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0. Antisenitien

box 40/6
Observer
Wien I. Wollzeile 11
Telephon R—23—0—43
Die schönere Zukunft Wien
Z. MRZ.
E ZUKUNI“
Ste 540
Treue und durch diesen Akt der Treue gegenüber der Kirche
Christi. Die Idee des Reiches ist jene großherzige Herr¬
schaft, die staatlich-politisch Stämmen und Völkern die äußersie
Freiheit und Selbstbestinnnung gewährt unter der einzigen Be¬
dingung, daß das letzte Band, welches die Einheit selber isl,
nicht verletzt wird; der reine, unverfälschte katholische Glaube.
Preußen als preußischer (sc. häretischer) Geist ist von An¬
fang an Minderer des Reichs' der Deutschen. Das sogenannte
Zweite' Reich brachte ein gewalliges Minus, ausgeschlossen wa¬
ren die ältesten Provinzen des unbelleckten Glaubens und der
alten, der größten, der Mittelmeerkultur. Welche Provinzen wird
dem Deutschen das „Dritte Reich' kosten? Welche das vierte
und fünfte? .
Das fünfte und sechste Reich wird endlich das
Reich’ auf Mecklenburg oder Pommern reduziert haben.“
Die politische Entwicklung in Deutschland ist eine ausge¬
sprochene Rechtsentwicklung. Ihr durch Sichversteifen auf
wesilerischen Liberalismus und Demokratismus entgegenzutre¬
ten, wäre ebenso unsinnig wie aussichtslos. Es kann sich nur
darum handeln. Psendokonservatives durch wahren Konserva¬
tismus zu ersetzen. Diesem wahren, gesunden, ehristlichen
Konservatismus zum Durchbruch zu verhelfen, ist derzeit die
politische Hauptaufgabe der deutschen Katholiken.
Dr. Franz Sievering (Wien): Jüdischer Ein¬
spruch gegen den Hirtenbrief des Bischofs
von Linz.
Der letzte Hirtenbrief des Bischofs von Linz — „Schönere
Zukunft“ hat ihn in Nr. 19 nachgedruckt — ist unseren Lesern
noch in Erinnerung. Es war fast zu erwarten, daß die Juden auf
jenen Teil des Briefes antworten würden, in dem sie freimütig bei
Nainen genannt waren. Freilich hat der Bischof den Rassen¬
antisemitismus und die Verfolgung der israelitischen Religion un¬
zweideutig verurteilt, und das erkennen die österreichischen
Juden auch gerne an. Aber sie wehren sich gegen „Pauschal¬
anklagen“ und falsche Verallgemeinerungen. So nämlich lesen
wir in der Entschließung, die die „Union österreichischer Juden“
gefaßt hat:
„Alle im Sinne der katholischen Kirche unerfreulichen Erscheinun¬
gen im modernen Kullurleben vorwiegend dem Judentum zuzuschrei¬
ben, ist unbillig und ungerecht. Während der Hirtenbrief den An¬
schein erwecken will, als ob der schädliche Einfluß des Judentums'
auf „viele gottentfremdete Juden' zurückzuführen sei, enthüllen die
Hinweise auf Ghetto und Judenvertreibungen in früheren Zeiten —
in denen es wohl nicht viele gollentfremdete Juden’ gah — und die
Forderung nach Ausnahmebestimmungen gegen das Judentum in Ge¬
selzgebung und Verwallung die wahren Absichten und die Tendenz
eines Hirlenbriefes, der, soweit er die Beziehungen zwischen Christen¬
tum und Judentum anlangt, nur geeignel ist, all den geistigen Unrat
und die unsittliche Schlammflut’ zu vermehren, die nicht, wie der
Hirtenbrief sagt, vorwiegend vom Judentum, sondern vorwiegend vom
Antisemitismus aus die Well zu überschwemmen drohen. Die Ach¬
tung vor dem hohen kirchlichen Amt hätte unserer zur Wahrung der
Staalsbürgerlichen Rechle der österreichischen Judenschaft berufenen
Vereinigung jede Kritik des Hirtenbriefes untersagl, wenn nicht der
Träger dieses Amtes es für gut befunden hätte, in den politischen
Kampf sich mengend. Angriffe gegen die Ehre und die Rechtsstellung
des Judentums zu eröffnen.“
Dazu haben wir zu sagen: Die Wehleidigkeit unserer jüdi¬
dischen Mitbürger ist erstaunlich. Sie selbst pflegen ja die
Christen, wenn sie ihnen irgendwie im Wege stehen, nicht eben
Sanftmülig zu behandeln. Aber im Ernst: gegen wen wendel sich
der Bischof? Doch nur gegen die religionslose, entwurzell Juden¬
heit die das deutsche Kullurlehen in allen seinen Bezirken