29. Doktor Graesler
Badearzt
D UA STSEE
M
erstadt zu besuchen, Vierteljahrhundert die Bezeichnung „süßes Mädel“ gefunden
d,
den Rechtsanwalt
hat. -Gräsler lernt Katharina auf etwas studentische Weise in
n Sabine einen Schritt,
der Elektrischen kennen, begleitet sie nach Hause, schickt ihr, die
aber nach landläufigen
ihres Zeichens Verkäuferin in einem Handschuhgeschäft ist,
ist. Sie schreibt dem
tags darauf Theaterkarten und lädt sie nach dem Theater
Inhalts, daß sie, wenn
in seine nun von keiner Schwester mehr bewachte Wohnung
seiner Frau zu machen,
ein — eine Einladung, die sie bereitwillig annimmt. Das
t, da sie das Hindernis
Ganze ist ein offenbarer Rückfall in des Doktors Jugend,
hinzu, daß ein mög¬
mit allen Wonnen eines solchen, denen er sich bereitwillig
chtfertigt wäre: sie war
hingibt, ohne deshalb in Gedanken auf Sabine zu ver¬
pt ist, nur verlobt. Was
zichten; im Gegenteil, er hat sogar das Gefühl, ihr dadurch
ktor Gräsler betrifft, so
gewissermaßen näher zu kommen. Uebrigens erfährt bereits
ft als „tiefe, herzliche
sein erstes Schäferstündchen mit Katharina eine Störung,
nicht, noch nicht. Aber
die echt schnitzlerisch ist. Kaum ist das freundliche Geschöpf
daran ist und es sehr
bei ihm gelandet, als auch schon heftig an seiner Tür ge¬
Vielleicht ist es dieses
schellt und Doktor Gräsler von einer besorgten Nachbarin
an das Bett ihres kranken Kindes gerufen wird. Die Be¬
die Eitelkeit des Doktor
sorgnisse erweisen sich diesmal als begründeter, als es sonst
türzte Schritt Sabinens
eckt, vielleicht ist es
im Leben des Doktor Gräsler der Fall zu sein pflegt,
das Kind, ein siebenjähriges Mädchen, hat den Scharlach.
von Philistrosität, die
Die Mutter ist eine etwas zweifelhafte Witwe mit Namen
erem darin zu erkennen
Sommer. Doktor Gräsler übernimmt die Behandlung, die
ht, kein Philister zu
ihm die hübsche Dame förmlich aufdrängt, und führt sie
nicht die richtige Ant¬
durch. Eine Woche lang lebt er wiederum eine Art Doppel¬
machen, schreibt er ihr,
leben, ist im ersten Stock Arzt, im zweiten Liebhaber, denn
rief, der sehr herzlich,
Katharina hat sich auf sein Zureden entschlossen, einen kurzen
st ab, um in spätestens
Urlaub, der ihr zusteht, als Logierbesuch in seiner Wohnung
und um ihre Hand an¬
zu verbringen, und sie erregt das freudige Entsetzen der
abine heiraten, er will
übrigen Hausbewohner, wenn sie sich in einem bauschigen
en überlegen, gerade so
chinesischen Schlafrock, den ihr der Doktor geschenkt, im
ist achtundvierzig Jahre
Stiegenhaus zeigt. Auch die vorurteilslose Frau Sommer, die
Doktor Gräsler — ein
hübsche Witwe, zieht den Doktor damit zeitweilig auf, wenn
sagen.
sie am Bette des kranken Kindes, dem es zusehends besser
er plötzlich warm. Er
geht, einander gegenüber sitzen. Und während dieser ganzen
jungen Mädchens von
Schnitzler vor einem Zeit wartet Doktor Gräsler auf einen Brief Sabinens, der
box 4/9
nicht kommt. Aber gerade dieser Umstand wie auch die kon“] Ingenie
gruente Tatsache, daß der Besitzer des Sanatoriums, mit
ein flück
dem er in Unterhandlung steht, auf seine Depeschen nicht
Offenbar
antwortet, wirken beschleunigend auf die Rückreise des
bindung
Doktors in seinen kleinen Badeort. Nachdem er sich von
Sommer
Katharina ohne Abschied frei gemacht, steht er vierzehn Tage
Damen
nach seiner Abreise wieder vor Sabine und wird kühl auf¬
einer B
genommen. Es ist aus. Das junge Mädchen ist verletzt, un¬
verheirat
heilbar verletzt, und Doktor Gräsler, der sich seinerseits ge¬
erörtern
kränkt fühlt, glaubt nun plötzlich wieder, Katharina zu
Erklärun
lieben, nicht anders, als er vierundzwanzig Stunden vorher
Der
davon überzeugt war, daß sein Schicksal Sabine heiße. So
einer un
fährt er flugs in seine Vaterstadt zurück, um Katharina, von
studie.
der er sich ja ohnehin gar nicht verabschiedet hat, wieder wie
vor zwei Wochen von dem Geschäft, in dem sie angestellt ist,
kennen,
abzuholen. Er will sich und der Welt beweisen, daß er kein
Abschied
Philister ist, allein dieser Beweis mißlingt. Die Geliebte ist
merkwürh
gar nicht in dem Geschäfte, und da er sie, eigensinnig auf
läuft, ni
seinem Vorsatz beharrend, im Hause ihrer Eltern aufsucht,
noch ein
findet er sie krank. Katharina hat den Scharlach, den er
leben abe
vermutlich, wenn auch nicht unbedingt sicher, selbst auf sie
des eige
übertragen hat.
wie es a#
Gräsler
Das ist der Höhepunkt der neuen Schnitzlerschen
nur so v
Novelle, hier haust auch, um den Ausdruck Paul Heyses
fremden
„Falke.“ Von hier angefangen
zu gebrauchen, ihr
betreten
strebt dann die Erzählung, die gemächlich anhebt, sehr
wo er ga
rasch, fast überstürzt, ihrem Ende zu. Katharina stirbt,
schwerpur
und Frau Sommer tröstet den von Gewissensqualen ge¬
an Selbst
solterten Liebhaber. Noch ist kein Monat um, und schon
schreibt,
reisen sie zusammen nach dem Süden, nach Lanzarote.
risches
Der Hoteldirektor empfängt sie schmunzelnd; er hat also
glaube,“
doch recht behalten. Recht behalten? Jedenfalls anders,
nirgends
als ein Hoteldirektor ahnt. Uebrigens sieht Frau Sommer,
wie einmal flüchtig angedeutet wird, einer jungens Ihr ganz
Badearzt
D UA STSEE
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erstadt zu besuchen, Vierteljahrhundert die Bezeichnung „süßes Mädel“ gefunden
d,
den Rechtsanwalt
hat. -Gräsler lernt Katharina auf etwas studentische Weise in
n Sabine einen Schritt,
der Elektrischen kennen, begleitet sie nach Hause, schickt ihr, die
aber nach landläufigen
ihres Zeichens Verkäuferin in einem Handschuhgeschäft ist,
ist. Sie schreibt dem
tags darauf Theaterkarten und lädt sie nach dem Theater
Inhalts, daß sie, wenn
in seine nun von keiner Schwester mehr bewachte Wohnung
seiner Frau zu machen,
ein — eine Einladung, die sie bereitwillig annimmt. Das
t, da sie das Hindernis
Ganze ist ein offenbarer Rückfall in des Doktors Jugend,
hinzu, daß ein mög¬
mit allen Wonnen eines solchen, denen er sich bereitwillig
chtfertigt wäre: sie war
hingibt, ohne deshalb in Gedanken auf Sabine zu ver¬
pt ist, nur verlobt. Was
zichten; im Gegenteil, er hat sogar das Gefühl, ihr dadurch
ktor Gräsler betrifft, so
gewissermaßen näher zu kommen. Uebrigens erfährt bereits
ft als „tiefe, herzliche
sein erstes Schäferstündchen mit Katharina eine Störung,
nicht, noch nicht. Aber
die echt schnitzlerisch ist. Kaum ist das freundliche Geschöpf
daran ist und es sehr
bei ihm gelandet, als auch schon heftig an seiner Tür ge¬
Vielleicht ist es dieses
schellt und Doktor Gräsler von einer besorgten Nachbarin
an das Bett ihres kranken Kindes gerufen wird. Die Be¬
die Eitelkeit des Doktor
sorgnisse erweisen sich diesmal als begründeter, als es sonst
türzte Schritt Sabinens
eckt, vielleicht ist es
im Leben des Doktor Gräsler der Fall zu sein pflegt,
das Kind, ein siebenjähriges Mädchen, hat den Scharlach.
von Philistrosität, die
Die Mutter ist eine etwas zweifelhafte Witwe mit Namen
erem darin zu erkennen
Sommer. Doktor Gräsler übernimmt die Behandlung, die
ht, kein Philister zu
ihm die hübsche Dame förmlich aufdrängt, und führt sie
nicht die richtige Ant¬
durch. Eine Woche lang lebt er wiederum eine Art Doppel¬
machen, schreibt er ihr,
leben, ist im ersten Stock Arzt, im zweiten Liebhaber, denn
rief, der sehr herzlich,
Katharina hat sich auf sein Zureden entschlossen, einen kurzen
st ab, um in spätestens
Urlaub, der ihr zusteht, als Logierbesuch in seiner Wohnung
und um ihre Hand an¬
zu verbringen, und sie erregt das freudige Entsetzen der
abine heiraten, er will
übrigen Hausbewohner, wenn sie sich in einem bauschigen
en überlegen, gerade so
chinesischen Schlafrock, den ihr der Doktor geschenkt, im
ist achtundvierzig Jahre
Stiegenhaus zeigt. Auch die vorurteilslose Frau Sommer, die
Doktor Gräsler — ein
hübsche Witwe, zieht den Doktor damit zeitweilig auf, wenn
sagen.
sie am Bette des kranken Kindes, dem es zusehends besser
er plötzlich warm. Er
geht, einander gegenüber sitzen. Und während dieser ganzen
jungen Mädchens von
Schnitzler vor einem Zeit wartet Doktor Gräsler auf einen Brief Sabinens, der
box 4/9
nicht kommt. Aber gerade dieser Umstand wie auch die kon“] Ingenie
gruente Tatsache, daß der Besitzer des Sanatoriums, mit
ein flück
dem er in Unterhandlung steht, auf seine Depeschen nicht
Offenbar
antwortet, wirken beschleunigend auf die Rückreise des
bindung
Doktors in seinen kleinen Badeort. Nachdem er sich von
Sommer
Katharina ohne Abschied frei gemacht, steht er vierzehn Tage
Damen
nach seiner Abreise wieder vor Sabine und wird kühl auf¬
einer B
genommen. Es ist aus. Das junge Mädchen ist verletzt, un¬
verheirat
heilbar verletzt, und Doktor Gräsler, der sich seinerseits ge¬
erörtern
kränkt fühlt, glaubt nun plötzlich wieder, Katharina zu
Erklärun
lieben, nicht anders, als er vierundzwanzig Stunden vorher
Der
davon überzeugt war, daß sein Schicksal Sabine heiße. So
einer un
fährt er flugs in seine Vaterstadt zurück, um Katharina, von
studie.
der er sich ja ohnehin gar nicht verabschiedet hat, wieder wie
vor zwei Wochen von dem Geschäft, in dem sie angestellt ist,
kennen,
abzuholen. Er will sich und der Welt beweisen, daß er kein
Abschied
Philister ist, allein dieser Beweis mißlingt. Die Geliebte ist
merkwürh
gar nicht in dem Geschäfte, und da er sie, eigensinnig auf
läuft, ni
seinem Vorsatz beharrend, im Hause ihrer Eltern aufsucht,
noch ein
findet er sie krank. Katharina hat den Scharlach, den er
leben abe
vermutlich, wenn auch nicht unbedingt sicher, selbst auf sie
des eige
übertragen hat.
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Gräsler
Das ist der Höhepunkt der neuen Schnitzlerschen
nur so v
Novelle, hier haust auch, um den Ausdruck Paul Heyses
fremden
„Falke.“ Von hier angefangen
zu gebrauchen, ihr
betreten
strebt dann die Erzählung, die gemächlich anhebt, sehr
wo er ga
rasch, fast überstürzt, ihrem Ende zu. Katharina stirbt,
schwerpur
und Frau Sommer tröstet den von Gewissensqualen ge¬
an Selbst
solterten Liebhaber. Noch ist kein Monat um, und schon
schreibt,
reisen sie zusammen nach dem Süden, nach Lanzarote.
risches
Der Hoteldirektor empfängt sie schmunzelnd; er hat also
glaube,“
doch recht behalten. Recht behalten? Jedenfalls anders,
nirgends
als ein Hoteldirektor ahnt. Uebrigens sieht Frau Sommer,
wie einmal flüchtig angedeutet wird, einer jungens Ihr ganz