I, Erzählende Schriften 30, Casanovas Heimfahrt, Seite 10

Casanovas Heimfahrt
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30. C
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cher und Finder subtiler Nuancen schleppt Olivio den Clevalier auf sein nahes Besitztum.
ten. Und Casanova? Ein bald! Der sträubt sich erst, doch die Schilderung einer jungen,
ald roh zugreifender Wüstling und wunderschönen Nichte Olivos von ebenso großer Gelehr¬
nchts, das Ziel alles ist, den nur samkeit wie Tugend schürt seine Neugier mit der Witte¬
sitzt, nie mildes Gefühl erwärmt rung neuen, lustvollen Erlebens. Auf dem Gutshofe an¬
nehmen, nie geben will. Die beiden gekommen, tritt ihm Amalia, die Hausfrau, sofort als
nder gemein und Schnitzler fühlte die Geliebte von damals entgegen. Für sie ist Casanova
ehr und mehr, rückte immer ent= nicht gealtert, für sie blieb er der Mann, an den sich ihre
Helden ab, und was wir als viel= wonnigsten Erinnerungen knüpfen, und unbedenklich will
sie gleich diese Nacht wieder in seine Arme eilen. Casanova
lich zu lesen begunen, enthüllt sich
aber sieht nur Marcolina, die schöne Nichte. Vorsichtig.
nden vielen Abenteuern Casanovas
mit dem wohlgeübten Raffinement des erfahrenen Ver¬
kelle freilich, wie es ihrer heute führers, versucht er sich ihr zu nähern. Aber vergebens
alle Raketen seines Geistes ab, er
Jede ihrer Seiten spricht von breant
Können, zeigt ein Künstlertum, in sieht in ihren Augen nichts als „Widerwillen.
ja Ekel vor seiner angejahrten Lüsternheit.
r sich noch kein Heröstfaden stahl.
Er ist entsetzt, verzweifelt, kann und will an solch
prache sind Bilder, Szenen, Farben
st einer Technik zum Ganzen gereiht, völliges Versagen seines persönlichen Zaubers nicht
glauben, sinnt auf neue Schliche und Mittel, die Unnah¬
en, die so vollendet ist, daß man sie
bare zu besiegen, und eilt, als ihn nachts der Schlaf
Episches und Lyrisches, sinnliche
flieht, in den Garten hinunter, um vor ihrem Fenster
ende Geistigkeit fließt, von einer
weiterzugrübeln. Da entsteigt diesem Fenster der junge
and beherrscht, zu entzückender Har¬
nd von dramatischem Puls belebt, Leutnant Lorenzi, den Casanova wenige Stunden vor¬
her kennengelernt hat, ein Jüngling, so schön, so kühn
e mit der gleichen wirrsäligen Hast,
llen Buntheit vorüber, wie einst das und leichtsinnig, wie er selbst es vor Jahren gewesen.
Der hatte die Nacht bei derselben Marcolina verbracht.
birtuosen, bis es an die bittere Weg¬
Alters, der drohenden Vergessenheit, bei der Casanova nicht ein freundliches Lächeln erreichen
konnte. Außer sich vor Zorn und Beschämung sinnt er
t geriet, an der Casanova Rost hält,
auf Rache. Der Zufall des Kartenspieles kommt ihm zu
lung einsetzt.
Hilfe. Lorenzi verliert all sein Geld an einen alten
#ordene Casanova erhofft in Mantua
d des Senats, der ihm die Rückkehr Marchese, der es die längste Zeit ansehen mußte, wie
icht, das er nicht mehr gesehen, seit der Leutnant ihn mit seiner Frau hinterging. Nun
nern in verwegener Flucht verlassen. schlägt ihm die Stunde der Rache. Er insultiert den
n längst vergessener Bekannter. In Offizier aufs schwerste und dieser weiß, daß er vernichtet
ist, wenn er seine Schuld nicht begleichen kann. Da
er dem einst die Tochter seiner Ge¬
schleicht Casanova dem verstört Forteilenden nach. Mit
nid hundertfünfzig Dukaten geschenkt,
zynischer Unbarmherzigkeit hölt er Lorenzi dessen Lage
en ländlichen Hausstand begründete.
den Dank der jungen Braut so ein= vor und bietet ihm die viertausend Dukaten an, die ihn
seine Art war, erfuhr der Ehemann retten können. Doch als Gegendienst will Casanova in
Hause, dessen Wohlstand gedieh, blieb Lorenzis Mantel nachts in die Kammer Marcolinas.
hherzigen, vornehmen Freundes ein Lorenzi muß auf den schurkischen Pakt eingehen. Ein
er. In der Freude des Wiedersehens paar Stunden später steigt Cajanoyo, der seine Abreise
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Schnitzler die
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So erzähli
vorgetäuscht hat, durch das Fenster der Begehrten, die
und die plast
den Trug nicht merkt und ihm all die Wonnen schenkt,
das Buc
die Lorenzi zugedacht sind.
Seite
Bei der Unwahrscheinlichkeit dieses Manteltausches,
der unserem Empfinden nach doch nicht genügen kann, um liter
ein in Liebe erglühendes Weib den alternden Rous sih Fi
den jugendfrischen Geliebten halten zu lassen, gleitet die be
Erzählung bedenklich ins Fahrwasser Boccaccios. Vons# sie
Schnitzlerschen Frauen verlangen wir feinere Nerven. Doch Ra
gleich darauf genießen wir um so stärker die wissendessich
Uleberlegenheit Schnitzlerscher Sexualpsychologie — diesune
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jenes Schnitzlers, der den „Reigen“ schrieb —, da d#se kenn
mit Geist von sein
gemein erschlichene Liebesnacht geschildert wird. Unter den lihm wes
e zu Seite
rüssen und Zärtlichleiten Marcolinas wird Casanova wie¬ beleben wollte, verstärkt sich von Sei
schwal
ziges Mal nur wird sie vorüber
der zum feurigen Jüngling. Indes der erste Sturm
einziges Mal scheint Casanova d
der Sinne vorbeigerauscht ist, verlischt die Glut und —
rige
Schnitzlers zu sein. Da fällt auf
ihn übermannt der Schlaf. Er zählt eben doch dreiund¬

der verklärende Strahl des Begl
fünfzig Jahre. Und im ersten Morgenstrahl sieht Marco¬
spenders; das geschieht, als Casanova in Beglei
lina einen ermatteten Greis auf ihrem Lager. Ihr ent¬
jetzter Ekel treibt ihn hinaus. Draußen aber erwartet ihn Gastfreunde ein nahes Frauenkloster besuch
Infassen das Gelübde ewigen Schweigens abge
Lorenzi mit dem blanken Degen in der Faust. Ein letzter
Plötzlich hört er seinen eigenen Namen wie ein
Rest von Ehrgefühl trieb ihn her: Mußte er Marcolinas.
Gunst verschachern, so soll er od der andere es mit dem lich verhaltenen Schrei. Er kam von Frauenlipp
Leben büßen. Doch Casanova tt unter dem erborgten nova — nichts als der Name, doch mit einem
Mantel keine Kleider. So entledigt sich Lorenzi, um die wie ihn Casanova noch niemals gehört zu
Bedingungen des Zweikampfes auszugleichen, auch dermeinte. Ob eine einstmals Geliebte, ob eine ni
seinen. Nackt fechten sie im Morgengrauen. Es ist eine schaute eben ein heiliges Gelübde gebrochen, um
oder ein erstes Mal seinen Namen in die Luft
Szene, die ein berühmter Kupferstecher des Cinquecento
— ob darin die Seligkeit eines unerwartete
gestochen haben könnte. Des Cinquecents — von dessen
sehens, der Schmerz um ein unwiederdringlich
großartiger Brutalität sie erfüllt ist — und nicht des
meichen, galanten siebrehnten Jahrhunderts Casanovas, oder die Klage gezittert, daß ein heißer Wuns