I, Erzählende Schriften 40, Frühlingsnacht im Seziersaal. Phantasie, Seite 2

40. Die
Fruehlingsnacht im Seziersaal
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rich zwischen dem temperamentvollen „gewalttätigen“ Kürn¬
berger und dem „schwindsüchtigen Enthusiasten“ und Kritikus
Kuh. Es knattert nur so von tiefen ästhetischen Einsichten.
Kürnbergers Stil offenbart einen herrlichen Stürmer und
Feuerkopf! F. Salten plaudert interessant in „Aus den
Anfängen“ über Größen des Café Griensteidl: Schnitzler,
Beer=Hofmann, Hartleben, Hofmannsthal und Altenberg
des dichterischen Werks von Schnitzler (Erstdrucke, Abdrucke,
Buchausgaben, Uraufführungen), bei dessen Zusammen¬
stellung Arthur Schnitzler noch mithalf. Im nächsten Jahr¬
gang folgen die Abteilungen: Medizinisches, Aphoristisches
und Philosophisches, Übersetzungen usw. Aus Schnitzlers
unveröffentlichtem Nachlaß wird „Die Frühlingsnacht im
Seziersaal“ (1880!) und ein „Gespräch“ (1890) abgedruckt.
Proben gegenwärtiger österreichischer Lyrik (Mell, Zernatto,
Mitterer, Haringer, Waldeck) werben um berechtigtes Inter¬
I. Oesterr.
esse. Es wäre gut gewesen, gleich Werke und Verlag zu
behördl. kong.
nennen. Rud. Lothar erzählt in „Ein Genie wird entdeckt“
für Zeitundsnachrichten
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die tragikomische Geschichte eines Rarissimum der jüngsten
Vergangenheit, der Veröffentlichung der Gedichte der früh¬
verstorbenen Tochter Frau Regina Friedländers, der Witwe
des großen wiener Journalisten Friedländer. Schließlich
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würdigt der Verleger E. Lichtenstein Karl Wolfskehl als
Sammler und Dichter. Wolfskehl ist auch als Trabant
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Georges eine starke Individualität. — Wenn das Jahrbuch
Die Literatur, Stuttgurg
auch das Prinzip „Buchinhalt vor der Buchgestalt“ vertritt,
so ist damit nicht gesagt, daß für diese bibliophile Richtung
Jahrbuch deutscher Bibliophilen und
die Buchgestalt keine Rolle spielt. Robert Haas' Aufsatz „Das
Drucken auf der Handpresse“ atmet die Liebe zur schöpfe¬
Literaturfreunde. Herausgegeben von Hans
rischen Handarbeit, deren Mühe, Reize und Gefahren Haas
Feigl. 18./19. Jahrg. 1932/33. Mit 19 Bildbeigaben.
sehr eingehend schildert. Für den modernen Typ des Verlags¬
Wien 1933, Paul Isolnay. 278 S.
einbands findet Rudolf Geyer als Realpolitiker anerken¬
Wie immer ein reichhaltiges Jahrbuch, das in seiner ge¬
nende Worte. — Den Schluß des Jahrbuchs bildet eine
schickten Zusammenstellung gut über die bibliophile Bewe¬
moderne Bücherschau für Bibliophile wie Literaturfreunde,
gung orientiert und ihr gewiß neue Freunde gewinnen wird.
die besonders wegen Zareks Überblick über den Roman 1932
Energisch rückt Professor Feigl im Vorwort von der Rich¬
Beachtung verdient.
tung ab, die einseitig die Buchgestalt über den Buchinhalt
Guben
Pirmin Biedermann
stellt. „Unsre Liebe gehört den Literaturlanden mit ihren
Besonderheiten, Seitsamkeiten und Einzigkeiten... ihren
oft noch gar nicht betretenen und nicht erforschten Gebieten.“
Karl Wolfskehl instrumentiert diesen Satz in „Beruf und
Berufung der Bibliophilie in unsrer Zeit“ so reich und ver¬
lockend, daß man erhöhte bibliophile Aktivität bei jedem Leser
prophezeien darf. Verdienstvoll ist Edith Rothes Überblick
über die Faust=Sammlung des vorbildlichen Sammlers
Stumme, deren unschätzbarer Wert für die Goethe=Forschung
dank Rothes literar= und geistesgeschichtlicher Einbettung des
Materials auch dem Fernerstehenden offenbar wird. C G.
von Maaßen bringt in „Der Grundgescheute Antiquarius'
Nachträge zum Anonymen=Lexikon und berichtet über
Bücherkuriositäten (interessant der unbefugte Neudruck von
Kotzebues Erzählungen mit 153 Seiten eingeschmuggelter
Fremderzeugnisse!). Gründlich und überzeugend entlarvt
P. Englisch in „Die Mystifikation des Nicolas Chorier“ den
grenobler Advokaten (1612—1692) als Verfasser des starken
Erotikons „Aloysiae Sigeae Satira sotadica“. Die ebenso
keusche wie gelehrte Sigea und all die andern Verdächtigten
können nun ruhig in ihrem Grabe schlafen. Daß sich die
Bibliophilen unter Feigls Führung nicht einseitig in alten,
vergessenen Winkeln herumtreiben, beweisen die übrigen
Beiträge: Höfer veröffentlicht in „F. Kürnberger und E.
Kuh“ eine Kostprobe aus der hoffentlich bald erscheinenden
Gesamtausgabe des Briefwechsels. Prachtvoll in menschlicher
wie ästhetischer Hinsicht dieser Streit um den Grünen Hein¬