I, Erzählende Schriften 34, Spiel im Morgengrauen. Novelle, Seite 42

piel
im Morgengrauen
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34 S g
läuten sein sie alle weck! Die tun euch nix! Sein ja alle gul¬
Laternen oo
(Schwingt den Lederbeutel)
bodenständige einheimische Geister!
Wir wären nicht bei Schnitzler, wenn nicht aus dem zu bringen. Der O
zu helfen wäre, das spürt man gleich, wenn er diesem, wohl
trotz mancher Erf
Karten= ein Liebesspiel würde, und zuletzt erscheint diese ganze
durch viele Erlebnisse haßerfüllten Manne durch eine Spiel=,
Frau, die am Vor
Lebenskomödie, symbolhaft gefaßt, als ein Spiel mit tödlichem
eine „Ehrenschuld", verfallen sollte. Eine Mauer des Hasses
am Abend nicht g
Ausgange, wenn es ein tückischer Zufall will. „Wir spielen
ist um diesen Mann.
Geliebte wird, die
alle, wer es weiß, ist klug“, wie es in den Anfängen
Nun beginnen sie zu spielen.
Rückhalt gibt, als
Schnitzlers hieß. Jetzt weiß er: das Schicksal spielt mit uns,
In dieser Nacht — man fühlt es magisch — wird um
diese Bitte um ein
aber wir merken es nicht. Auch dieser junge Leutnant Willi
anderes als um Banknoten hasardiert: Ein Menschenleben,
Als sie nach
merkt es nicht, daß er nun selbst in eine Komödie mit
dies ist der Einsatz. Schatten des Unterganges wehen durch
ihm beschieden sein
tödlichem Ausgange... leise... unentrinnbar ... hinüber¬
diesen Raum, wie der Morgen dämmert. Zunächst aber
zimmer, da die Re
gleitet.
gewinnt Willi, wie man immer gewinnt, wenn man zuletzt
läßt sie ihm eine
Am Morgen weiß er nur eines: Er ist ein verlorener
alles, das Leben sogar, verlieren soll. Doch einstweilen hat er
nur 1000 Gulden
Mann, wenn er nicht bis zum übernächsten Tag, nur so
gewonnen. Er könnte die tausend Gulden zahlen und würde
Mund eine Fraue
lang wird ihm Frist gegeben — die Ehrenschuld begleicht.
sogar noch einmal so viel und noch mehr für sich zurück¬
fach die Poldi hie
Nun gibt es für den Leutnant Kasda, der lieber von eigener
behalten.
ein schnödes Geld
Hand fiele, als schimpflich den Dienst verließe, nur eine
Er hastet zur Bahn, da fährt ihm der Zug davon, welche
solcherart wie ein
Hoffnung: sich von dem reichen Onkel die Summe zu be¬
neue dämonische Schicksalsverkettung. Und er muß — un¬
so etwas vergißt
schaffen.
entrinnbar zieht es ihn in das Café — weiterspielen, es ist,
ihn wie einen Zu
Dieser Onkel, der jetzt auf den Plan der Geschichte
als ob ihn dieser Konsul telepathisch bannen würde. Die
fachen von damals
tritt, ist wieder eine österreichische, eine altösterreichische Er¬
leidenschaftliche Erregung des Spielers, wie er gewinnt, ver¬
Nicht bloß darum
scheinu g, Schnitzlerisch gefärbt. Ein Sinnierer, der nur
liert, immer mehr, zuletzt eine für ihn unerhört große
Anzeige des Kon
unter üchern lebt, ist dieser Herr Wilram, vor der ganzen
Summe, elftausend Gulden, die er jetzt diesem Dämon, dem
verhindern verma
Welt lt er aus einer gewissen Scheu geheim, daß er schon
Konsul, schuldet, das Naturtriebhafte des durch die Spielwut
immer tiefer falle
tet, aber von seiner, um so viele Jahre jüngeren
verhe
verwirrten und entfesselten Ich in solchen Augenblicken,
Mannes, ein net
nit der ihn ein glühend=sinnliches Band zu verbinden
Fra¬
bezeichnend für Schnitzler, mit ärztlicher
wird hier, so
mächtig an.
halb geschieden lebt, daß er sein Vermögen in eine
sche
Exaktheit der Beobachtung und zugleich dichterisch tiefem
Natürlich sch
e umgewandelt hat und daß diese im übrigen äußerst
Le
Erfassen gezeigt. Es gibt eine Literatur über den Spielteufel
aber sie kommen
stüchtige Frau die Geldverwaltung allein besorgt.
g
in seinen mannigfaltigsten Gestalten und Wandlungen, von
es ihm auf dem 2
illi sucht sie auf, er ahnt bereits, daß es die nämliche
jenem innigen Drama des indischen Fürsten, der seine Frau
ein Gegenspiel er
dine Lebus ist, mit der er, da sie noch nicht Geschäfts¬
verspielte, bis zu Gogols „Spielerkomödie“, zu Dostojewski,
Dämmer, warum
hefrau war, einmal eine heiße Nacht durchlebt hat.
der von dieser Leidenschaft so brünstig besessen war, sie in den
Leutnant, gegend
sie ist es wirklich, die Poldi. Aber wie hat sie sich ge¬
„Spielern“ so wahr gezeichnet hat, bis zu Molnar, der die
alles, was ihm
delt! Noch immer von jugendlich=sinnlichem Reiz, ist sie
nächtlichen Spielrunden in den ungarischen Schlössern bei
genommen.
#i von nüchternster Geschäftsberechnung. Wer das
dem Schinimer der Kerzen so packend geschildert und Stefan
Dies ist Sch
turell wienerischer Frauen kennt, weiß, wie glücklich
Zweigs „Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer
einherschreitend, i
daß sinnliche Innigkeit sich mit
ese Gestalt erfaßt ist,
Frau — Schnitzler hat durch sein „Spiel im Morgengrauen“
dramatischen Spitz
800
ühlem Lebenssinn so oft bei der Wienerin verbindet.
diese Literatur um ein bedeutsames Kapitel bereichert.
von düsterer Glut
Sie erkennt ihren Geliebten der einen Nacht sofort, nimmt
Die Karten haben den Spieler enttäuscht. Bleich
wie „Fräulein
sachlich sein Anliegen, ihm die verspielten 11.000 Gulden vorzu¬
dämmert der Morgen herauf. Was wird ihm dieser Morgen
strecken, entgegen und verspricht, ihm am Abend selbst Bescheid! Form. .
bringen 2