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11. MiscellanJus
S
Horde fiel wie wahnsinnig über mich her. Ich ließ sie bellen — die
haben. Darauf wendete sie sich um und sah, daß unsere Kaiserin
Sache hat sich überlebt, oder wie Sie selbst es pathologisch viel
wartete, um mich anzusprechen und trat zurück. Diese schritt nun
prägnanter bezeichnen würden, sie liegt in der Agonie, und darum
auf mich zu und sprach solange über Amerika und über die
täte es mir weh, wenn Sie in der letzten Stunde noch von dem
Fahrt, über alle Details, daß Baron Nopsca hinzutrat
Leichengift inficiert würden.
Reißen Sie sich kräftig heraus, wie es Fulda getan — auch
und sie unterbrechen mußte, damit sie auch zu den
er glaubte, dem Moloch „Realismus“ sein Opfer bringen zu müssen
anderen gehe. Hierauf trat der Kaiser an mich heran,
a
und schrieb die „Sklavin, die seinen Dichternamen beinahe ge¬
sagte mir, daß er mich schon in Gastein, trotz der Dunkelheit,
r
opfert hätte, da stürzte er sich kopfüber in das heilbringende Bad
der Poesie und schuf ein reizendes hochpoetisches Werk „Der
erkannt und gratulierte mir zu meinen Erfolgen in Amerika. Ich
er
Talisman“, der ihm selbst hoffentlich auch ferner ein Talisman
erwiderte, daß das Burgtheater diesen Erfolg errungen, und er
en
Jüngeren Allen ein kräftiger
bleiben wird, und Euch
hn replizierte, daß es ihn freue, daß ich bei jeder Gelegenheit das
in dem keuschen Tempel der Poesie
Sporn, Eure Lorbeeren nur
Burgtheater in den Vordergrund treten lasse. Zum Schlusse sagte
mit seitem „Meister von Palmyra“
zu suchen. Und ist Wilbrandt
nicht der schlagendste Beweis? und doppelt schlagend, weil er ja
er=ser noch: „Ich habe noch keine Gelegeeit gehabt, Ihnen zu
auch, wenn er's sein will und die Dichtung; es erfordert, sehr
ich habe schon
er= sagen, wie sehr mich Ihr Wallenstein entzückte
realistisch sein kann; allerdings nicht in Euerem Sinne — gemein
lich viele Wallensteins gesehen und gehört, aber so vollkommen hat
ist er nie gewesen und wird es auch nie sein aus dem einfachen
ihn noch keiner — keiner (er wiederholte dies zweimal) dar¬
Grunde, weil er es eben nicht sein kann, weil seine edle Künstlernatur
der
gestellt“ — Ihr könnt Euch denken, wie mich das freute! Ich
sich dagegen auflehnen würde.
cken
Und nun, lieber Arthur, verzeihen Sie mir die etwas lange
stotterte einige unverständliche Worte und wurde nur durch ein
itter
und und etwas harte Epistel, aber ich mußte mich einmal los¬
gnädiges Kopfnicken des Kaisers aus meiner beengenden
den
sprechen. Und daß ich es gerade Ihnen sage? Weil es schade um
Situation befreit. — Hierauf trat der Kronprinz zu mir, reichte
Ihr wirklich reizendes, schönes Talent wäre und — weil Sie
und
schließlich der Sohn meines Freundes siad.
mir die Hand, frug mich zunächst, wie es Hartmann ginge, und
einer
Herzliche Grüße von Ihrem treu ergebenen
war sichtlich erfreut, als ich ihm sagte, daß es täglich besser gehe;
Eier¬
A. Sonnenthal.
auch nach Leitenberger (den bekannten Großindustriellen) frug er
Die Antwort Schnitzlers ist nicht minder charakteristisch.
Hart= mich, nach Szeps (Moritz Szeps, der glänzende Wiener Publizist,
Leider müssen wir es uns heute versagen, sie wiederzugehen. Es
einem der dem Kronprinzen sehr nahe stand), nach dem Grundelsee 2c.
wäre überhaupt eine lohnende Aufgabe, aus den Schriftsteller¬
ver=Auch über Amerika sprach er viel mit mir — und endlich kam
briefen an Sonnenthal manch literarisches Porträt zu
der auch Erzherzog Karl Ludwig auf mich zu, sagte, sie wären schon
retuschieren.
eschloß eilig, aber er wollte nicht fortgehen, ohne mich zu begrüßen, und
Zahlreiche Porträts und Kostümbilder, die die Publikation
in zu indem er sich wendete, da der Hof bereits aufbrach, rief er mir
des Briefwechsels Adolf v. Sonnenthals schmücken, rufen uns
noch zu: „Sie werden schon in Reichenau bei Herrn Fränkel
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erwartet — viel Vergnügen dort!“
wehmütig die Erinnerung an den großen Meister zurück, an
i seine
Charakteristisch für Sonnenthals Stellung zur Moderne ist
seine imposante Bühnenerscheinung, und mancher Leser wird beim
atiert.
Anblick dieser Bilder auch den seelenvollen Bruftton Sonnenthals
ein Brief an Artur Schnitzler, den wir zum Schluß dieser
läßlich
flüchtigen Stizze der großartigen Briefsammlung wiedergeben. Er
im Ohr wieder klingen hören. Nichts in dem Buche aber
kaiser¬
legt für den Menschen Sonnenthal und seine innere Schlichtheit,
Fest= lautet:
Wien, 16. Dezember 1892.
seine Bescheidenheit und feinen Stolz ein ergreifenderes
olter,
Mein lieber junger Freund!
Zeugnis ab als die Mitteilung, die die Herausgeberin an die
Die
Die unfreiwillige Muße, die mir eine heftige Angina auf¬
Spitze der Einleitung zum Briefwechsel gestellt hat. Sie erzählt:
amen
erlegte, benutzte ich, um Ihren „Anatol“ durchzulesen. Ich habe ihn
Mein Vater hat keine Memoiren hinterlassen. In einer Lade
issen,
auch von der ersten bis zur letzten Zeile durchgelesen und ich habe
seines Schreibtisches aber, in einem einfachen Kästchen aus schlichter
die
mich durchgeärgert durch alle Leidensstationen dieses Calvarien
schwarzer Pappe ruhen drei Dokumente; es sind dies das Zeugnis
bergs, auf dem Sie Ihr heiliges Ihnen von Gott gegebenes Taleut
bis
vom Schneidermeister Wilhelm Prager in Pest aus dem Jahre
selbst ans Kreuz schlugen! Pful Judas!
iren.
Es sind sehr harte Worte, die ich Ihnen da sage, aber
1850 und das „Gesellen=Einbringbüchel der bürgerlichen Schneider¬
tand
fürs erste berechtigt mich meine langjährige Freundschaft zu
Ihrem Hause dazu, und dann, weil Sie wirklich ein be= innung“ in Wien, als Adolf Sonnenthal drei Wochen, später bei
chste
gabter talentierter Mensch sind und weil ich selbst unter Meister Peschek als Gefelle eintrat, und dann das Dekret, mit
zu,
dem schmutzigen, glimmernden, gleißenden Quarz das Edel= dem am 15. Mai 1859 Adolf Sonnenthal vom Kaiser zum
der
metall Ihres Talentes strahlend hervorleuchten sah. — Ich spreche
nicht mehr von Eurer sogenannten „rcalistischen" Richtung — ich wirklichen pensionsfähigen k. k. Hofschauspieler ernannt wurde...
sten
Mar Foges.
habe mir einmal darüber in Berlin das Maul verbrannt und die
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