I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 35

Badearzt
29. Doktor Graesler.
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r
AE
Nr. 113.
Berliner Tageblatt.
Sonnabend, den 3. März 1917.

Aeeen

1u900 a höhel Prristl verkrieben berden sollen. Die auf einer mittleren Linie einigen werden. Wenigstens braucht man und Abauerte, jetzt
die die Richtigkeit
Reisenden, die kleine, für den Hausgebravh bestimmte Vorräte
im Augenblick nicht mit einem Abbruch der Verhandlungen zu rechnen.
mitbrachten, blieben unbelästigt und ko inten die mitgebrachten
Vorerst läuft der alte Vertrag zwischen Aerztekammer und Stadt bis Papiere sollten sich
er erklärte, sie be
Lebensmittel ohne veiteres mit nach Harse nehmen.) Sie dürfen
zum 15. d. M., und man wird auch darüber hinaus, so lange die
das Adelsprädikat
das auch fernerhin tun. Um die Einfuhr von Kartoffeln hat sich
Einigungsversuche fortgesetzt werden, interimistisch unter den allen
Einspruch, den er
das Kriegswucheramt nur insoweit bekümmert, als größere Vor¬
Verhältnissen weiteranbeiten. Das ist im Interesse der Krieger¬
berechtigten Führe
räte ankamen, deren Empfänger nicht die Erlaubnis zu. Einfuhr
familien dringend wünschenswert, wenn auch die Aerzteschaft, wie
von Kartoffeln nach Berlin hatten. Die Kontrolle auf dem Gör¬
wir hier bereits mitteilten, durch die immer wachsende Zahl der Fami= gezogen. Er hat
der sich nur selbst
litzer Bahnyof erfolgte im Auftrage der Staatsanwaltschaft in
lien, während das festgesetzte Pauschalhonorar gleichgeblieben ist, nicht
Kottbus. Dort sind größere Mengen Butter verschwunden, die
ells wir noch im
unerheblich benachteiligt ist. Die Aerztekamner hatte einen neuen
man durch eine Untersuchung der Reisenden und ihres Gepäckes
Autolimusine zur ##
Vertrag verlangt, wonach pro Familie und Jahr (nicht wie
Tausende, wenn er
wiederzufinden hoffte.
irrtümlich berichtet war pro Besuch) 5 Mark ausgeworfen werden soll¬
*
coups zu „landen“.
ten. Die dadurch nicht unerheblichen Mehrkosten weigert sich bis jetzt
der Rennbahn zu se
Wie wir erfahre, hat der Präsident des Kriegsernährungsamtes die Stadt zu bewilligen; und sie trägt sich mit dem Gedanken, statt
einem Rentag zum
die Freigabe der Gemüsekonserven, soweit sie bei den der ärztlichen Versorgung in natura eine Geldent¬
gab Unsummen in
schädigung den betreffenden Familien zu gewähren Abgesehen von
Groß= und Kleinhändlern lagern, bereits angeordnet. Die Ausgabe
seiner Sportfreund
all den hier schon erwähnten Unzuträglichkeiten würden durch die
soll nur durch die Kommunen auf Lebensmittelkarten erfolgen. Jeder
sich Croßmann auf
erforderlichen Kontrollmaßnahmen die Unterstützungskommissare über¬
Einwohner, der bei der Ausgabe der konservierten Gemüse (eine
strickte, einen Aus
mäßig belastet werden. — Vielleicht ließe sich, wie das in einigen
1/ Büchse enthält etwa zwei Pfund) nichts erhalten kann, soll als
S
Gasthöf, vo man
ich dich wieder?“ fragte er, als der Wagen auf Katharinens
nicht behelligt
Wunsch in einiger Entfernung von ihrem Wohnhaus hielt.
Doktor Gräsler, Badearzt
man nachher sch
Sie versprach ihm, morgen abend zu kommen. Dann stieg
sie aus, bat ihn, sie nicht bis zum Tor zu begleiten, und
Erzählung
verschwand im Schatten der Häuser.
[Nachdruck verboten.]
von
18 Fortsetzung.]
Kaum he
Am nächsten Morgen verspürte Dr. Gräsler keinerlei
Arthur Schnitzler.
Neigung, das Spital zu besuchen; doch ale er später unter einer
ehann
kühlen, klaren Herbstsonne zu einer Tageszeit, da andere Leute
ruhig, aber ohne ihn anzublicken:
Sie erwiderte
gemag
ihrem Berufe nachgingen, im Stadtgarten herumspazierte,
Er setzte sich näher zu ihr und
„Warum nicht?“
trat #
meldeten sich in ihm leise Regungen des Gewissens, als wäre
Sie wehrte
legte seinen Arm leise um ihren Hals.
ob der
er nicht nur sich selbst, sondern auch jemandem anderen
Er stand auf,
es ab, was ihm nicht übel gefiel.
aus d
Rechenschaft schuldig, und er wußte daß diese andere Sabine
entschloß sich, Katharina von nun an vollkommen als Dame
leins
war. Der Gedanke an die Anstalt des Dr. Frank drängte
zu behandeln, und bat höflich um die Erlaubnis, sich eine
Gräsl
rrötzlich mit Macht sich wieder auf; Gräsler überdachte allerlei
Zigarre anzünden zu dürfen. Dann, rauchend, und im
eine
bauliche Aenderungen, erwog die Errichtung neuer Bade¬
Zimmer auf und ab wandelnd, sprach er ernst und mit Be¬
e nich
räume, entwarf Prospekte in Worten von überzeugender Kraft,
ziehung von dem seltsamen Lauf der menschlichen Tage,
besuch
wie sie ihm bisher noch niemals so verwegen zugeströmt waren.
deren man auch nicht einen vorher zu berechnen imstande
der
und schwor sich zu, daß er in derselben Stunde, in der von
sei, erzählte dann von all den Orten im Norden und im
tätig
Sabine eine Nachricht käme, zurückreisen und die Sache in
Süden, wohin sein Beruf ihn schon geführt hatte, und ließ
noch
Ordnung bringen werde. Wenn sie aber auch seinen letzten
dahingestellt, wohin er ihn wohl noch fuhren könnte; im
läu
Brief unbeantwortet ließe, dann war alles zu Ende, zumindest
Reden blieb er zuweilen neben Katharinen stehen, die Datteln
zwischen ihm und ihr. Denn auch den Kauf des Sanatoriums
Fr
und Nüsse aß, und legte sachte die Hand auf ihr braunes
ausschließlich von Sabinens Verhalten abhängig zu machen,
Haar. Katharina, die ihm mit Teilnahme, und zuweilen
dazu lag kein Grund vor, und es wäre wahrhaftig kein übler,
durch wißbegierige Fragen ihn unterbrechend, zuhörte, ließ
ja sogar ein etwas verteufelter Gedanke, mit einer anderen
manchmal ein sonderbares wie spöttisches Aufleuchten der
10
Frau Direktorin in das herrlich umgestaltete Gebäude Einzug
Augen merken, was den Doktor dann immer wieder ver¬
die
zu halten — womöglich mit einer, die ihn nicht just für einen
anlaßte, noch beflissener und sachlicher in seinen Reden fort¬
zu haber
egoistischen, pedantischen, langweiligen Gesellen hielt, wie eine
zufahren. Als die Wanduhr Mitternacht schlug, erhob sich
0
zeiten nicht
gewisse andere junge Dame. Er lächelte vor sich hin. Wenn
Katharina, als wäre es das unwiderrufliche Zeichen zum Auf¬
Holztreppe hittau
es ihm etwa beliebte, Fräulein Katharina hierzu auszuersehen,
bruch; und Gräsler tat recht ungehalten, obwohl er in der
durch das schräg
dann dürfte ihn wohl niemand mehr für einen Pedanten oder
Tiefe seiner Seele eine gewisse Erleichterung verspürte Bevor
Gräsler sich mi
Philister halten. Er ließ sich auf einer Bank nieder. Kinder
Katharina ging, räumte sie den Tisch ab, stellte die Sessel
flüssiger, vergef
liefen an ihm vorüber. Im gelblichen Laub flossen herbstliche
zurecht und machte Ordnung im Zimmer. In der Türe,
Winkeln, die Mit
Steahlen hin. Von einer fernen Fabrik her tönte das Mittags¬
ganz plötzlich hob sie sich auf die Fußspitzen und reichte dem
Der erste, den G#
zeichen des Nebelhorns Heute abend, dachte er. Heute abend!
Doktor die Lippen zum Kuß. „Weil Sie so brav gewesen
alte Vorhänge
Steigt die Jugend noch einmal auf? Ist es denn noch an der
sind,“ sagte sie dann, und in ihren Augen blitzte es wieder
nicht daran dach
Zeit für solche Abenteuer? Sollte man nicht doch auf der Hut
sonderbar spöttisch auf. Sie gingen die Treppen hinunter
machen, ließ den
sein? Fortreisen? Gleich ganz fort — das nächste Schiff
im Schein einer flackernden Kerze die Gräsler vorantrug.
sargartige Kiste,
nehmen und nach Lanzerote? Oder zurück — zu Sabine? Zu
An der nächsten Ecke stand ein Wagen, Gräsler stieg mit
Inhalt vermuten
dem Wesen mit der reinen Seele? Hm! Wer weiß, wie sich
Katharina ein, sie lehnte sich an ihn, er umschlang ihren
vor sich liegen
ihr Leben gestaltet hätte, wenn ihr im gegebenen Moment der
Hals; und so fuhren sie stumm durch die nächtlichen Straßen,
schlägen, größer
Richtige begegnet wäre — nicht gerade ein unverschämter
bis, schon in der Nähe von Katharinens Wohnhaus. Gräsler
auf einem dieser
Er erhoh
das junge Mädchen heftiger an sich zog und ihr Mund und Tenor oder ein kopfhängerischer Medizinmann
Wangen mit leidenschaftlichen Küssen bedeckte. „Wann sehl sich und begab sich zunächst zum Mittagessen in den vornehmen!