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I
1. Miscella, ous
box 41/2
Telephon 12801.
Alex. Weigls Unternehmen für Zeitungs-Ausschnilte
44
HOBSERTER
L. österr. behördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-York,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Berliner Börsencourie
vom:
*Vor den Coulissen.
Das junge „Lustspielhaus“ hat sich in den
wenigen Wochen seines Bestehens bereits das Interesse
der literarischen Kreise und ein gewisses Stamm¬
fpublikum erworben. Ein wichtiger Erfolg für eine
neue Bühne. Freilich gewährleistet er darum noch
keine Erfolge für die neuen Stücke. Bei aller Sym¬
pathie für das neuerstandene Institut hat das
besondere
keine
ausverkaufte Haus gestern
Sympathie aufbringen können für das dar¬
den lebhaften Beifall,
In
gebotene Stück.
den Arthur Schnitzler als trefflicher Chorführer
schon vor der Aufführung des Werkes anstimmte, fiel
das Publikum gestern nicht ein. Fiel ihm nicht ein!
Und doch ist weder der warme Beifall Schnitzlers un¬
aufrichtig, noch das kühlere Urteil der gestrigen
Zuhörerschaft ungerecht. Es ist eben nicht gar so
selten, und es war anscheinend diesmal der Fall, daß
ein Stück beim Lesen mehr bietet als bei der Auf¬
führung. Die „Fesseln der Liebe“ haben
gestern nicht gefesselt.
und
Das Stück ist gelegentlich der Pariser
gelegentlich der Wiener Aufführung an dieser
also
Man kennt
Stelle besprochen worden.
der
Jüngling,
dem
von
Geschichte
d
verlobt ist, aber von seiner Geliebten nicht lassen
kann. Er feiert mit ihr wochenlang wehmütigen
Abschied. Als er aber bei solch einem Sektabschied
erwischt wird und nun aus der Verlobung nichtt
werden soll, da entdeckt er plötzlich die Liebe zu seiner
Brant. Auch sie wird durch die Trennung zur Liebe
geführt, und so finden die beiden sich denn wieder,
indes die Geliebte entsagt — wehmütig, aber doch mit
der Aussicht auf einen Tröster. Im „Abschieds¬
Souper“ von Schnitzler selbst vollzieht die Trennung
sich schneller und ergötzlicher.
Der kleine und nicht gerade sehr überraschende“
Gedanke, der dem Stücke zugrunde liegt, der Ge¬
dunke, daß keine Schmerzen die Liebe erhalten
„Petit chagris“ lautet denn auch der besserei
sranzösische Titel), ist er breit und eintönig be¬
nicht eben klar zum
handelt und kommt
Eine weymütige Stimmung liegt
Ausdruck.
immer wieder hinausgezögerten
zunächst über dem
aares. Etwas von der weichen,
Abschied des
die der „Amants“ von Donnay#
schmelzenden
*.. Die Liebe in Konflikt mit einer
klingt da
das ist immerhin eine Idee, eine
Verlobung
Eilnation. Aber der Mann, der erst zähl
dramatise
an der ##oten hängt, weil man ihn verloben will,
der aber ann mit aller Leidenschaft zur Braut strebt,
weil man die Verlobung lösen will — dieser Mann
wird schließlich läppisch und verliert unser Interesse.
Um seiner kleinen Idee, um seiner These willen hat
sich Maurice Vaucaire sein Stück verdorben.
Die drei Akte, so kurz sie an sich sind, verarmen
schnell, leiden an Längen und ermüden. Die Ueber¬
setzung von Otto Eisenschitz, der sonst manche
schöne Uebertragung lieferte, scheint in allzugroßer
Eile angefertigt und hat nichts getau, die Monotonic
zu bannen. Der Dialog wimmelt von französischen,
Wendungen wie etwa: „Und der Brief an Deine
Mutter? Wolltest Du ihr nicht schreiben?“
Die Jufzenierung von Victor Barnowsky¬
hat sehr viel getan, um dem Werke einen reizvollen
Nahmen und eine gewisse Frische zu geben. Die dres
Szenerien boten wahre Meisterwerke echter und
intimer Bühnen=Ausgestaltung. Die Kolonnade vor
dem Brunnentempelchen eines Badeortes, das raffiniert
ausgestattete Ertrazimmer und Souper in einem