobachtet nur, wie Girardi Wien geblieben ist. Die Hofmannstha
guren im Grunde nicht wohl iechen!“ Diese Geschichte ist sich
mann, sie sind körperlich, postalisch,
es bringt! Als ob ein Panzerturm von Keuschheit um sie her
selbst genug, aber sie kann auch auf Alexander Girardi an¬
blieben; geistig aber haben sie nich
gewandt werden. Und wenn Berlin so weise wäre wie jener plötzlich aus der Erde wüchse, bewegen sich seine Hände. Keine
Stadt, in der sie kein Publikum ha
Zote formt sich, sondern höchste Humanität: Gott hat den Mann
helleno=aegyptische König, so hätte es jetzt, anläßlich des wiener
Bücher verlegt und die es ihnen ü
so geschaffen wie er die Frau nicht geschaffen hat; verehren wir
Gastspiels im Lessingtheater, Grund, sich über und über zu
Texte für Fall und Lehär schreiben
ihn auch darum; ihn, der die Ulme anders gemacht hat wie die
verwundern: denn wieder ward, durch vollendete Kunst, die
ellen Weimar. Und gar Karl Kraus
Eiche Also Religion. Also für das Herz gerettet, was unter
Nase einer ganzer Stadt betrogen.
wie es im Jahre 1805 Napoleon
den Gürtel treffen sollte: höchste Humanität!
So wahr ihr, wenn ihr eine Gestalt von Shakespeare
Höchste Humanität: aus der kitschigen Operettensentimen= wenn er die Macht hätte, Kahlen= un
oder Ibsen anbreiht, die Milch eines reinsten karrari¬
terien besetzen lassen und das Tal in
talität, daß sich ein Mann mit einem Kanarienvogel unter¬
schen Steines finden werdet, so wahr werdet ihr, die
tätschen ertränken? Aber Schnitzle
hält, macht Girardi das grundlegende Zwiegespräch zwischen
Figuren eines wiener Libretto anmeißelnd, einem Mix¬
geblieben und hat gleich Girardi die
Mensch und Tier über die Lasten des Daseins. (Wie er schon
tum von Puder, Schmalz und Dreck begegnen. Eng und
Materie aufgelesen und zur Sonn
vor Jahren seine berühmteste Leistung, das Fiakerlied“ vor
stinkend wie der Bauch eines Patchoulifläschchens ist dank
bracht, wozu Peter Altenbergs Kraf
ähnlich ungeheure Hintergründe gestellt hatte. Das Kutschieren
den Bemühungen der Operette die Welt schon geworden und
reichte: das Talmi aus eigener Kraf
ols Gottesdienst, das Verwobensein mit dem Pferde als ein
allen guten Ciropäern ein rechtes Jammertal: wer zum Bei¬
spiel möchte sich noch in den Armen einer Frau reuelos glück= Schicksalsgeheiß, dies Auf=dem=Bocke=Sitzen ganz und gar um Auch ihm war es, in einer koketten
lich fühlen, solange es ein Couplet gibt „dja, ßo a Weiberl is des Lebens und nicht um der Eitelkeit willen, das war's ihr nicht immer ernst darum. Aber läng
a Freid, Djössas na!“ oder wer sich am Verkehr mit der Archi= Leute, was euch Tränen erpreßte; und nicht etwa die Glori-der Dichter des süßen Mädels. Ein
tektur ergötzen, solange das Wahrzeichen Wiens in den Straßen sizierung speziell wienerischen Fuhrwesens war daran schuld.) getreten, eine begierdelose und schöne
Jenes Zwiegespräch mit dem Kanarienvogel wird von Girardi Auge=Fassen der Dinge. Die wissen
mit den Worten angesprochen werden darf „Eiserner, eiserner
Rathausmann, g'fang mit mir a Verhöltnis an!“ Schon er= nicht schlechter gespielt als Homer die Begegnung des freudig bekennen, daß der heutige
deutender sei als der vor zwanzig
hebt sich, da die Welt mit Schiebern und Fiakern, Mizzi und Odysseus mit dem Hunde geschrieben hat — und gerade
Was mir der Schnitzler von heut
Strizzi sich immer drohender und atemquälender bevölkert, Welt= hier erwächst für jeden Liebhaber des Schauspiels die Frage:
Ein Gleichnis muß herbei das mi
warum muß sich dieser Künstler überhaupt an so Unwürdiges
flucht allerorten, und, schwarze Fahnen hoch erhoben, stürzen
In einer der sonderbaren Transposi
verschwenden? Wenn seine Natur ins Klassische sich schon nicht
die Besten in die Arme der Askese. — Gott aber, der weder das
zu geben pflegen, sah ich Schnitzler
fügen wollte, warum begibt er sich nicht in den Dienst des
feiste noch das magere Scheusal meinte, hat ein Einsehen und
ein englisches Landhaus im Wiener
Mannes, der, als einziger gleich ihm, ein Wiener bleibend
schickt Girardi. Diesen Girardi, der durchaus nicht, wie man
weiß getäfeltem Raume von kühlen
das wiener Wesen geadelt und an Gott zurückgegeben hat?
zu glauben pflegt, der Urtypus des Wieners ist, sondern dessen
rinnen der Tisch gedeckt, eine wel
Warum bringt er uns nicht die Menschen Arthur Schnitzlers?
Vergottung, dessen Rückbindung an die Kultur, ans Große
schnellte die Treppe herauf, dann
Arthur Schnitzler: wenn in den letzten Tagen unsere Ge¬
Leben. Das ist das Verhältnis Girardis zu Wien: daß er
Klavier erklang im leisen Zugwind
danken vom Parlamentskonflikt, vom dänischen Thronwechsel,
es in die Hände nimmt, ballt und Gott zurückgibt. Siehe,
weise zur Tür herein, sie lächelte
vom Türkenkrieg gleichwie in eine plötzlich aufgetane Heimat
es stinkt nicht mehr! . .. Dies Heiligbringergleichnis wäre,
hinaus; an vielen Fliederbüschen v#
zu diesem stille leuchtenden Namen immer wieder zurückirrten
meint ihr, Blasphemic? Nicht einmal Uebertreibung ist es.
— da fühlten wir auf einmal, wie reitungslos von je die Taten lang zur Donau tauchend zerfloß
Bedenkt doch einmal, mit welcher Materie dieser Mann seine
Heinr
Teteee: lichen Handlungen varzunehmen hat! Er befindet dieses nun Fünfzigjährigen unser Herz umstellt hatten. Eine