31.
Fraeulein Else
WIENER MESSE
7. bis 13. März 1937 — Technische und
Landwirtschaftliche Messe bis 14. März
Auskünfte aller Art ertellen die ehrenamtlichen Ver¬
treter der Wiener Messe in allen größeren Städton der
Wolt sowie das Zentralbüro der Wiener Messe-A. G.,
Wien, VII., Messepalast
„OBSERVER“
. österr. behördlich konzessioniertes Unternehmen für
Zeitungsausschnitte, Wien, I., Wollzelle 11, Tel. R 23-0-43
Ausschnitt aus:
PRäoEa Mittag,
vom
• I. FEB 1937
Fräulein Eise
Erstaufführung im N. D. T.
Es ist eine alte Ueberlegung, die sich auf
Grund der Qualität von Knoblauch einerseits und
Schokolade anderseits fragt, wie gut erst Kno¬
box 5/3
blauch mit Schokolade sein müsse. Aehnlich er¬
wartungsfroh mag auch Einst Lothar, in seiner
Eigenschaft als Direktor des Josefstädter Thea¬
ters, die Schnitzler-Novelle pFraulein Eisee dra¬
matisiert und zür Aufführung gebracht haben.
Schnitzler ist gut, Josefstadt ist gut — wie gut
indsoweiter. Freilich zeigt sich schon in Wien,
dass die Bearbeitung doch eher vom Direktor des
Josefstädter Theaters in seiner Eigenschaft als
Ernst Lothar vorgenommen war. Will sagen: dass
die dramatischen Ergebnisse dem direktoralen
Wunsch nicht völlig entsprachen. (Will eigentlich
mehr sagen, kann aber nicht.) Daus diese klassi¬
sche Monolog-Novelle auf der Bühne zu kurz
kommen muss, und infolgedessen kommt sie zul
lang, um mindestens zwei Bilder. Dramatisch
nämlich ist sie schon dort zu Ende, wo Else den
Gruss Dorsdays erwidert — es wäre denn, dass
sich noch ein Umschwung begäbe. Der begibt
sich aber nicht, sondern Else ganz folgerichtig
auf die Szene, wo sie ausführlich zusammen¬
bricht und stirbt. — Immerhin: Josefstadt ist
gut.
Gestern wurde das Stück am Neuen Deutschen
Theater aufgeführt. Herr Klippel gab den
Dorsday. Er hatte sich, in offenbarer Verken¬
nung der Brandhoferschen Bart-Genesis, desglei¬
chen einen schmucken Biber zurechtmachen las¬
sen und wies ferner ein Monokel auf, mit Schnur.
Er brachte also vor allem das Lüstern-Dämoni¬
sche zum Ausdruck, die Gier nach Elses Nackt¬
heit. Indessen Frl. Macheiner als Else sich
vorbildlich sparsamer Mittel bediente. Doch war
sie wieder allzu sehr von Anfang an auf Depres¬
sion gestimmt, man merkte sofort, dass es mit
ihr nicht gut ausfallen würde, und so kam es
auch. Die grosse Erschütterung des Abends geht
von Herrn Valks einzigem Auftritt aus, von
der leidenschaftlichen Wucht, mit der er sich vor
einem imaginären Staatsanwalt verteidigt, vom
ausweglosen Zwiespalt seines Vaterherzens. Le¬
bendig und wirkungsecht Frau Stein als mon¬
ströser Tanten-Unhold. Herr Schmerzenreich und
die Damen Warnheltz und Brod schaffen die arg
eduzierte Atmosphäre um die beiden Haupt¬
gestalten. Liebls Regie bewältigt die Hinder¬
nisse der monologischen Urform mit erstaunli¬
chem Tempo, und Schulter Bühnenbilder sind be¬
sonders hübsch. Schade nur, dass in der Halle
des betont italienischen Hotels Fratazza — die
Betonung erfolgt durch Radebrechen der Por¬
tiers und Kellner — lediglich deutsche Aufschrif¬
ten prangen. Dafür hört man, von eigens zu die¬
sem Behuf über die Szene dirigierten Hotel¬
gästen, eine Menge fremder Sprachen, fremd
auch den Sprechenden selbst. — Der Beifall, am
stärksten nach Valks grossem Solo, muss zum
Teil der dichterischen Unbezwinglichkeit Schnitz¬
lers gegolten haben.
759. 5
Fraeulein Else
WIENER MESSE
7. bis 13. März 1937 — Technische und
Landwirtschaftliche Messe bis 14. März
Auskünfte aller Art ertellen die ehrenamtlichen Ver¬
treter der Wiener Messe in allen größeren Städton der
Wolt sowie das Zentralbüro der Wiener Messe-A. G.,
Wien, VII., Messepalast
„OBSERVER“
. österr. behördlich konzessioniertes Unternehmen für
Zeitungsausschnitte, Wien, I., Wollzelle 11, Tel. R 23-0-43
Ausschnitt aus:
PRäoEa Mittag,
vom
• I. FEB 1937
Fräulein Eise
Erstaufführung im N. D. T.
Es ist eine alte Ueberlegung, die sich auf
Grund der Qualität von Knoblauch einerseits und
Schokolade anderseits fragt, wie gut erst Kno¬
box 5/3
blauch mit Schokolade sein müsse. Aehnlich er¬
wartungsfroh mag auch Einst Lothar, in seiner
Eigenschaft als Direktor des Josefstädter Thea¬
ters, die Schnitzler-Novelle pFraulein Eisee dra¬
matisiert und zür Aufführung gebracht haben.
Schnitzler ist gut, Josefstadt ist gut — wie gut
indsoweiter. Freilich zeigt sich schon in Wien,
dass die Bearbeitung doch eher vom Direktor des
Josefstädter Theaters in seiner Eigenschaft als
Ernst Lothar vorgenommen war. Will sagen: dass
die dramatischen Ergebnisse dem direktoralen
Wunsch nicht völlig entsprachen. (Will eigentlich
mehr sagen, kann aber nicht.) Daus diese klassi¬
sche Monolog-Novelle auf der Bühne zu kurz
kommen muss, und infolgedessen kommt sie zul
lang, um mindestens zwei Bilder. Dramatisch
nämlich ist sie schon dort zu Ende, wo Else den
Gruss Dorsdays erwidert — es wäre denn, dass
sich noch ein Umschwung begäbe. Der begibt
sich aber nicht, sondern Else ganz folgerichtig
auf die Szene, wo sie ausführlich zusammen¬
bricht und stirbt. — Immerhin: Josefstadt ist
gut.
Gestern wurde das Stück am Neuen Deutschen
Theater aufgeführt. Herr Klippel gab den
Dorsday. Er hatte sich, in offenbarer Verken¬
nung der Brandhoferschen Bart-Genesis, desglei¬
chen einen schmucken Biber zurechtmachen las¬
sen und wies ferner ein Monokel auf, mit Schnur.
Er brachte also vor allem das Lüstern-Dämoni¬
sche zum Ausdruck, die Gier nach Elses Nackt¬
heit. Indessen Frl. Macheiner als Else sich
vorbildlich sparsamer Mittel bediente. Doch war
sie wieder allzu sehr von Anfang an auf Depres¬
sion gestimmt, man merkte sofort, dass es mit
ihr nicht gut ausfallen würde, und so kam es
auch. Die grosse Erschütterung des Abends geht
von Herrn Valks einzigem Auftritt aus, von
der leidenschaftlichen Wucht, mit der er sich vor
einem imaginären Staatsanwalt verteidigt, vom
ausweglosen Zwiespalt seines Vaterherzens. Le¬
bendig und wirkungsecht Frau Stein als mon¬
ströser Tanten-Unhold. Herr Schmerzenreich und
die Damen Warnheltz und Brod schaffen die arg
eduzierte Atmosphäre um die beiden Haupt¬
gestalten. Liebls Regie bewältigt die Hinder¬
nisse der monologischen Urform mit erstaunli¬
chem Tempo, und Schulter Bühnenbilder sind be¬
sonders hübsch. Schade nur, dass in der Halle
des betont italienischen Hotels Fratazza — die
Betonung erfolgt durch Radebrechen der Por¬
tiers und Kellner — lediglich deutsche Aufschrif¬
ten prangen. Dafür hört man, von eigens zu die¬
sem Behuf über die Szene dirigierten Hotel¬
gästen, eine Menge fremder Sprachen, fremd
auch den Sprechenden selbst. — Der Beifall, am
stärksten nach Valks grossem Solo, muss zum
Teil der dichterischen Unbezwinglichkeit Schnitz¬
lers gegolten haben.
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