Fraeulein Else
31.
box 5/1
—anlei.
Keine Preiserhöhung!
ale dirigiert.
jugoslawische Ge¬
r mit, daß die Belgrader
Verzauberten Seele",
des Werkes. Jetzt erst lernt Annette den erbittertsten
liegen, sagt Rolland:
Krieg kennen, der je geführt wurde: den der Arbeitenden
wähle ich ein Wesen,
gegen die Arbeitenden, die Konkurrenz, das Weg¬
hle, oder vielmehr, es
chnappen des kleinsten Stückchens Brot. Nun lernt sie
nmal erwählt ist, lasse
begreifen, daß Gedanken, Gefühle, Weltanschauungen
cht, daß ich nichts von
ein Luxus sind, nur dem erreichbar, der weiß, daß er
.Eine Persönlichkeit,
morgen zu essen haben wird. Sehr drollig steht nun im
en Jahrhundert trägt,
Gegensatz zu ihr ihre Schwester Sylvie, die als Besitzerin
he Wohltat der Kunst
eines gut gehenden Schneiderateliers bürgerlich ge¬
efreien, indem sie uns
worden, solide verheiratet und Annette somit in jeder
Weise überlegen ist.
inken, uns in andre
schen Freunde würden
Sie kämpft für ihr Kind, aber auch um das Kind:
stenzen. ...
denn dieses kleine Geschöpf, das sie den ganzen Tag
Zuneigung
erste große
andern Leuten überlassen muß, um seinen Unterhalt zu
der kleinen
chwester,
verdienen, empfindet die Zärtlichkeitskatarakte, mit
istenz sie erst nach dem
denen es abends von der heimkehrenden Mutter über¬
üir die in ihr nach an¬
schüttet wird, als durchaus unangenehm. Was zum Teufel
aftlichste schwesterliche
will diese fremde exaltierte Frau? Im Schneideratelier
richtiges Boulevard¬
der Tante Sylvie, wo es als Hauskatze der munteren
nend, schmiegsam und
Nähmädchen herumläuft, ist es viel netter. Mit unbarm¬
kt gar nicht daran, ihr
herzigen Augen sieht es seine Mutter an, sieht alle ihre
rizischen Schwester zu
eelischen und physischen Schwächen. Dieses Kind, für
egentliche nette, kleine
das sie alles hingegeben hat, liebt sie kaum; mindestens
tte gegenüber, kommt
hat es andre lieber. Noch will die verzauberte Seele es
iese mit ihrer großen
nicht wahr haben; langsam muß sie es begreifen lernen.
ld wieder allein. Ein
Vor der Liebe hat sie Angst. Wer seine Kräfte für
ubt ihn zu lieben, aber
den Lebenskampf braucht, darf sich nicht verlieren. Der
fühlt, daß es nur ein
schöne, gesunde Körper der blühenden Frau will sein
zueinander reißt, daß
Recht, aber sie kennt sich und hat Furcht vor sich selbst.
nit ihm nicht denkbar
Dennoch kommt die Liebe; sie kommt, wie es bei einer
wo ihr Blut sie über¬
starken Frau fast selbstverständlich ist, in Gestalt eines
ßt ihn dann von sich,
schwachen Mannes, der sich in ihre Kraft verliebt und
everderblich wird; sie
den sie doch erschreckt. Wie traurig, zu wissen, daß man
da sie fühlt, daß sie
den Geliebten um Haupteslänge überragt! Es ist ein
r Kind in Freiheit zur
trostloses Hin= und Herzerren, dem sie endlich ein Ende
n.
macht. Ihr ganzes Leben ist ein Kampf um ihre Seelen¬
Vollwertigkeit der un¬
kraft, die jeder, der in ihre Nähe kommt, zerbrechen
itschen und skandinavi¬
will. Und sie braucht sie doch so nötig. Häusliches Un¬
und fremdartig an
1
gemach bricht über sie herein, nichtssagend bei Leuten,
s junge Mädchen vom
wvelche Geld haben, zerschmetternd bei solchen, die mit
er konserviert hat. Wir
jedem Groschen rechnen müssen. Sie entzweit sich mit der
lle Demütigungen hin¬
in sorglosen Verhältnissen lebenden Schwester und steht
lschaft zu Beginn des
nun ganz allein, mesquinen Sorgen preisgegeben,
enschen übrig hatte, die
wissend, daß ihr heranwachsendes Kind den ganzen Tag
trennen. Der Kampf
unbehütet und allein bleibt. Mit der Hand des Meisters
taterielle Sorglosigkeit
legt Rolland die Seele dieses einsamen kleinen Jungen
er Mitmenschen unab¬
bloß, des verbitterten, grübelnden, frühreifen Kindes,
der ergreifendste Teil
Teamkenregierung sind erdichtet. Die staatsbildenden
Parteien würden ein Beamtenkabinett nicht unterstützen, denn
eine Beamtenregierung ist keine demokratische
Regierung. Wenn die Koalition auseinandergeht, werden
Neuwahlen stattfinden. In diesem Falle könnte eine
das seiner Mutter beobachtend, kritisch, kühl gegenüber¬
teht. Er gehört nicht in die bürgerliche Gesellschaft, er
gehört nirgends hin. Er ist stolz darauf, daß diese Frau
hn nicht kennt, die äußerlich ihm gegenüber alle Rechte
hat und die ihn doch nie besitzen wird. Der ewige
tragische Kampf der zwei Generationen hebt an: doppelt
tragisch da, wo die Mutter dem Kinde alles geopfert hat.
Noch ein letztes Mal, da Annette schon fast an der
Schwelle des Alters steht, kommt die Liebe: diesmal als
Elementarkraft, gegen die keine andre Gewalt nützt.
Der Mann, ein berühmter und gewissenloser Chirurg,
kennt als sie, zerbricht sie beinahe. Sie muß durch alle
Höllenstrafen durch, welche die Liebe einer freien Frau
zu einem verheirateten Manne mit sich bringt, und als
ie sich endlich befreit, scheint ihr nur der Tod zu bleiben.
Da geschieht das Wunder: die verstümmelte, geknickte,
verzauberte Seele findet sich noch einmal. Noch einmal
kommt ihr die Kraft, stark zu werden, sich zu reinigen
und zu erheben. Irgendwo kritzelt sie dann ein wunder¬
volles Gedicht hin —
ein seltener lyrischer Ausbruch
bei Rolland —, ein Gedicht der weiblichen Demut:
„Du kamst — deine Hand erfaßt mich — ich küsse
deine Hand,
Mit Liebe, mit Entsetzen küß' ich deine Hand.
Du warst mich zu vernichten, Liebe, mir gesandt,
Ich weiß es wohl — schlag zu! —, ich küsse deine Hand.“
Die verzauberte Seele ist gerettet. Sie weiß nicht,
hr Sohn zu gleicher Zeit seine schmerzliche Liebes¬
daß
überwindet — wann wissen Menschen, die eng zu¬
krise
ammen leben, jemals voneinander? Sie selbst hat den
Weg zur Einheit mit sich gefunden und ahnt noch
nicht, welche Schrecken sich über ihrem Haupte zusammen¬
ziehen, daß der Krieg auf dem Wege ist, der ihr das
mühsam gezimmerte Asyl über dem Kopf zertrümmern
wird.
Der letzte Band wird erst in einigen Jahren er¬
scheinen, und er wird vermutlich den Leiden der Frau
im Kriege gehören. Die gütigsten Menschenaugen, die
e geblickt haben, werden auf der namenlosen Pein der
Seelen und den erniedrigendsten Quälereien des All¬
tags mit dem gleichen grenzenlosen Mitleid ruhen, und
unter ihrem Blick wird sich ein Bild des Frauenlebens
ormen, wie es kaum je erschöpfender gestaltet worden
ist. Wer Menschenleid so verstehen kann, ist ein guter
Mensch; wer es so gestaltet, ein Künstler.
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—anlei.
Keine Preiserhöhung!
ale dirigiert.
jugoslawische Ge¬
r mit, daß die Belgrader
Verzauberten Seele",
des Werkes. Jetzt erst lernt Annette den erbittertsten
liegen, sagt Rolland:
Krieg kennen, der je geführt wurde: den der Arbeitenden
wähle ich ein Wesen,
gegen die Arbeitenden, die Konkurrenz, das Weg¬
hle, oder vielmehr, es
chnappen des kleinsten Stückchens Brot. Nun lernt sie
nmal erwählt ist, lasse
begreifen, daß Gedanken, Gefühle, Weltanschauungen
cht, daß ich nichts von
ein Luxus sind, nur dem erreichbar, der weiß, daß er
.Eine Persönlichkeit,
morgen zu essen haben wird. Sehr drollig steht nun im
en Jahrhundert trägt,
Gegensatz zu ihr ihre Schwester Sylvie, die als Besitzerin
he Wohltat der Kunst
eines gut gehenden Schneiderateliers bürgerlich ge¬
efreien, indem sie uns
worden, solide verheiratet und Annette somit in jeder
Weise überlegen ist.
inken, uns in andre
schen Freunde würden
Sie kämpft für ihr Kind, aber auch um das Kind:
stenzen. ...
denn dieses kleine Geschöpf, das sie den ganzen Tag
Zuneigung
erste große
andern Leuten überlassen muß, um seinen Unterhalt zu
der kleinen
chwester,
verdienen, empfindet die Zärtlichkeitskatarakte, mit
istenz sie erst nach dem
denen es abends von der heimkehrenden Mutter über¬
üir die in ihr nach an¬
schüttet wird, als durchaus unangenehm. Was zum Teufel
aftlichste schwesterliche
will diese fremde exaltierte Frau? Im Schneideratelier
richtiges Boulevard¬
der Tante Sylvie, wo es als Hauskatze der munteren
nend, schmiegsam und
Nähmädchen herumläuft, ist es viel netter. Mit unbarm¬
kt gar nicht daran, ihr
herzigen Augen sieht es seine Mutter an, sieht alle ihre
rizischen Schwester zu
eelischen und physischen Schwächen. Dieses Kind, für
egentliche nette, kleine
das sie alles hingegeben hat, liebt sie kaum; mindestens
tte gegenüber, kommt
hat es andre lieber. Noch will die verzauberte Seele es
iese mit ihrer großen
nicht wahr haben; langsam muß sie es begreifen lernen.
ld wieder allein. Ein
Vor der Liebe hat sie Angst. Wer seine Kräfte für
ubt ihn zu lieben, aber
den Lebenskampf braucht, darf sich nicht verlieren. Der
fühlt, daß es nur ein
schöne, gesunde Körper der blühenden Frau will sein
zueinander reißt, daß
Recht, aber sie kennt sich und hat Furcht vor sich selbst.
nit ihm nicht denkbar
Dennoch kommt die Liebe; sie kommt, wie es bei einer
wo ihr Blut sie über¬
starken Frau fast selbstverständlich ist, in Gestalt eines
ßt ihn dann von sich,
schwachen Mannes, der sich in ihre Kraft verliebt und
everderblich wird; sie
den sie doch erschreckt. Wie traurig, zu wissen, daß man
da sie fühlt, daß sie
den Geliebten um Haupteslänge überragt! Es ist ein
r Kind in Freiheit zur
trostloses Hin= und Herzerren, dem sie endlich ein Ende
n.
macht. Ihr ganzes Leben ist ein Kampf um ihre Seelen¬
Vollwertigkeit der un¬
kraft, die jeder, der in ihre Nähe kommt, zerbrechen
itschen und skandinavi¬
will. Und sie braucht sie doch so nötig. Häusliches Un¬
und fremdartig an
1
gemach bricht über sie herein, nichtssagend bei Leuten,
s junge Mädchen vom
wvelche Geld haben, zerschmetternd bei solchen, die mit
er konserviert hat. Wir
jedem Groschen rechnen müssen. Sie entzweit sich mit der
lle Demütigungen hin¬
in sorglosen Verhältnissen lebenden Schwester und steht
lschaft zu Beginn des
nun ganz allein, mesquinen Sorgen preisgegeben,
enschen übrig hatte, die
wissend, daß ihr heranwachsendes Kind den ganzen Tag
trennen. Der Kampf
unbehütet und allein bleibt. Mit der Hand des Meisters
taterielle Sorglosigkeit
legt Rolland die Seele dieses einsamen kleinen Jungen
er Mitmenschen unab¬
bloß, des verbitterten, grübelnden, frühreifen Kindes,
der ergreifendste Teil
Teamkenregierung sind erdichtet. Die staatsbildenden
Parteien würden ein Beamtenkabinett nicht unterstützen, denn
eine Beamtenregierung ist keine demokratische
Regierung. Wenn die Koalition auseinandergeht, werden
Neuwahlen stattfinden. In diesem Falle könnte eine
das seiner Mutter beobachtend, kritisch, kühl gegenüber¬
teht. Er gehört nicht in die bürgerliche Gesellschaft, er
gehört nirgends hin. Er ist stolz darauf, daß diese Frau
hn nicht kennt, die äußerlich ihm gegenüber alle Rechte
hat und die ihn doch nie besitzen wird. Der ewige
tragische Kampf der zwei Generationen hebt an: doppelt
tragisch da, wo die Mutter dem Kinde alles geopfert hat.
Noch ein letztes Mal, da Annette schon fast an der
Schwelle des Alters steht, kommt die Liebe: diesmal als
Elementarkraft, gegen die keine andre Gewalt nützt.
Der Mann, ein berühmter und gewissenloser Chirurg,
kennt als sie, zerbricht sie beinahe. Sie muß durch alle
Höllenstrafen durch, welche die Liebe einer freien Frau
zu einem verheirateten Manne mit sich bringt, und als
ie sich endlich befreit, scheint ihr nur der Tod zu bleiben.
Da geschieht das Wunder: die verstümmelte, geknickte,
verzauberte Seele findet sich noch einmal. Noch einmal
kommt ihr die Kraft, stark zu werden, sich zu reinigen
und zu erheben. Irgendwo kritzelt sie dann ein wunder¬
volles Gedicht hin —
ein seltener lyrischer Ausbruch
bei Rolland —, ein Gedicht der weiblichen Demut:
„Du kamst — deine Hand erfaßt mich — ich küsse
deine Hand,
Mit Liebe, mit Entsetzen küß' ich deine Hand.
Du warst mich zu vernichten, Liebe, mir gesandt,
Ich weiß es wohl — schlag zu! —, ich küsse deine Hand.“
Die verzauberte Seele ist gerettet. Sie weiß nicht,
hr Sohn zu gleicher Zeit seine schmerzliche Liebes¬
daß
überwindet — wann wissen Menschen, die eng zu¬
krise
ammen leben, jemals voneinander? Sie selbst hat den
Weg zur Einheit mit sich gefunden und ahnt noch
nicht, welche Schrecken sich über ihrem Haupte zusammen¬
ziehen, daß der Krieg auf dem Wege ist, der ihr das
mühsam gezimmerte Asyl über dem Kopf zertrümmern
wird.
Der letzte Band wird erst in einigen Jahren er¬
scheinen, und er wird vermutlich den Leiden der Frau
im Kriege gehören. Die gütigsten Menschenaugen, die
e geblickt haben, werden auf der namenlosen Pein der
Seelen und den erniedrigendsten Quälereien des All¬
tags mit dem gleichen grenzenlosen Mitleid ruhen, und
unter ihrem Blick wird sich ein Bild des Frauenlebens
ormen, wie es kaum je erschöpfender gestaltet worden
ist. Wer Menschenleid so verstehen kann, ist ein guter
Mensch; wer es so gestaltet, ein Künstler.