I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 59

Badearzt
raesler
29. Dokto
box 4/8
Senvor Graeszerzaunaaher
Nr. 139.
Sonnabend, den 17. März 1917.
Berliner Tageblatt.
eee uh Auserr. Beitsltmtungen über fwährend des Krieges
Dir früsie Kriegbumeige.
die Ausgabe von Tuchen der bezeichneten Art durch die Kriegs= und
Am Anfang des
Die Bergwerksgesellschaft Georg v. Giesches Erben in Breslau
Reserveoekleidungsämter, sowie über die Verpflichtungen, deren
Westen geflogen. Da#
Uebernahme von den Verarbeitern vor der Ausgabe solcher Tuche
beteiligte sich mit 11 Millionen Mark an der neuen Kriegsanleihe.
Eisernen Kreuz kehrt
in Zukunft gefordert wird. Die Bekanntmachung wird in vollem
Außerdem zeichneten die Siemens=Schuckert=Werke in
Wortlaut in den Regierungsamtsblättern veröffentlicht.
zurück. Nunmehr wa
Nürnberg 15 Millionen Mark. Die Gewerkschaft Lothringen in
Die Stadt Berlin als Erbin. Die am 22. Februar vorigen
struktion zu. Seine
Gerthe 3 Millionen Mark; die Landesversicherungsanstalt Braun¬
erschrockenheit stellte
Jahres verstorbene Frau Auguste v. Heigel geb. Gerstmann hat die
schweig 1 Million Mark; die Maschinenbau=Anstalt und Eisen¬
Stadt Berlin zur Erbin eingesetzt. Die Zinsen des Nachlasses sollen
wie vor sechs, sieben
gießerei vormals Th. Flöther A.=G. in Gassen 1200000 Mark; die
des deutschen Flugn
Verwendung finden, um verwaisten oder unbemittelten jungen
Hagener Lederfabrik A.=G. 1 Million Mark: die Oelfabrik
Männern eine höhere Ausbildung zu ermöglichen. Bevorzugt werden
Probleme. Aus nahe
Groß=Gerau 1 Million Mark; die Sparkasse in Preetz 1½ Mil¬
solche junge Leute, die Juristen oder Aerzte werden oder in
darüber gesprochen
lionen Mark; die Aachener Stahlfabrik Fafnir 3 Millionen Mark;
einem anderen akademischen Beruf sich ausbilden wollen. Die Unter¬
Verdienste Vollmöller
die Bergmann Industriewerke G. m. b. H. in Gaggenau 1 Mil¬
stützung soll nicht nur während der Studienzeit gewährt werden,
Würdigung erfahren,
lion Mark; die städtische Sparkasse in Mielitz 1 Million Mark;
und gefahrvollen Ver
sondern auch darüber hinaus, bis sie sich selbst zu erhalten imstande
die Spar= und Darlehnskasse des Landkreises Köln 10 Millionen
Mark.
für Tag auf dem Flug
sind. Der Berliner Magistrat hat die Annahme der Erbschaft, die sich
auf etwa 850 000 Mark beläuft, beschlossen.
Wege stehender Schu#
Auslaufstrecke war z
Der Kaiser hat im Anschluß an den Besuch des Domgottesdienstes
Schwerer Unfall eines Landgerichtsrats. Von einem
Hans Vollmöller st
am vorigen Sonntag dem Leiter des königlichen Domchors Professor
schweren Unfall wurde gestern der Landgerichtsrat, Geheimer Justiz¬
rat Karl Fehmer aus der Hildegardstraße 21 in Wilmersdorf be¬
Fache war er General
Hugo Rüdel mit einem Schreiben des Generaladjutanten v. Chelius
troffen. Beim Ueberschreiten der Straßenkreuzung Uhland= und
Name für alle Zeiten
mamn
TEE



schweren Schlaf verfiel. Böhlinger breitete eine Decke über ihn,
raschen, aber völlig
dann öffnete er für eine Weile die beiden Fenster, brachte seine
Doktor Gräsler, Badearzt
Grußes vergessend, a
Akten in Ordnung, schloß die Fenster wieder zu und ließ den
Tor. Böhlinger aber
ruhenden Freund allein.
Erzählung
an der Hand, stehen
Als Gräsler erwachte, stand Böhlinger vor ihm teilnahms¬
ständnislos, ja wie
von
130. Fortsetzung.]
[Nachdruck verboten.]
voll lächelnd: „Guten Morgen“, sagte er mit einem guten Blick,
denem Kopfschütteln
in
— wie ein Arzt, so dachte Gräsler, dem ein krankes Kind aus
Arthur Schnitzler.
einer Frage entschlo
einem Genesungsschlummer erwacht. in kühle Herbstsonne
türe hinter ihnen zu
„Gewiß bin ich das. Meinst du etwa, daß ihre Vergangen¬
schien ins Zimmer herein. Gräsler spürte, daß er sehr lange
hervor: „Das war d
heit mich gehindert hätte?“
geschlafen haben mußte, und fragte: „Wie spät ist es denn?“
Kind. Dieses Kind
„Das meine ich keineswegs. Denn ich weiß, die mit der
Da begannen eben die Mittagsglocken zu läuten.
müssen, und dieses
Zukunft sind im allgemeinen nicht vorzuziehen.“ Und er sah
Gräsler erhob sich und reichte dem Freunde die Hand. „Ich
vor sich hin.
„Von Schuld kan
danke dir für deine Gastfreundschaft. Nun ist es Zeit nach
„Da dürftest du recht haben,“ sagte Gräsler und indem er
widerte Böhlinger.
Hause zu gehen.“
mag, die Kleine kan
ihn ins Auge faßte fügte er hinzu: „Was ich dir übrigens
„Ich begleite dich,“ sagte Böhlinger, „es ist Sonntag, ich
auch noch sagen wollte“
gewiß nicht. Dein B
— er brach ab.
habe in der Kanzlei nichts zu tun. Vor allem aber wirst du
lich gewesen sein.“
Der Tonfall hatte Böhlinger befremdet: „Was meinst du?“
frühstücken, auch ein Bad ist für dich bereit gemacht.“
fragte er.
„Sie weiß ja auch
Gräsler nahm alles mit Dank an. Nach dem Bad, das ihn
Gräsler.
„Ich habe deine Briefe an Friederike gelesen, deine und auch
sehr erfrischte, begab er sich in das Speisezimmer, wo das
andere.“
„Du hast sie ang
Frühstück wartete. Böhlinger saß neben ihm, teilte ihm vor
„So?“ sagte Böhlinger unerschüttert und lächelte trüb.
Kind —! Du hättest
und plauderte indes, in der offenbaren Absicht, den Freund
„Das ist lange her, mein Freund.“
war zu Tod erschrock
von traurigen Gedanken abzuziehen, von allerlei gleich¬
„Ja, es ist lange her,“ wiederholte Gräsler. Und in einem
„Das tut mir leid
gültigen politischen und städtischen Neuheiten. Was ist mir
Ich will es ihr bei G
Bedürfnis, seine Stellungnahme zu der Angelegenheit in Kürze
die Welt, dachte Gräsler, der Staat, die Menschen? Ja, wenn
und endgültig auszusprechen, setzte er hinzu: „Es ist mir natür¬
„Das solltest du
man Sabine wieder zum Leben auferwecken könnte — er ver¬
lich nach Lektüre der Briefe ganz klar geworden, warum ihr
besserte sich sofort innerlich
heiteren Ton fügte e
Katharina! Die andere lebt
euch nicht geheiratet habt.“
ja
hübsche und appetitlich
gewissermaßen. Er lächelte und wußte selbst nicht
recht warum.
Böhlinger sah ihn zuerst wie verständnislos an. Dann,
Stirn und machte e
mit zuckenden Mundwinkeln, sagte er: „Ach so, du denkst
bat er Böhlinger um
Die Freunde verließen das Haus, Spaziergänger, sonntäg¬
weil sie — mich „betrog". So nennt man's ja wohl. Herrgott,
lich angetan, belebten die Straßen, und Böhlinger hatte viele
Post der letzten Tag
was macht man daraus für Geschichten in jungen Jahren. In
kümmert hatte. Ein
Leute zu grüßen. Sie kamen an dem Handschuhladen in der
Wirklichkeit hat sie nur sich selber und ich — mich betrogen!
könnte, vermochte er
Wilhelmstraße vorbei. Gräsler betrachtete die herabgelassenen
Ja, das ganz besonders Na, nun ist's wohl zu spät.“ Und
die Unsinnigkeit eine
Rolläden feindselig und mit Grauen. Endlich standen sie vor
beide schwiegen eine Weile.
keine Zeile von ihr,
dem Hause, in dem Gräsler wohnte. „Wenn's dir recht ist,
„Es ist lange her.“ sagte Gräsler dann noch einmal, aber
gelangt.
begleite ich dich hinauf,“ sagte Böhlinger. In diesem Augen¬
wie aus dem Schlaf. Denn eine tiefe Ermattung hatte ihn plötz¬
blick trat aus dem Tor eine hübsche rundliche Dame, in an¬
Dann begab er
lich überkommen, und die Lider fielen ihm zu. Doch er schrak
ständiger Trauerkleidung, deren Ernst durch einen anmutig
während des Mittage
gleich wieder auf, da Böhlinger ihn bei den Händen nahm und
und fröhlich geschwungenen Hut ein wenig gemildert schien;
lichen Nische, bei einer
ihm herzlich zusprach, den Rest der Nacht, die schon weit vor¬
sie führte ein kleines Mädchen an der Hand, und ihre Augen
Freund, sich keinem
geschritten war, bei ihm zu verbringen. Ja, er erklärte sich
leuchteten überrascht, als sie des Doktors ansichtig wurde.
dern sich sobald als
bereit ihm sein eigenes Bett zur Verfügung zu stellen. Aber
„Schau, wer da kommt,“ sagte sie laut und erfreut zu ihrer
zu betätigen. Gräsle
Gräsler zog es vor, sich, angekleidet wie er war, in dem rauch¬
Kleinen. Gräslers Augen aber weiteten sich wie in Entsetzen,
seine Ankunft für End
erfüllten Zimmer auf den Diwan hinzulegen, wo er sofort in! als er Frau Sommer erkannte, auf das Kind richtete er einen