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Miscellaneous
box 42/1
Sonntag
Seite 20
Selbstverständlich sogleich und sehr bußfertig. Sie hatte diese der
Selbstbescheidung lächelnd entgegengenommen und sich auch mit sei ge
dieser zweiten Besetzung zufrieden gegeben. Anscheinend. Aber Zeit
schickte sie dem Dichter diese Karte, die ihm sagen sollte: Ich bin Stell
ja doch nicht so dumm, wie Du meinst, und den Schwindel mit nien
dem Herrn Dr. L. F. glaube ich Dir nicht, mein Lieber . . . ausz.
Was soll man machen, wenn die Leute so witzig sind? daran
Oder vielmehr, nein: meine Existenz scheint sich in einen Witz zu erbär
sublimieren. Denn wenn es wahr ist, wie es Raoul Auernheimer Und
irgen
einmal so hübsch formulierte, daß der Witz eine Wahrheit ist, die
man gerade in diesem Augenblick nicht erwartete — — du lieber krank
Gott, ich fange an, eine höchst unerwartete Wahrheit zu werden! Kame
Bozen
Eine wirklich witzige Wahrheit. Denn ich bin unwahrscheinlich
Woch
und wirklich zugleich.
Die Sache beginnt sehr, sehr peinlich zu werden. Es gibt wiede
Situationen, in denen man den Kopf verlieren kann. Nach einer
Premiere trat ich neulich mit einem befreundeten Schauspieler Weg
aus dem Bühnentürl des Deutschen Volkstheaters. Dort wartete, errei¬
wie das bei Premieren so üblich ist, ein stattliches Häuflein der
junger Enthusiasten. Als sie meiner ansichtig wurden, schrien sie er zu
sofort unisono: „Hoch Schnitzler!“ Das war mir doch zuviel, liebe¬
Ovationen einer begeisterten Menge zu empfangen, das grenzt an zer¬
Betrug. Und in meiner Erregung brüllte ich ziemlich unbesonnen: in di¬
„Ich bin ja nicht der Schnitzler, ihr Trottel!" Jetzt erwartete krank
ich, gelyncht zu werden. Statt dessen sagte einer der Vordersten, nicht
der offenbar über seine Jahre gebildet war, seelenruhig: „Dös
er w.
macht aa nix. Hoch Föld!
Uebrigens der Unfug hat auch seine Vorteile. Oder vielmehr ist ke
er hätte sie. Denn bei einer halbwegs merkantilen Veranlagung daß
sagt,
könnte ich ein glänzender Schnitzler-Schieber werden. Ich finde,
daß ich mir ein zwar arbeitsloses aber ganz korrektes Einkommen auch
leichtsinnig entgehen lasse. Artur Schnitzler sollte mir eine sehr mit
erhebliche Rente aussetzen; denn sein persönliches Ansehen, sein nicht
Ruf und seine Schätzung in der Stadt liegen in meinen Händen.
Es ist gar nicht auszudenken, wie ich ihn kompromittieren im K.
könnte. Zum Beispiel — und auch viel harmloser. Denn wenn die
zähle
ich mir ein Auto nehme, dann sagen die Leute: „Natürlich,
Schnitzler! Bei den Auflagen seiner Bücher!“ Und wenn ich Buch
meinen alten Hut aussetze, dann versichern sie: „Die Stücke vom Sitze
Schnitzler ziehen offenbar auch nicht mehr. Wenn man so einen und
ist de
Hut trägt
Aber, wie gesagt, mir fehlt jede großzügige Begabung. Ich könne
bleibe ein einer Unternehmer in Schnitzler=Verwechslung und Gym¬
dieser mesquine Betrieb rentiert sich absolut nicht. Offen gestanden.
hört.
ich zahle drauf dabei. Ich trage schwer am Kopf Schnitzlers. Es hat,
ist eben kein Vergnügen, ein Artur Schnitzler im übertragenen Da
Wirkungskreis zu sein. Und ich kann mir denken, daß man auf ihren
diesem Wege ein verärgerter und gehässiger Mensch wird. Nur
hat es mein Schicksal da doch gut mit mir gemeint. Vom Neid erlöst seien
nur eins: die Liebe. Und mit einem verehrten und lieben Meister
Es
verwechselt zu werden, hat auch manchmal ein Schönes: man
wei߬
fühlt seine Nähe.
die
ernst¬
uns
ihre
Die liebe Krankheit.
„Wie
Von
Wori
.
Dr. A. Mißriegler.
sehen
Es war so etwa ein halbes Jahr vor Ende des Krieges, Kran
als ich, einen Kollegen zu vertreten, eine Zeitlang auf irgend¬ Oifiz
einer Punta in den Fassaneralpen saß. Es war zum Sterben lang¬
weilig dort oben in dem ewigen Schnee. Die Stellung war sehr Anse
exponiert, sehr wichtig, aber ganz klein. Kaum daß zwei leichte
Gebirgsgeschütze und ein paar Maschinengewehre neben der die
ander
Kompagnie noch Platz fanden. Wir hatten nichts anderes zu tun,