Therese
box 6/2
35. Lneen
findung für noch umstrittene Leistungen die Za
K
halben Million Reichsmark.
—
ENTAIIIIT
Reines und Unwiederbringliches, aber zugleich auch Mutter, um ihr höhnisch und brutal Geld abzupressen.—
fühlt sie erschreckt, wider Willen, ein Neues. Häßliches, Immer wieder versucht Therese zu heifen, aufzuhalten,)
Ent
kaum Eingestandenes aufkeimen: etwas wie Feindselig=obzwar ihr ein Instinkt tieserer Ahnung sagt, daß
gra.
alles umsonst ist und daß Stürzende meist den
keit, Haß gegen das schuldlose, das noch ungeborene
Helfenden mit sich reißen.
het H.
Kind.
Eines späten Abends im ei läutet der FranzlPrä) 9##
wieder einmal an der Tür, verlangt Geld. Therese
empfa. S 6
Diese böse, schuldhafte Regung sucht sie von der hat keines mehr. Da stürzt der Franzl auf den Schrank
Stunde seiner Geburt angefangen demütig an dem zu, zieht aus der Tasche ein Siemmessen und sprengt d'Orsay, w.
Franzl gutzumachen. Das Kind soll nichts wissen von die Tür auf. Er wühlt, su#t, findet nichts, und unterredung
dem schweren, erbarmungslosen Dunkel, das die Mutter plötzlich wirft sich der Sohn aus die Mutter, packt sie Bahnhof, um
hinter sich hat; dem Kind erträumt sie eine glückliche, am Hals und würgt, würgt, bis sie am Bett nieder¬
Außenm
sinkt. Dann nimmt er #in Taschentuch, knüllt es
unbekührte Jugend, über der leuchtend und froh Sonne
zusammen, steckt es ihr in den Mund, nimmt ein Hand= Zusammenkur
und Frühling liegt. Und ihr, der Mutter, soll das Kind
der einzige Halt, das einzige zuverlässige Zeichen ams tuch, das am Waschtisch hauzt. bindet ihr die Hände
[Genfer T
zusammen. Nachbarn, die den Lärm gehört haben,
Wege sein.
Auf dem Lande wächst der Franzl heran, bei kommen dazwischen, man schafft die noch röchelnde Punkt= du
fremden, aber guten Leuten, und die Mutter kommt Therese ins Spital: die Aexzte konstatieren, daß einsheiten und
ihn an jedem freien Tage besuchen. Der Bub gedeiht Kehlkopfknorpel gebrochen ist.
Therese weiß, daß sie sterben wird. Und der Augen= über die P
prächtig, alles scheint gut zu werden, aller Grund zu
blick, da sie damals das noch ungeborne Kind ver¬ kriegspaktes
heimlicher Angst scheint abfallen zu wollen. In
wünschte, der Augenblick, da sie Mörderin gewesen, punkt ist geke
den Stunden, die Therese mit ihrem Kinde verbringt,
„lebte mit so völliger Klarheit in ihr auf, daß sie ihn befriedigt we
ist es ihr, als dürfte sie, einer beklemmenden Enge ent¬
fast wie etwas Gegenwärtiges erlebte“. Es geht zu Ende,
ronnen, tief aufatmend gleichsam unter freiem, be¬
Aus der
aber ihr ist, als hätte sie den Sohn, der ihr so lange ein
stirntem Himmel stehen.
Aber Menschen können aus ihren geheimnis= Verlorener war, gleichsam wiedergefunden in dem bei der näch
vollen und vererbten Zusammenhängen im Tiefsten Augenblick, da er zum Vollstrecker einer ewigen Ge=gnlaßt w
rechtigkeit geworden war.
und Unzugänglichsten der Seele nicht isoliert, nicht ab¬
Wege derdi
„Er ist unschuldig,“ flüstert sie in ihren letzten
geschnitten werden.
Die he
Der Sohn verliert sich allmählich, Schritt für Augenblicken dem Arzt zu „er hat mir nur vergolten,
Aussprache
was ich ihm getan habe. Man darf ihn nicht zu hart
Schritt, Jahr für Jahr. Er begeht kleine Diebstähle,
strafen.“
will keine Schule besuchen, treibt sich in anrüchiger
„Was den
Das Bewußtsein ihrer Schuld bedrückt sie nicht
Gesellschaft umher, ist frech, verlogen, verschlagen, von
so kann sich
mehr — es hat sie befreit.
einer grausamen, gehässigen Lieblosigkeit. Entsetzt
sinteressi
erkennt es Therese: auch dieser letzte, erlösende Licht¬
schein verglimmt, etwas Unheilvolles, Finsteres
Einen unvergeßlichen Klang, einen leisen und dochtauisch.
bereitet sich vor, etwas Schreckliches das sie unsichtbar
wie hinter einer Wolke fühlt. Es ist stets dieselbe Angst, unverlierbaren Abglanz nimmt man von dem Buche bundes gegi
dieselbe Enttäuschung, dasselbe Weh, dasselbe Miß= Schnitzlers dankbar und ergriffen mit. Mit welcher ein= vention
dringlichen und doch lautlosen Kunst und mit welcher stehen. Der
verständnis, alles Vergangene kehrt wieder: da war
liebenden Weisheit des Herzens und der Seele wird sommission i
ein Mann, Therese hat ihn in ihren Armen gehalten,
seinen Mund hat sie durstig geküßt, ein Kind von ihm dieses bittere Menschenschicksal, dieses flüchtige Licht¬
[Interven
und Schattenspiel der Vergänglichkeit an unsern Augen
empfangen, aber er war nur ein Fremder und das
vorübergeleitet. Man spürt den Tod näher und näher den Völkerbi
Kind war auch nur erwas Fremdes, ein Feind, ein Ab¬
herankommen, sein Schatten fällt dunkel über den Weg, abrüstung o
schied, der letzte.
deutungs
da scheint jedes Ding, jedes Leid viel von seiner grellen
Aus dem Franzl ist ein verluderter Vagabund und gefährlichen Gewalt zu verlieren. Und das
sitzung, de
geworden, ein Zuhälter und Einbrecher. Wenn er nicht Sterben ist nichts andres, als keine Angst mehr zu
gerade von der Polizei gesucht wird oder im Gefängnis haben, keine Angst vor der Zukunft und vor der Ver=[Chamber
Moriz Scheyer. mit Briand
sitzt oder dunklen Geschäften nachgeht, „besucht“ er die gangenheit.
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findung für noch umstrittene Leistungen die Za
K
halben Million Reichsmark.
—
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Reines und Unwiederbringliches, aber zugleich auch Mutter, um ihr höhnisch und brutal Geld abzupressen.—
fühlt sie erschreckt, wider Willen, ein Neues. Häßliches, Immer wieder versucht Therese zu heifen, aufzuhalten,)
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kaum Eingestandenes aufkeimen: etwas wie Feindselig=obzwar ihr ein Instinkt tieserer Ahnung sagt, daß
gra.
alles umsonst ist und daß Stürzende meist den
keit, Haß gegen das schuldlose, das noch ungeborene
Helfenden mit sich reißen.
het H.
Kind.
Eines späten Abends im ei läutet der FranzlPrä) 9##
wieder einmal an der Tür, verlangt Geld. Therese
empfa. S 6
Diese böse, schuldhafte Regung sucht sie von der hat keines mehr. Da stürzt der Franzl auf den Schrank
Stunde seiner Geburt angefangen demütig an dem zu, zieht aus der Tasche ein Siemmessen und sprengt d'Orsay, w.
Franzl gutzumachen. Das Kind soll nichts wissen von die Tür auf. Er wühlt, su#t, findet nichts, und unterredung
dem schweren, erbarmungslosen Dunkel, das die Mutter plötzlich wirft sich der Sohn aus die Mutter, packt sie Bahnhof, um
hinter sich hat; dem Kind erträumt sie eine glückliche, am Hals und würgt, würgt, bis sie am Bett nieder¬
Außenm
sinkt. Dann nimmt er #in Taschentuch, knüllt es
unbekührte Jugend, über der leuchtend und froh Sonne
zusammen, steckt es ihr in den Mund, nimmt ein Hand= Zusammenkur
und Frühling liegt. Und ihr, der Mutter, soll das Kind
der einzige Halt, das einzige zuverlässige Zeichen ams tuch, das am Waschtisch hauzt. bindet ihr die Hände
[Genfer T
zusammen. Nachbarn, die den Lärm gehört haben,
Wege sein.
Auf dem Lande wächst der Franzl heran, bei kommen dazwischen, man schafft die noch röchelnde Punkt= du
fremden, aber guten Leuten, und die Mutter kommt Therese ins Spital: die Aexzte konstatieren, daß einsheiten und
ihn an jedem freien Tage besuchen. Der Bub gedeiht Kehlkopfknorpel gebrochen ist.
Therese weiß, daß sie sterben wird. Und der Augen= über die P
prächtig, alles scheint gut zu werden, aller Grund zu
blick, da sie damals das noch ungeborne Kind ver¬ kriegspaktes
heimlicher Angst scheint abfallen zu wollen. In
wünschte, der Augenblick, da sie Mörderin gewesen, punkt ist geke
den Stunden, die Therese mit ihrem Kinde verbringt,
„lebte mit so völliger Klarheit in ihr auf, daß sie ihn befriedigt we
ist es ihr, als dürfte sie, einer beklemmenden Enge ent¬
fast wie etwas Gegenwärtiges erlebte“. Es geht zu Ende,
ronnen, tief aufatmend gleichsam unter freiem, be¬
Aus der
aber ihr ist, als hätte sie den Sohn, der ihr so lange ein
stirntem Himmel stehen.
Aber Menschen können aus ihren geheimnis= Verlorener war, gleichsam wiedergefunden in dem bei der näch
vollen und vererbten Zusammenhängen im Tiefsten Augenblick, da er zum Vollstrecker einer ewigen Ge=gnlaßt w
rechtigkeit geworden war.
und Unzugänglichsten der Seele nicht isoliert, nicht ab¬
Wege derdi
„Er ist unschuldig,“ flüstert sie in ihren letzten
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Der Sohn verliert sich allmählich, Schritt für Augenblicken dem Arzt zu „er hat mir nur vergolten,
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was ich ihm getan habe. Man darf ihn nicht zu hart
Schritt, Jahr für Jahr. Er begeht kleine Diebstähle,
strafen.“
will keine Schule besuchen, treibt sich in anrüchiger
„Was den
Das Bewußtsein ihrer Schuld bedrückt sie nicht
Gesellschaft umher, ist frech, verlogen, verschlagen, von
so kann sich
mehr — es hat sie befreit.
einer grausamen, gehässigen Lieblosigkeit. Entsetzt
sinteressi
erkennt es Therese: auch dieser letzte, erlösende Licht¬
schein verglimmt, etwas Unheilvolles, Finsteres
Einen unvergeßlichen Klang, einen leisen und dochtauisch.
bereitet sich vor, etwas Schreckliches das sie unsichtbar
wie hinter einer Wolke fühlt. Es ist stets dieselbe Angst, unverlierbaren Abglanz nimmt man von dem Buche bundes gegi
dieselbe Enttäuschung, dasselbe Weh, dasselbe Miß= Schnitzlers dankbar und ergriffen mit. Mit welcher ein= vention
dringlichen und doch lautlosen Kunst und mit welcher stehen. Der
verständnis, alles Vergangene kehrt wieder: da war
liebenden Weisheit des Herzens und der Seele wird sommission i
ein Mann, Therese hat ihn in ihren Armen gehalten,
seinen Mund hat sie durstig geküßt, ein Kind von ihm dieses bittere Menschenschicksal, dieses flüchtige Licht¬
[Interven
und Schattenspiel der Vergänglichkeit an unsern Augen
empfangen, aber er war nur ein Fremder und das
vorübergeleitet. Man spürt den Tod näher und näher den Völkerbi
Kind war auch nur erwas Fremdes, ein Feind, ein Ab¬
herankommen, sein Schatten fällt dunkel über den Weg, abrüstung o
schied, der letzte.
deutungs
da scheint jedes Ding, jedes Leid viel von seiner grellen
Aus dem Franzl ist ein verluderter Vagabund und gefährlichen Gewalt zu verlieren. Und das
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geworden, ein Zuhälter und Einbrecher. Wenn er nicht Sterben ist nichts andres, als keine Angst mehr zu
gerade von der Polizei gesucht wird oder im Gefängnis haben, keine Angst vor der Zukunft und vor der Ver=[Chamber
Moriz Scheyer. mit Briand
sitzt oder dunklen Geschäften nachgeht, „besucht“ er die gangenheit.