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1 Miscellaneons
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Theodor Herzks Abkehr vom
Theater.
D Wientr Nromer
913•600
Interessante Briefe an Arng Scmiier
Jahrelang hatte Theodor Herzl, G vergeblich, dann mit
bedeutenden Erfolgen, um das Theates und seine Wirkungen
gerungen. Einen seiner größeren Er##leshatte er Mitterwurzer
zuerst zu verdanken, der seinen CTasarch“ auf „Gastspiel¬
reisen spielte. Später erfolgte Herzls Bhsammenarbeiten mit
Hugo Wittmann. In seinen entscheidendeß Mannesjahren ging
eine Wandlung in ihm vor. Sein bisherige# literarisches Streben
erschien Herzl allzu leicht wiegend und speelkrisch. Aus dem Zu¬
schauer und Träumer entwickelte er sich zu einem Mann der Tat,
der zuerst sozialen Reformen nachsann. Paris und sein politisches
Leben,
das der Verfasser der Skizzen aus dem
Palais Bourbon so tiefen Einblick gewann, hatten diese Wand¬
lung in ihm zur Reife gebracht. In seinen Briefen an Artur
Schnitzler gibt Herzl interessante Aufschlüsse über seine Abkehr
vom Theater. Es sind Bekenntvisse von großem psychologischen
Reiz. Sie sind in dem von uns bereits besprochenen Werke von
Professor Kellner enthalten.*)
Herzl schreibt unterm 16. November 1892: „Ver¬
ehrter Freund! Was aus Ihrem Briese spricht, ist das Wiener
Découragement. Kenn' ich. Es wird durch Ortsveränderung
geheilt.
Ein anderes ist das meinige. Ich bin von mir abge¬
kommen. Das ist der Grund, warum ich Ihrem so freundlichen
Wunsch, Ihnen etwas von mir zu schicken, nicht entspreche. Ich
kann diesen Wunsch eben nur für eine Freundlichkeit halten, und daß
ich bei einer gewissen Einsicht, zu der ich herangealtert bin, doch
nicht so frei von Eitelkeit bin, um das Gelesenwerden nur der
Reziprozität verdanken zu wollen, werden Sie begreiflich finden.
Ja, mein lieber Schnitzler, es gibt schon Leute, die um
zehn oder gar fünfzehn Jahre jünger als wir und fertige
Künstler sind. Ich weiß ganz wohl, daß darin einige Melancholie
liegt. Aber wir wollen uns nur freuen. Sie speziell sind wie
die jungen Mädchen, die erst spät in die Gesellschaften ge¬
kommen sind. Man sieht Ihnen Ihre dreißig Jahre nicht an -
verstehen Sie es im guten Sinne.
Wenn Sie mich, wie Sie im Sommer schrieben, immer
ein Stück Weges vor sich sehen — der Vorsprung ist it Müdig¬
keit bezahlt gewesen, und heute, wie gesagt, sitze ich schon auf
einem Stein der Landstraße und lasse die anderen an mir
vorüberkommen.“
Dann einen Monat später: „Meine Munuskripte! Ich habe
sie vergessen. Von der Kunstübung ist mir nur etwas Liebe zur
Kunst geblieben und an manchen Tagen und in verlorenen Stunden:
ein Heimweh nach der Dichtung. Nicht ungestraft ist man Jour¬
nalist. Ich bemühe mich, dieses Metier, das der kleine reizende
Hoffmannsthal verachtet, so unpanamistisch als möglich zu be¬
treiben und schaue der Politik zu.
Manchmal komme ich mir vor wie David Coppersield, der
Stenograph — erinnern Sie sich der wonnevollen Stelle? —
und manchmal halte ich mich für einen Staatsjuristen.“
Noch aufschlußreicher ist der nachfolgende Brief:
„Mein lieber Freund! Wie ernst muß es mir mit meinem
Eutschluß sein, meine Theaterstücke begraben sein zu lassen, wenn
ich sie selbst auf Ihre liebe und unter solchen Umständen wieder¬
holte Aufforderung nicht bervorbole.
Neues Wiener Journal
Verzeihen Sie es mir, aber ich will nichte mehr dost mir
wissen, ich bin nur mehr Journalist. Ich gehe als Komsortabel¬
pferd in der Gabel un
wenn eine Militärmusik vorüber¬
nur