I, Erzählende Schriften 36, Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 4

36. Flucht in
Finsternis
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em tiefen Traum leiden — heute vielleicht mehr als jemals,
st, kam er
wenn auch unter anderen Formen. Ihnen wird der
der Ich¬
verstorbene Arthur Schnitzler nicht verstorben sein.
serträumte
ugenblicks
durch ein
Schnitzlers letzter Wille.
ielte, von
Wie der Sohn Arthus Schnitzlers, der Ber¬
wollten:Iliner Schauspieler Heinrich Schnitzler,
ner
mitteilt, hat er im Nachlaß seines Vaters folgende
und als! Verfügungen vorgesunden: „Bestimmungen, die ich
isten den gleich nach meinem Ableben zu erfüllen bitte: Herz¬
Waden am stich. Keine Kränze. Keine Parte (schwarzum¬
Dekadence rahmte Trauerkundgebung), auch in der Zeitung
t. aber nicht. Begräbnis letzter Klasse. Das durch Besol¬
herrschte gung dieser Verfügungen erührigte Geld ist Spi¬
nen Ro=stalzwecken zuzuwenden. Keine Reden. Ver¬
8jungen meidung allen
rituellen Beiwerks. Keine
Weg und Trauer tragen nach meinem Tode — absolut
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keine.“
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Mit unerbittlicher Folgerichtigkeit malt er keit dem Fremden. Seine Nervosität stei
„Die Flucht in die Finsternis.
den geistigen Untergang eines hochbegabten sich, so daß ihn sein Bruder und sein Freund
Arthur Schnitzlers letztes Werk. Ministerialbeamten, den das Schicksal eines Dr. Leinbach auf etliche Wochen zur Erho¬
Gerade, als aus dem Verlag S. Fische# Tages in den dunklen Bezirk von Zwangs= lung an die Adria senden. Mit der Rückkeh
Tvorstellungen jagt und den seine Furcht, sein Roberts nach Wien beginnt die Novelle
in Berlin Arthur Schnitzlers letzte Arbeit, Pruder könnte sein Mörder werden, selbst Augenblicke seelischer Harmonie wechseln
die Novelte „Flücht in die Finsternis“ in
zum Brudermörder werden läßt. Zwischen mit grausen Vorstellungen, er habe
alle Welt geht, hat des Dichters Herz diesen
Robert und seinem älteren Bruder Otto, im Walde bei der letzten Unterred
Weg genommen. Künftige Biographen wer¬
einem Arzt, bestehen seit früher Jugend in= mordet, ja, er habe auch se
den die Fäden zwischen Schnitzlers Unter¬
nige seelische Bande. Robert glaubt das giftet. Geheime, unterbewußte
gründen, die den Helden der Novelle, den
Verhältnis von Bruder zu Bruder „nichtmen in seinem Geist Gesta
Sektionsrat Robert, in Wahn und Tod
15
nur für sich als den besten und reinsten Ge¬ von Tatsachen an. Die harmlose
treiben, Lichter aufzuspüren vermögen als
winn seines Daseins, sondern auch im all¬
und Gesten des Bruders, der Freunde er¬
wir heute, da ihnen ein klarerer Einblick in
wecken in Robert den Wahn, daß man ihn
gemeinen Sinn als das einzige von natür¬
die abschließenden Lebensjahre Schnitzlers
lich gesicherter Beständigkeit zu erkennen“.
für verrückt halte. Er flüchtet in ein ein¬
vergönnt sein wird.
maliges erotisches Erlebnis mit einer jun¬
Vor Jahren machte er mit seinem Bruder
Verstummt ist nun auf immer der Mund
und einem Leutnant einen fröhlichen Aus¬
gen Witwe. aber auch da meldet sich bald
eines Dichters, der von seiner ersten Arbeit
flug in den Prater, wobei der Leutnank in
die Angst, ob sie nicht auch sein Opfer ge¬
an den Besten seiner Zeit genug getan hat.
überschäumender Lebenslust der Lauteste worden sei. Nun verlobt er sich mit eine#
Wien verliert mit ihm den größten Künder
und Lustigste gewesen ist. Wenige Wochen infolge Defraudatien des Voters verarmten
seines Zaubers, seiner von keinem anderen
Mädchen Paula.
später war er dem Wahnsinn verfallen.
so bezwingens und überzeugend, so unver¬
Otto, der seit langem das seltsame Be¬
Dieser Tag. ist für Roberts Dasein ent¬
gleichlich reizvoll und umfassend erfühlten
nehmen des Bruders mit geschickt verhehlter
scheidend. Ihn selbst quälen seit dieser Zeit
und gestalteten Atmosphäre und vor allem Angstzustände, daß auch er plötzlich in eine
Besorgnis betrachtet, sieht in dieser Ver¬
seiner Mädchen und Frauen. Das süße Irrenanstalt gebracht werden könnte und
lobung das beste Heilungsmittel für Robert.
Mädel und die mondäne Ehebrecherin, das dort das grauenvolle Dasein der Irren tei= Trotz allem steigert sich der parapathische
aufopferungsvoll liebende und das von Neizsen müßte. Er bittet seinen Bruder, ihn ge¬
Zustand Roberts. Er ahnt Ottos Unruhe,
zu Reiz flatternde Weib hat Schnitzler lange gebenenfalls mit Gift schmerzlos zu töten, fürchtet, dieser konnte jetzt von der ihm einst
vor Frend und den modernen Psychologen und gibt ihm auch schriftliche Vollmacht schriftlich überreichten Erlaubnis, den Bru¬
mit genialer Intuition in unvergeßlichen
hierzu. Jahre vergehen. Robert heiratet, der sanft hinwegzuräumen, Gebrauch ma¬
Gestalten der Nachwelt überliefert. Den
chen und verlangt jenen Brief zurück. Otto
seine Frau stirbt nach wenigen Jahren und
Nachkriegstypen der Frau ist er bewußt aus¬
er knüpft ein Verhältnis mit Alberta an. willfahrt der Bitte, doch Robert ist bereits
gewichen, diese Attrappen konnten dem Eines Tages, am Vierwaldstättersee, glaubt in jenes Studium des Wahns getreten, in
Dichter des Unbewußten nichts bedeuten. er zwischen ihr und einem Amerikaner ein dem der Kranke alle anderen für verrückt
Die Novelle „Flucht in die Finsternis“geheimes Einverständnis zu bemerken, gibt und sich gegenüber feindlich eingestellt hält.
zeigt den Dichter auf der Höhe seiner Kunst, sie frei und überläßt sie aus verletzter Eitel= Als Otto ihn und Paula zu sich in den Fa¬