I, Erzählende Schriften 34, Spiel im Morgengrauen. Novelle, Seite 40

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im Morgengrauen
S
34 Se Se d n ee
Fsiehr gegen die Hohe) Jetz siecht man und sein Ausgang
Prurerer
schaust, du alter Ta
wieder nix! (Erleichtert) I wett, die gehn über s Joch!
siech i durch die Stadelluckn da oben Lichter! Da bin i auf
Martl (gege
Kreuzwirt: Martl, geh du jetz heim und tu ein
und da her! (Verzagt) Weiß nit! Mir kommen die Lichter
spielst dich nit auf!
paar verläßliche Leut aufweckn. Aber ja koane Brausköpf,
nit richtig vor!
Nur hat Herr
dieser Novelle aufsteigt, in das „weite Land“ der Seele
Einlagen sich angee
hinüber
Literaturblatt.
milder sagen. Es
Eine Offiziers= und Spielergeschichte mit tragischem
damalige Zeiten,
Ausklang — man ist eigentlich erstaunt, daß Schnitzler die
tausend Gulden;
Arthur Schnitzlers neue Novelle.
Geschichte des zum Selbstmord durch eine Spielschuld ge¬
„tausend Gulden“
nötigten Offiziers bisher noch nicht geschrieben hat. Aber
„Spiel im Morgengrauen.“ (S. Fischer=Verlag, Berlin, 1927.)
Bogner wendet
dann erinnert man sich: der Oberleutnant Karinski im
Von Paul Wertheimer.
alten Kameraden, de
„Freiwild“ hier ist dieses Schicksal schon angedeutet —
Das alte Oesterreich mit seiner Buntheit der Stände,
geholfen werden, da
und hat nicht auch der Leutnant Gustl vergnüglichen An¬
der Geschicke, der Seelen, diese Erde, klirrend von histo¬
Säbel ziehen müßte
gedenkens Schulden?
rischen Erinnerungen, leise überall umweht von Musik, um¬
Aber wie kommt ei
Er ist ihm auch sonst ähnlich, der Leutnant Willi dieser
rauscht von Festen der Lebensfreudigkeit, umhangen von
kampf stehender Le¬
neuen Novelle, artverwandt, nur alltäglicher. Ein Leutnant,
Melancholien — hier sind noch immer die festen Wurzeln
hat ja niemanden.
wie man sie kannte, „die Leutnants rosenrot und braun“ wie
von Arthur Schnitzlers großer, reicher und ehrlicher,
aber der hat ihn
Detlev v. Liliencron sang, nur österreichischer schattiert.
formender Kraft.
abgewiesen. Noch a
Chevaleresk, liebenswürdig, wie es ja auch der Leutnant
Wie nah, wie greifbar nah es unserem Empfinden noch
Offizier, der hund
Gustl gewesen, und auch er hat den point d'honneur. Er
immer geblieben, dieses alte, in uns noch unverblaßte Wien,
Möglichkeiten — d
kennt nur die Sorge, wie man mit der Gage auskommt, keine
spürt man aus der Macht, mit der es uns hier, noch gesteigert
In einem B
andere. Und die Karriere. Und das Spiel Und dann die
durch den Reiz des Gewesenen, in dieser neuen Novelle
etabliert. Man spielt
kleinen Mädchen“
„ „
Arthur Schnitzlers ergreift, wiedergespiegelt von einem Geist
Glücksspiele —
Aber eines, das ernstere, hat er vor seinem windigen
voll Klarheit und spielerischem Tiessinn.
der andere das Gli
Petter, dem Gustl, voraus. Er hat das selbstverständlich
Dies also ist der Hintergrund: Das frühere Wien und
andere: man muß
Kameradschaftliche des Offiziers, die Hilfsbereitschaft, selbst
das frühere Baden mit den Waldhängen, den gelben Land¬
her. Und vielleicht
dem gewesenen, dem abgeirrten Kameraden gegenüber und
häusern der Kaiser=Franz=Zeit, dem Kurpark, der Ruine im
immer bedürftige2
so repräsentiert er, nicht wie jener Gustl, in satirischer,
Hintergrund.
Herr v. Bogner wir
sondern in rein menschlicher Weise den Geist der alten öster¬
Weil es eine Geschichte aus dem früheren Oesterreich
Willi fährt i
reichischen Armee. Diese Hilfsbereitschaft in ihm lockt erst
— wo es am farbig=österreichischesten gewesen — ist es
ist
schließlich in dem
den Spielteufel herbei, sie wird Veranlassung seines frühen
eine Offiziersgeschichte geworden, wie der „Leutnant Gustl“
im Gang. Ein
Unterganges.
aber ohne dessen ironische Färbung, gütiger, wärmer. Und
exotischen Republik,
Ein ehemaliger Kamerad, v. Bogner, ein Ober¬
weil es eine Geschichte von Arthur Schnitzler ist, spielen auch
Geld= und Willensn
leutnant a. D., der wegen Schulden den Dienst quittieren
hier Leben und Tod geheimnisvoll ineinander, glüht auch
rischen, Brutalen,
mußte, kommt zu ihm. Er ist irgendwo Beamter geworden —
hier, wie im „Ruf des Lebens“, der altösterreichischen Offi¬
schmeidigt durch g
da ist es ihm wie dem Vater des „Fräulein Else“ ergangen,
zierstragödie, vor dem Sterben noch eine Liebesnacht auf —
ist um ihn. Unsicht
dem berühmten Advokaten — Werke eines dichterischen
man liest die Novelle atemlos gespannt, durch die Geschehnisse,
sie tödlich sein wer
Organismus sind wie Zellen eines Gewehes geheimnisvoll
die äußeren und die seelischen — und wenn man zögernd das
Ehrenmann und de
setzte Blatt beendet, sinnt man dem Falken nach, der aus miteinander verbunden.