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mit Genugtnung ausgenommen werden, obgleich „Zwischen¬
#trotz seiner Feinheiten nicht zu den tritisch einwandlosesten
hatischen Werken Schnitzlers gehört. Mit der Zuerkennung des
sises drückte das Kollegium den gesamten Werken dieses sein¬
igen Poeten die bedeutendste Anerkennung aus, über die
berfügt. 94 Stücke standen in Konkurrenz und in den letzten Tagen
Neues Wiener Ivurnal
es, daß die Jury in ihren Entschlüssen wankend sei. Man sprach
von der „Rabensteinerin“ Wildenbruchs und von „Familie“ von nur sagen, daß ich in ihm die Beziehungen gegenseitiger Wiener
Schönherr als von Werken, von denen das eine oder andere Schichten und sozialer Gruppen darzustellen versucht habe.“
Phantasieleben und Wirklichkeit, das ist ein Kapitel, über
den Preis erhalten solle. Schließlich entschloß man sich für
welches ich Ihnen noch mancherlei sagen könnte. Sie fließen im
Schnitzler, wohl in der Erwägung, daß diesem Dichter eine lange
Leben eines Produzierenden oft in einander, und zuweilen
und vielfältige Reihe von wertvollen dramatischen Werken zu
ertappe ich mich dabei, daß mir ein Phantasiebild einen Moment
verdanken sei. Den Preis erhielt bereits dreimal Gerhart
lang wie etwas erscheint, das ich wirklich erlebt habe. Doch,
Hauptmann für den „Armen Heinrich", „Hannele" und
„Fuhrmann Henschel“, und einmal Otto Erich Hartlebensich habe schon zu viel von mir und meinem Schaffen gesprochen“,
schloß der Dichter, indem er mir mit freundlichstem Lächeln die
für „Rosenmontag". Unter den österreichischen Dichtern wurde
bloß Ludwig Anzengruber mit dem Preis einmal aus= Hand reichte ...
gezeichnet.
„Zwischenspiel“ entstand im Jahre 1904 und wurde zum
erstenmal am 12. Oktober 1905 und zuletzt am 6. September
1907 am Burgtheater aufgeführt, im ganzen 17mal. Das Stück
behandelt ein interessantes psychologisches Problem aus dem Ehe¬
leben eines Künstlerpaares und es ist mehr auf das geistvolle
Räsonnement als auf starke dramatische Vorgänge gestellt.
Einer unserer Mitarbeiter suchte gestern unmittelbar nach
der Entscheidung der Jury Herrn Artur Schnitzler auf und
berichtet uns über seine Unterredung wie folgt:
Bei Artur Schnitzler.
Auf einem Spaziergange um den Türkenschanzpark, in dessen
Nähe Schnitzler seit einigen Jahren sein Heim aufgeschlagen hat,
treffe ich den Dichter an, noch überrascht durch die ihm kurz
vorher zugegangene Nachricht von der Zuerkennung des Grillparzer¬
Preises. Daß ihm die Auszeichnung und insbesondere dem
„Zwischenspiel“ zuteil werden wird, daran hatte Schnitzler nicht
gedacht, zumal die Nachricht zuletzt kursierte, daß das Kollegium
Schönherr und Wildenbruch in Betracht gezogen habe. Wir gehen
eine Strecke lang an verschneiten Gärten und Villen vorbei, sehen
einen Moment der Schuljugend zu, die auf etwas abschüssiger
Bahn unter Lachen und Lärmen dem Rodelsport huldigt.
„Eigentlich gehört „Zwischenspiel“ nicht zu den Sachen, die
mir innerlich nahestehen,“ sagte Schnitzler, „seine kleine Welt er¬
scheint mir zu abgeschlossen, die Fenster der Stuben, in denen das
Stück spielt, sind einem kleinen Garten zugewendet, und es ist mit
dem ganzen Drama so, daß von ihm kein Weg ins große Leben
führt, zu anderen Menschen. Es fehlen die großen Beziehungen
zu einem Allgemeinen und deshalb wohl kann es mich
nicht befriedigen. Mir selbst ist der „Einsame Weg“, ja auch
„Der Ruf des Lebens“ durch seine ersten Akte, auf denen, wie
ich glaube, Schicksalsschwere liegt, sympathischer. Es ist bei mir
so, daß ich eine empfangene Stimmung oder Idee in einem ein¬
zigen Werke nicht in allen Verzweigungen und Nuancen ausgebeu
kann, daß mir noch ein Ueberschuß bleibt, der in mir aufs neue
produktiv wird und mich zu anderen Gedankengängen und Stim¬
mungen hinüberführt. „Zwischenspiel“ ist abgeschlossen und für
mich abgetan. Anders, wie noch bei vielen Sachen, erging es mir
beim „Einsamen Weg“. Gestalten, die ich in dieses Stück bannen
wollte, lösten sich los, kamen in andere Konflikte und es ent¬
standen andere Stücke, Szenen. Diese Sachen haben dann keine
andere innere Verwandtschaft als vielleicht etwa des Tones und
der Stimmung, die mir vielleicht eigen sind. Oder aber es ge¬
schieht, daß ich ein Stück oder eine Novelle fast bis zur Voll¬
endung bringe, es aber in einer Stimmung der Abneigung lange
liegen lasse, und eines Tages ruft es mich gleichsam wieder an,
meldet sich, aber nun ist alles in mir anders und das Stück
erhält eine innere Umformung, hat sich in mir stilisiert und es
wird etwas ganz anderes, gehört dann einer anderen Stilart als
der zuerst gedachten an.
„Es gibt in den Schaffensprozessen, die ich durchmache,
Unterströmungen in mir, die mich nach verschiedenen Richtungen
oft führen. Mein Sinn für das Leben und das Wirkliche wird
zuweilen abgelenkt, hin zu einer Traumwelt, zum Märchenhaften.
Sie werden das in meiner neuen Produktion vielfach finden, und
ich habe mich, vielleicht nur vorübergehend, Stoffgebieten zu¬
gewendet, die meiner Phantasie den freiesten Spielraum lassen.
Deshalb begrüße ich die Bestrebungen und Leistungen Rollers in
der wärmsten Weise. Die Dekorationskunst dieses modernen
Meisters ermöglicht die Aufführung von Werken, die ausschließlich
von der Phantasie inspiriert sind, weckt mit ihrer knappen
Sprache, ihren Andeutungen und durch den Mangel einer künst¬
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lichen und illusionstörenden Wirklichkeit beim Zuschauer die stärkste
Illusion und, was viel mehr ist, Ideenassoziationen, die ein Mit¬
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