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box 42/4
Neues Wiener Journal
4. Mai 1930
Nr. 13.053
Sonntag
chende Sonne über
Gestalt, das Gesicht mit dem weichen Mund und den schwer¬
Nibelungenstromes
mütigen Augen, die Bewegungen, alles behutsam zögernd, ver¬
leine mittelalterliche
schleiert, schüchtern, leicht feminin. Seiner Schwäche bewußt,
WECHS
Tagesgespan
en von den Höhen
beneidete er männlich zugreifende, willensstarke Naturen und
Sonne ins Unwirk¬
meinte lachend: „Ich möchte ein schneidiger, eleganter Herren¬
ist die
Montalwatsch auf.
reiter mit viel Muskelkraft und wenig Denkvermögen sein,
wegen Auflassung
erhellen die Straßen
dem die Gunst schöner Frauen mehr lächelt als dem Dichter."
des Strickwaren-Lagers
ber, schwarze Hügel
Eine Fähre nimmt
3.90
Seidenbluse . . . . . .
m, der schwärzlich
12.80
Golf-Jacke .....
nimmt eine immer
Einige Beispiele:
Vom Propeller gelöset.
1.90
Badeanzug . . . . . . .
gute Namen klingen
gegen den der Wagen
Zwei Flugzeugpassagiere infolge eigener Unvorsichtigkeit
ne Mauer schneidet.
GUMPENDORTER STRICHANTABRII
verunglückt.
raßenlaternen blitzen
Wien, VII., Kaiserstraße 68
Berlin, 3. Mai. (Wolff.)
ßigter Fahrt dahin,
Durch eigene Unvorsichtigkeit kamen am heutigen Abend
Wegen des Riesenandranges bitten wir
begrüßen die erste
für Einkäufe den Vormittag zu wählen.
zwei Flugzeuggäste, und zwar Walter Bartelnes auf dem Flug¬
platz Chemnitz und eine Frau Hartnack auf dem Flugplatz
dem Wagen steigen
Tempelhof ums Leben. Im ersteren Fall sprang der Fluggast
r brave Renner in
nach Abschluß eines Rundfluges, als das Flugzeug bereits
hundert Landschaften
wieder vor dem Flughafengebäude anhielt, unvorsichtigerweise
heen, Johann Sie beim Aussteigen nach vorn und wurde dabei von dem im Ver¬
nisse. Romantik des
lauf befindlichen Propeller getroffen und getötet. Im zweiten
Fall lief die genannte Dame, nachdem sie mit einem Schnell¬
flugzeug, von Dessau kommend, in Tempelhof gelandet war,
und
.
über.
anstatt hinten um die Maschine herum zu gehen, nach vorn und
kam infolge ihrer Unachtsamkeit in den Bereich des leerlaufenden
Interessante Begegnungen im Wien der
Molige
Vorkriegszeit.
Propellers. Sie wurde getroffen und war sofort tot.
Von
Ein in vieler Beziehung bemerkenswertes Memoirenbuch
ten sind.
führt uns in das Wien der Vorkriegszeit, in die gute alte
Tagebuch.
Rom, 3. Mai.
Gesellschaft, das künstlerische Leben der Kaiserstadt vor dem
Von
rzlich durchgeführten Kriege. Es ist die Autobiographie der Schriftstellerin Hermine
über den Marches
Hermann Bahr.
Hanel, die eben unter dem Titel „Die Geschichte meiner
s Leben eines Tage¬
24. April. Monarchisten gibt es auch heute noch, ihre
Jugend“ im Leipziger Kohler- und Amelang=Verlag erscheint
der Konfinierungs= und wegen der zahlreichen Reminiscenzen an altösterreichische Zahl wächst, es fehlt ihnen nur überall der Monarch. Der letzte
König, der es nicht bloß dem Namen nach war, sondern auch in
über einen zweiten Persönlichkeiten auch in Wien auf großes Interesse stoßen wird
die Konfinierung für
seiner ganzen inneren und äußeren Haltung, ist Ludwig II. In
Nach einer romantischen Kindheit im alten Prag, die im
seiner strahlenden Gestalt scheint der Roi Soleil noch einmal
Zeichen des Kampfes um die Freiheit und gegen Bevormundung
stand, erringt Hermine Hanel, früh zur Waise geworden, ihre wiederzukehren, zur Vollendung fehlen dem Bayer nur Richelieu
innere Selbständigkeit. Der angehenden Künstlerin gelingt es und Mazarin, die Statthalter seiner Macht. Bismarck, der an
bald, den Anschluß an die Kunstkreise zuerst in München und Ludwig, schon als dieser noch Kronprinz war, „einen von seiner
Zukunft erfüllten Sinn“ erkennen zu dürfen meinte, hätte das
dann in Wien zu finden. In Wien schloß Hermine Hanel sich
lerinnen
Format zum Erzieher so reiner Gaben gehabt, doch ihn riefen
innig an Johann Chlumecky an, dem sie die kürzlich verstorbene
Tochter einigermaßen zu ersetzen verstand. Chlumecky gehörte andere Pflichten, auch war dem Preußen der Sinn der
österreichisch=bayrischen Stammesart immer befremdlich, er
zu den treuen Paladinen des Kaisers, die bereits wußten, das
das Reich nach dem Tode ihres Herrn auseinanderfallen würde, witterte, daß ihr eingeboren ist, aller Führung zu widerstreben;
und der prämiierte
sie verneint gern und gar zur Anerkennung der Taten des
Schon im Jahre 1902 schrieb der alte Diplomat an seine jung¬
Freundin: „In unserem teuren Vaterland geht es gar ver¬ Herrschers schickt sie sich nur zögernd an, meistens viel zu spät,
leganten Hauses am
worren zu und ich sehe nicht einen Lichtpunkt. Bisher ist gar die Wirklichkeit muß sich erst in Legende verwandeln. Das war
auch Ludwigs Schicksal als Sage lebt er heute noch im Volke
Kunstgewerblerinnen nichts geschehen, um den Knoten zu entwirren, und die Gefahr,
Ehe man die vielen daß es zu spät sein wird, wenn man sich an die Herkulesarbeit fort, doch den „Gebildeten“ fast eher unheimlich; Walter von
te, wurde man von wird machen wollen, ist sehr naheliegend. Die Lage unseres lieben Rummels Schrift: „Ludwig II., der König und sein Kabinetts¬
ches" (Verlag Knorr & Hirth, München) beweist das wieder.
rückt, wo man bequem, Oesterreich bekümmert mich tief. Ueberall zuckende Flammen
tag über die Lage des aufrührerische Bewegungen aus dem vulkanisch unterminierten Rummel schätzt sichtlich den Kabinettschef höher als den König
selbst, der nicht erst lange nach den schwankenden Begierden des
Boden, eigentlich mitten in latenter Revolution, die nur nich
Pöbels fragt, sondern auf die Stimme seines Gewissens hört.
neidenswerte, begann ausbricht, weil das Mannlichergewehr eine zu deutliche Sprache
Der Kabinettschef schreibt einmal in irgendeiner Angelegenheit
führt. Freilich ist's zu besorgen, daß auch die Armee in diese
leben in einer Krisen¬
an den ihm unterstehenden Beamten: „Wollen Sie Erhebungen
Viele unserer einstigen Bewegung hineingetragen wird — Symptome gibt es genug,
pflegen!", aber der König ändert das ab und setzt dafür ein:
Chlumecky sprach auch viel von der Kaiserin und den
wieder schließen, da
„Pflegen Sie Erhebungen!" Der König hat doch ganz recht,
Kronprinzen. Von Elisabeth sagte er ergriffen: „Ihre Schönheit
halten und auch für
denn wer befehlen kann, muß nicht erst bitten. Daß der König
der Zauber ihres Wesens, ihre melodische Stimme machten au
war. Unser Hauptfach
uns alle einen unauslöschlichen Eindruck. Elisabeth war ein sich von Gottes Gnaden fühlt, wird ihm verdacht, aber von
awattenstoffe, ferner
Geschöpf aus einer höheren Welt. Als das furchtbare Unglück wessen Gnaden sonst soll er sich denn fühlen? Rummel nennt
belobt werden unsere
den König einmal einen „ganz weltabgewandten, insichgekehrten,
entabatieren, die nach in jener verhängnisvollen Nacht in Mayerling geschehen war
idealistischen Schwärmer, eine ausgesprochene Künstlernatur,
kam ich in meiner Eigenschaft als Minister zum Kaiser. Majestät
führt wurden. Nahezu
einen Phantasten“, für Rummel sind also die Worte Künstler
empfing mich und meine Kollegen tief gebeugt und sprach, vor
s bereits abgekauft
und Phantast synonym. Bismarck, ein Kenner der Menschheit,