I, Erzählende Schriften 31, Fräulein Else, Seite 298

31. Fraeulein Else
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„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
der Morgen, Wien
96. MR7
vom:
Literatur am Naschmarkt
teragenten stellten einige talentierte Vor¬
gleichen Ansicht eine elegische junge Dame
Wenn die Theaterkunst in die Kaffee¬
zimmerhocker bei, kleine Schauspieler, die
in einem effektvollen Stahlrohrfessel, die
haussouterrains flüchtet, muß draußen eini¬
die lange Engagementlosigkeit bescheiden
von einem Klavier akkompagniert, aktuelle
germaßen lausiges Wetter sein. Tatsächlich
genug gemacht hatte, um hier im Keller¬
Chansons vorträgt. Und auch der Manager
hat es alle diese jungen Bühnenenthusiasten,
geschoß eines Teaterkaffeehauses der süßen
diese Spielleute einer grausam=menschen¬
der „Stachelbeere“ (CaféDöblingerhof), der
Freude des Theaterspielens zu obliegen.
fresserischen Zeitgottheit, anständig durch¬
Direktor des „Theaters der Neunundvier
Im Anfang war die kaufmännische Bi¬
gebeutelt, zerzaust und umhergeworfen, bis
zig“ (das mit 50 Sitzen unter Konzessions¬
lanz. Sie war denkbar einfach: Der Cafe¬
sie sich zu kleinen Kabarettzirkeln, zu un¬
zwang fiele und daher nur 49 hat), die
tier erweist sich als freundlicher Mäzen,
konzessionierten „Theatern der Neunund¬
timmbegabten Darsteller des Kleinkabas
stellt den kleinen Saal zur Verfügung,
vierzig“, zu jenen unterirdischen Verschwö¬
retts „Regenbogen“, das im Arkadencafé
kommt für Licht und Beheizung auf, für
rungen anspruchsloser Brettlspielerei zu¬
ganz reizende Kurzopern aufführt
sie
den Bau der Bühne verausgabt sich der
sammengeschlossen haben, die seit Monaten
alle sind der Ansicht, daß sich ein beläm¬
„Kapitalist“ und ein junger, begabter Büh¬
den Kaffeehausgast von der P##idgepartie,
mertes Leben viel leichter ertragen läßt,
nenmaler, Herr Josefovic, der dem Ende
von der Lektüre der Modejournale weg in
wenn man es mit buntbemalten Kulissen
der Volksoper seine Beschäftigungslosigkeit
die Tiefe locken, wo ein Licht strahlt in der
umstellt.
verdankt, malt einen Kulissenhorizont in
Finsternis, das sich „Der liebe Augustin“
Das ist nämlich die große Entdeckung
den buntesten Farben. Der Horizont dieser
nennt, oder „Literatur am Naschmarkt“
dieser Kleinkunstbühnen, daß nämlich das
Theatergründung sieht allerdings weniger
oder „Der Regenbogen“, oder gar „Die
freundlich aus. Man macht sich nicht viel
Seeschlange“ (denn warum soll schließlich
Hoffnungen, man denkt nicht lange nac
ein gutgeführtes Wiener Kaffeehaus nicht
man arbeitet an dem Repertoire.
auch seine eigene Seeschlange haben?).
Erste niederschmetternde Entdeckung:
Wenn man sich alle diese handgemalten
urchtbarer Autorenmangel auch bei dieser
Einladungsplakate der Wiener Kaffeehaus¬
Kleinkunstbühne. Entweder fällt den jun¬
kabaretts betrachtet, vermutet man nicht zu
gen Leuten nichts mehr ein oder die Not
Unrecht tiefere Zusammenhänge, zwischen
der Zeit hat sie eben zu einer Sachlichkeit
der Theaterpleite nämlich, und dieser drolli¬
erzogen, die ihr Taleni nicht auf dem tan¬
gen Konjunktur einer Kabarettkunst, die
tiemenlosen Kaffehausbrettl verzettelt.
längst schon totgesagt, eine Wiederauferste¬
hung zu tief herabgesetzten Preisen feiert.
Die Metamorphosen des Herrn
Und tatsächlich ist es das gleiche, brave, bür¬
Knöller
gerliche Publikum, das heute keine Kunst¬
stelle mehr ins Theater locken kann, das jetzt
So geht man eben in die Nationalbiblio¬
Chansons und Kurzszenen gleichsam als
hek, stöbert „Die ergötzlichen Metamorpho¬
Kipfelgebäck zur Kaffeehausmelange genießt
sen des Herrn Knöller“ auf, eine verstaubte
und wenn man die lieben Leute fragt, war¬
Hanswurstiade, die gebürstet und neu auf¬
um sie dem Klassikerabend untreu geworden
poliert wird (Herr Knöller hat einen Taler,
sind und sich zum anmutigen Gschnas be¬
und wenn er einem guten Freund diesen
kehren, dann heißt es: „Mein Gott — wer
Taler schenkt, dann kaust er ihm seine Ge¬
hat heute das unbeschwerte Gemüt, um die
stalt damit ab wie den Schatten des Schle¬
Entwicklung eines Seelenkonfliktes durch
mihl und kann in die Haut des Beschenkten
fünf Akte zu überwachen!“ oder noch pro¬
kriechen. Zuletzt schenkt er das Gerostück
saischer: „Wenn ich ins Kaffeehauskabarett
einem Sterbenden und wird mit knapper
gehe, muß ich der Friseuse nichts zu ver¬
Mühe vor dem Exitus gerettet).
dienen geben und kann mein Abendkleid für
Dann werden Strindberg=Parodien an¬
gefertigt — eine Familie voll köstlichsten
bessere Zeiten schonen!“
Da ahnt man einiges. Vor allem: daß
Hasses und dämonischester Boshaftigkeit —
Professor Leid tritt auf, der Seelenforscher
Kino und Kleinkabarett aus den gleichen
Profitquellen schöpfen, wenn auch diese be¬
aus der Talgasse, und ein — mit feinster
scheidene Kleinkunst bei weitem nicht so
Anspielung auf Herrn Professor Freud aus
aus dem Vollen scheffelt, wie die Gro߬
der Berggasse, der den braven Schwejk von
der „Rederitis“ heilt. Eine feine Sache ist
industrie für Zelluloidträume,
Rame
verrauchte
wart gle
wird dur
so erhält
bühne der
ere Beder
einen Sch
den billig
Gerngroß
zusperren