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1. Miscellaneous
Bezugspreise:
910
Für Wien und Rudwärts
(anit =Zirstellung):
ganzlährig.... 51 I
vierteljährig 6
monatlich K 7 h
Für Dentschland:
9 K S H
vierteljährig.
omt 8 Mrck.
Länder des Weltpostvereines
D
Aora
vierteljährig 12 K oder 10 Marl
Inserate
werden in der Verwaltung der
„Reichspost“, VIII. Strotzigasse 4.
Wgtture
sowie in allen Annoncenburea u
Unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Oesterreich=Ungarns.
des In= und Auslandes angenommen
KER
per A
Wien, Freitag, den 3. Jänner 1908.
Nr. 3.
P
W A
# eeregen ung
Freunde, welche entsetzliche Zeit es für Deutschland sei, kein
waren die Herren Paul Lindau und Oskar Blumenthal
niedrigung.
großer Feldherr sei in einer hohen Stellung und so mancher
die eigentlichen Begründer und Matadoren dieser Gilde, es
Wien, am 2. Jänner 1908.
Caesar ginge hinter dem Pflug her und könne sein Talent
folgte ihnen Herr Lubliner, es folgte ihnen Sudermann im
es eine althergebrachte Sitte,
nicht zur Geltung bringen.
wallenden Bart, es folgte ihnen Meyer=Förster und
sich fragen, ob und auf welchen
Philippi, es folgte ihnen Schönthau und Kadelburg,
Aehnlich verhält es sich mit den deutschen Dramatikern.
en wurden, die dauernd in das
Krantz und ungezählte andere. Um die Kunst war es
So manches gute, ja treffliche dramatische Werk wird im
ergehen.
diesen geschäftigen Herren nicht zu tun, sondern allein um
Schreibtisch für immer vergilben, weil es keinen Verleger
ist es her, daß Friedrich
das Verdienen. Welche Ware am Theatermarkt gefordert
findet, noch weniger einen Bühnenleiter, der es aufführt.
m Theater, die hohe Aufgabe
wurde, lieferten und liefern sie prompt — aber nicht billig
Denn wer heute in das Haus Thaliens oder Melpomenens
iehungsanstalt des Volkes zu
an Direktoren. Die Agenten protegieren sie am energischesten,
einziehen will, muß zunächst einem Klüngel, der unter dem
am Ende dieses Jahrhunderts
denn sie ziehen von ihnen die höchsten Prozente, die Theater
Strich gewisser Blätter schlimmer wie Nero und Busiris
Theaters von dem Weg, den
reißen sich um ihre „Werke“, ehe sie noch geschrieben werden,
herrscht, sich auf Tod und Leben, mit Haut und
igt, abgewichen? Nicht als
ja die Bühnen zahlten und zahlen in Form von „Garantie¬
Haaren als Diener, ja Sklaven verschreiben und einem
gan Männern mangelte, die
summen“ einen großen Teil der Tantiemen ihnen im
Berliner=, Wiener= oder Münchner Literatenstammtisch als
hoher Begabung, vom Genius
voraus. Blumenthal soll einmal geäußert haben: „nach der
getreues Mitglied angehören. Hat er durch jahrelangen
ffensstunde bedeutsame Werke
ersten Million schnapp' ich ab“. Die erste Million hat er
Dienst sich einen Platz am Parnaß ersessen, so nimmt sich
Auch die großen Gegner ziemt
lange, lange schon verdient, aber abgeschnappt hat er immer
ein Berliner, Wiener oder Münchener Theater seiner an
Miemand wird einem Ibsen,
noch nicht, jedes Jahr beschert er uns 2 bis 3 „Komödten“,
und je nach der größeren oder kleineren Beliebtheit bei
Ak, und in bescheidenerem Maße
die wir über uns ergehen lassen müssen.
seinen literarischen Stammtischgöttern wird er der Welt und
Hoffmannsthal und Schnitzler.
Wenn der Deutsche komisch=lasziv wirken will, wird er
einem staunenden Publiko als Genie oder beachtenswertes
Talent und das lautere Be¬
gemeinhin plump, nur in ernsten Stücken bringt er es fertig
Talent vorgestellt. Ist gehörig genug für ihn Reklame ge¬
a, lebenswahr und mächtig
macht und erscheinen seine Werke gar bei Langen oder
lasziv zu werden, dann heißt man es aber psychologisch
uck zu bringen, absprechen.
Fischer, so ist ihm für die nächsten zehn Jahre „literarischer
und respektiert es im Publikum. Weil dem so ist und weil
Männer die Bühnen und gibt
die Laszivität nun einmal neben der Situationskomik und
Nachruhm“ gewiß, er gehört plötzlich „zur geistigen Elite“
#nche andere, die es verdienten,
der Nation.“ Schreibt er nicht gar zu öde, ist er auch nur
der Gartenlaubentragik die beste Kassenfüllerin ist, so über¬
enen man das Wort nicht ver¬
halbwegs ein Theatraliker oder redet er den Hörern ein, er
schwemmen Agenten und Direktoren Oesterreichs und
beantworten, müssen wir etwas
habe tiefe Gedanken, so ist auch seine Bühnenlaufbahn ge¬
Deutschlands Schaubühnen — die moralischen Erziehungs¬
ist, daß die Kunst und die
macht, die großen Agenturen von Bloch und Eutsch
anstalten Schillers — mit den größten und gröbsten Pariser
#nd, das heißt, daß die ganz
oder Langen selbst empfehlen ihn so dringend jeder Bühne,
Cochonerien und verdrängen durch diese Zotenliteratur
Meister zum Gemeingut aller
daß er überall an deutschen Theatern aufgeführt wird. Es
unsere ernsthaften Autoren immer mehr und mehr von der
ß ist es, daß in erster Linie
sei gar nicht geleugnet, daß so manches schöne Talent auf
Bühne oder verschließen sie ihnen gänzlich. Liest man
Wissenschaft, seine nationale
diesem Weg wirklich zutage gefördert wurde, aber wie viel
Berliner und Wiener Theaterzettel, so glaubt man oft sich
Denken und Empfinden kon¬
Flittergold ward uns dafür als echtes angepriesen, welche
in Paris zu befinden, aber in einem Paris, wo es nur
die der gesamten Menschheit
poetischen Wasserlöpfe machten sich vor uns breit!
Vaudevilletheater gibt! Greti und Pleti freuen sich baß
same und seltene Erscheinungen.
Bisher haben wir es noch mit den Poeten zu tun ge= an der gebotenen „pikanten Kost“ und ahnen nicht,
unseren Bühnen auch die
habt, die sich, so weit es ihre Kraft erlaubt, ernsthaft um wie der Geschmack immer mehr und mehr korrumpiert und
egt werden sollen, so in erster
das ethische Empfinden zerstört wird.
wir deren wirklich so wenige? den imaginären Lorbeer bemühen. Nun haben wir von
„Mit dem Ernst und der Anständigkeit in Sitten hatte
ischen Zwingherrschaft klagte einer anderen, weit größeren Schar zu reden, der einige
die Poesie ihren gesundesten und festesten Nerv verloren:
vertrauten Brief einem seiner Inländer und viele Ausländer angehören. In Deutschland