raes
Badearzt
29. Doktor
. Antentertentenen e enechenen I. S I. H. en ene enenenenenten ke 1
warn Mänbunger Nachrichten
Hamburg.
Nachbruck verboten.
S deutsche Erzähler.
Von fritz Ph. Baader, Hamburg.
II.*
„Der Fall Deruga“, Roman von Ricarda Huch.
Ullstein u. Co., Berlin.
„Dokt#r
Gräsler, Badearzt“
Erzählung von
Arthur Schnitzler. S. Fischer. Berlin.
„Himmelfahrt", Roman von Hermann Bahr.
S. Fischer, Berlin.
Kicarda Huchs jüngstes Buch mag manchen Verehrer
ihrer Kunst zunächst etwas befremden. Ein Kriminalroman.
Das Forum des modernen Gerichtssaales füllt sich mit den
Hyänen der Neugier. Schon der Titel „Der Fall
Deruga“ erweckt die Vorstellung des üblichen Apparates
von Spannung und Entsagung, in Bewegung gesetzt auf eine
herkömmliche Art, und man hat das Gefühl, als suche ein
Dichter mit den Machern zu einem Wettkampf anzutreten, an
dessen richtiger handwerklicher Meisterschaft es ihm gebreche.
Der „Fall“ selbst, seine Erfindung, die Verhüllung des Rät¬
sels, die Mittel der endlichen Lösung bewegen sich durchaus
im Gewöhnlichen. Dabei widerstreitet die Sorglosigkeis,
mit der die natürliche Möglichkeit solch einer Gerichtsverhand¬
lung gehandhabt wird, in einer Reihe von Einzelheiten dem
auch Laienverständnis bekannten Brauch, von zahlreichen
juristischen Bedenken, die sich geltend machen ließen, nicht zu
reden. Man wird dann freilich bald gewahr, wie sich auch hier
ein Geist, dem es überall auf die Enthüllung des menschlichen
Herzens, und mit besonderer Vorliebe des irrenden, ankommt,
nur eine neue Variante des psychologischen Spieles aneig¬
nete, weil sich so ein Geheimnis, das dem Wesen seines
Trägers nach ohne Zwang sich nie enthüllen sollte, in seiner
Menschlichkeit und Rätselhaftigkeit zwangloser offenbaren
mochte. Immerhin gilt es, diesem Werk gerecht zu werden, von
vornherein Klarheit darüber, daß es auch im Leben eines Künst¬
lers, der sich selber mit den höchsten Maßen mißt, gewisser¬
maßen gelegentliche Nebenstraßen der Erholung geben muß,
die ein behaglicheres Schlendern gestatten. Wer das Schaffen
Ricarda Huchs in seiner zeitlichen Folge nachprüft, wird
immer wieder nach einigen Hauptwerken der großen epischen
Kunst auf leichtere, darum in ihrer Art nicht minder zu
wertende Gebilde stoßen. Romantische Märchen, humorvolle
Schwänke, ein psychologisch reizvoller Kriminalfall. (Man
denke an die Briefnovelle „Der letzte Sommer“.) Geistige
Luftveränderung. Wer schärfer in dieses Werk hineinhorcht,
wird den Stempel der Huchschen Wesenheit nicht verleugnen
können, trotz der kleinen technischen Überraschung und Irre¬
führung durch die plötzliche Vorliebe für die direkte Rede, die
ihrer zurückhaltenden und ihre Gestalten stets erst durch das
Wesen des Erzählers leitenden Art eigentlich fremd ist. Aber
auch so kommt die gewählte Form dem Bestreben entgegen,
das einmittelbare Erlebnis in seiner gewissermaßen schatten¬
losen Härte dem Beschauer zu entrücken und den romantischen
Schimmer der Verklärung in der Erinnerung ihrer kühlen und
doch innigen Anteilnahme dienstbar zu machen. Angeklagt
des Mordes an seiner Frau, von der er ein halbes Menschen¬
alter getrennt lebte steht Dr. Deruga vor den Geschworenen.
Motive der Habsucht nach einem beträchtlichen Vermögen,
dessen Erbe der Begabte, doch allzeit Lässige durch den Todes¬
fall wurde, trägt die Gegenpartei, eine Baronin Truschkowitz,
Kusine der Getöteten, in den Kreis des Möglichen, ohne die
eigene Gier nach dem Anspruch zu verbergen. Banalität des
Handelns und Empfindens mischt sich in die mähliche Ent¬
hüllung einer menschlich reinen Tat; denn sie geschah aus Mit¬
leid mit einer Totkranken, auf den Wunsch einer immer noch
Geliebten, die von der Qual letzter schmerzlicher Erfüllung
Erlösung heischte. Je tiefer die Huch in die Geheimnisse
dieser gegensätzlichen Zweimenschlichkeit, des geistvoll=kind¬
lichen und südlich=leidenschaftlichen Italieners und der nordi¬
schen Frau vordringt, die ihrer Natur nach eine Liebe fliehen
muß, von der sie sich doch ihr Leben lang nicht befreien kann,
um so reicher entfaltet sich auch wieder der Zauber ihrer
Kunst, die Verworrenheit menschlicher Gefühle auch auf ihren
box 4/9
in irgend etwas nachgelassen, es sei denn, daß die
ewige Wiederholung an sich eine Abschwächung bedeute.
Aber
s will uns scheinen, als habe sich doch
hinsichtlich des Falles Schnitzler in unserer Auf¬
nahmefähigkeit eine gründliche Wandlung vollzogen, eine
Reaktion vielleicht mehr ethischer als ästhetischer Art. Dieser
ganze Interessenkreis wurde uns unendlich klein und fern,
diese Weltauffassung allein unter dem Gesichtswinkel erotischer
Spielereien ist so außerhalb der Dinge, die wir heute wichtig
und wertvoll empfinden. Wir wenden uns schier unwillig aus
einem Dunstkreis, der vielleicht auch uns eine Zeitlang um¬
fangen hielt, und wir haben das Gefühl, einen weiten Weg
geschritten zu sein, während der Freund vergangener Tage
verharrte.
„Der Mensch hat viele Häute abzuwerfen, bis er seiner
selbst und der weltlichen Dinge nur einigermaßen sicher wird.“
Er würde vielleicht, so er den Satz heute noch einmal schriebe,
hinzufügen: und der himmlischen. Denn die weltlichen Dinge
genügen ihm nun nicht mehr, seit er, Hermann Bahr, der
ewig Wandelbare, der „niemals derselbe und . . . immer der¬
selbe“, zum Staunen und zur Berühigung mancher früheren
Freunde seine letzte Sensation fand: die Rückkehr zum Katho¬
lizismus. Man hat dieser letzten Station des Bahrschen
Erdenwandels, die sich in dem Roman „Himmelfahrt“
und dem Schauspiel „Die Stimme“ manifestierte, mißtraut,
und es war nicht ohne Reiz zu sehen, wie man gerade in den
Kreisen, die eigentlich über dieses späte Bekenntnis am meisten
sich hätten freuen müssen, den Reuigen nur mit der Miene des
Zweifels aufnahm. Nun, mittlerweile ist dem künstlerischen
Bekenntnis in nicht mißzuverstehender Weise manche wissen¬
schaftlich belegte Manifestation gefolgt; ja, man erzählt sich
von einem Hermann Bahr, der in weißer Kutte und mit
einem Strick um den Leib durch Salzburg wandle. Man
wird sich mit der Tatsache abfinden müssen. Ist sie denn so
verwunderlich? Bahrs ganze Laufbahn ist ein Raketenzug
der Sensationen. Der tiefste Kern seines Wesens ist dieses
Vorschmeckertum neuester Bedürfnisse. Stets war es eine
Bahrsche Eigenheit, das, was er für richtig und für den
Augenbüick notwendig erkannt hatte, nicht nur zu predigen,
vielmehr es gleich selbst zu tun, so gut oder schlecht es eben
gehen wollte. Die ungeheure Empfindsamkeit seines seelischen
Apparates hat nie versagt, wo Keimkräftiges in seinen ersten
Regungen sich zeigte. Er wurde zu einem internationalen
Menschen, aber er war auch in erster Linie ein österreichischer
Mensch, was ja gerade eine gewisse Neigung zum Gemischt¬
Nationalen voraussetzt. Der österreichische Mensch aber be¬
deutet den katholischen, mag er nun dogmatisch festgelegt oder
nur ein empfindsam schweifender Künstlermensch sein. Das
Weiche, Schwärmerische, Ekstatische, das in äußeren Formen
sich Gefallende, diese Begabung der Einfühlung in fremde Art,
die den Österreicher allen Schwierigkeiten zum Trotz zu einem
geschickten Kolonisator seiner vielgestaltigen Landschaften
macht, war immer in Bahr wie in einem besonderen Typus
vereinigt. Die leichte Fremdheit, der er stets bei nordischen
und damit protestantischen Menschen begegnet sein mag, hat
hierin ihre Ursache. Wer Mozartsche Musik liebt wie er, das
arabeske Barock der alten Stadt Salzburg sich wesens¬
verwandt empfand, ist einem Wesentlichen der katholischen
Welr verfallen, und von diesem Gefühl zum dogmatischen
Bekenntnis ist ein geringerer Schritt als dem Außenstehen¬
den erscheinen will. Und darüber wird keiner, der Augen hat,
im Zweifel sein, daß der Zug zum Katholischen in süd¬
deutschen Landen unter dem Einfluß des Weltkrieges, der so
manchen rationalistischen Geistesbau ins Wanken brachte, mit
neuer Lebhaftigkeit zu verspüren ist.
Der Roman ist eine weitere Folge in dem Zyklus, der
Heimatromane, deren ein Dutzend zu schreiben und darin alle
österreichischen Menschheitsprobleme darzustellen sich Bahr in
guter Stunde vorgenommen hatte. Er ist ein Roman des
österreichischen Hochadels, der österreichischen Landschaft, oder
vielmehr der salzburgischen, die der Autor ja besonders liebt.
Sympathisch ganz außerhalb der künstlerischen Bedeutung er¬
scheint der Umstand, daß bei aller tendenziösen Zuspitzung doch
die Freiheit des Bahrschen Geistes und sein Verständnis für
jegliche Art das Gleichgewicht der kämpfenden Welten nicht
von vornherein zu Ungunsten der einen Partei verrückt hat.
Badearzt
29. Doktor
. Antentertentenen e enechenen I. S I. H. en ene enenenenenten ke 1
warn Mänbunger Nachrichten
Hamburg.
Nachbruck verboten.
S deutsche Erzähler.
Von fritz Ph. Baader, Hamburg.
II.*
„Der Fall Deruga“, Roman von Ricarda Huch.
Ullstein u. Co., Berlin.
„Dokt#r
Gräsler, Badearzt“
Erzählung von
Arthur Schnitzler. S. Fischer. Berlin.
„Himmelfahrt", Roman von Hermann Bahr.
S. Fischer, Berlin.
Kicarda Huchs jüngstes Buch mag manchen Verehrer
ihrer Kunst zunächst etwas befremden. Ein Kriminalroman.
Das Forum des modernen Gerichtssaales füllt sich mit den
Hyänen der Neugier. Schon der Titel „Der Fall
Deruga“ erweckt die Vorstellung des üblichen Apparates
von Spannung und Entsagung, in Bewegung gesetzt auf eine
herkömmliche Art, und man hat das Gefühl, als suche ein
Dichter mit den Machern zu einem Wettkampf anzutreten, an
dessen richtiger handwerklicher Meisterschaft es ihm gebreche.
Der „Fall“ selbst, seine Erfindung, die Verhüllung des Rät¬
sels, die Mittel der endlichen Lösung bewegen sich durchaus
im Gewöhnlichen. Dabei widerstreitet die Sorglosigkeis,
mit der die natürliche Möglichkeit solch einer Gerichtsverhand¬
lung gehandhabt wird, in einer Reihe von Einzelheiten dem
auch Laienverständnis bekannten Brauch, von zahlreichen
juristischen Bedenken, die sich geltend machen ließen, nicht zu
reden. Man wird dann freilich bald gewahr, wie sich auch hier
ein Geist, dem es überall auf die Enthüllung des menschlichen
Herzens, und mit besonderer Vorliebe des irrenden, ankommt,
nur eine neue Variante des psychologischen Spieles aneig¬
nete, weil sich so ein Geheimnis, das dem Wesen seines
Trägers nach ohne Zwang sich nie enthüllen sollte, in seiner
Menschlichkeit und Rätselhaftigkeit zwangloser offenbaren
mochte. Immerhin gilt es, diesem Werk gerecht zu werden, von
vornherein Klarheit darüber, daß es auch im Leben eines Künst¬
lers, der sich selber mit den höchsten Maßen mißt, gewisser¬
maßen gelegentliche Nebenstraßen der Erholung geben muß,
die ein behaglicheres Schlendern gestatten. Wer das Schaffen
Ricarda Huchs in seiner zeitlichen Folge nachprüft, wird
immer wieder nach einigen Hauptwerken der großen epischen
Kunst auf leichtere, darum in ihrer Art nicht minder zu
wertende Gebilde stoßen. Romantische Märchen, humorvolle
Schwänke, ein psychologisch reizvoller Kriminalfall. (Man
denke an die Briefnovelle „Der letzte Sommer“.) Geistige
Luftveränderung. Wer schärfer in dieses Werk hineinhorcht,
wird den Stempel der Huchschen Wesenheit nicht verleugnen
können, trotz der kleinen technischen Überraschung und Irre¬
führung durch die plötzliche Vorliebe für die direkte Rede, die
ihrer zurückhaltenden und ihre Gestalten stets erst durch das
Wesen des Erzählers leitenden Art eigentlich fremd ist. Aber
auch so kommt die gewählte Form dem Bestreben entgegen,
das einmittelbare Erlebnis in seiner gewissermaßen schatten¬
losen Härte dem Beschauer zu entrücken und den romantischen
Schimmer der Verklärung in der Erinnerung ihrer kühlen und
doch innigen Anteilnahme dienstbar zu machen. Angeklagt
des Mordes an seiner Frau, von der er ein halbes Menschen¬
alter getrennt lebte steht Dr. Deruga vor den Geschworenen.
Motive der Habsucht nach einem beträchtlichen Vermögen,
dessen Erbe der Begabte, doch allzeit Lässige durch den Todes¬
fall wurde, trägt die Gegenpartei, eine Baronin Truschkowitz,
Kusine der Getöteten, in den Kreis des Möglichen, ohne die
eigene Gier nach dem Anspruch zu verbergen. Banalität des
Handelns und Empfindens mischt sich in die mähliche Ent¬
hüllung einer menschlich reinen Tat; denn sie geschah aus Mit¬
leid mit einer Totkranken, auf den Wunsch einer immer noch
Geliebten, die von der Qual letzter schmerzlicher Erfüllung
Erlösung heischte. Je tiefer die Huch in die Geheimnisse
dieser gegensätzlichen Zweimenschlichkeit, des geistvoll=kind¬
lichen und südlich=leidenschaftlichen Italieners und der nordi¬
schen Frau vordringt, die ihrer Natur nach eine Liebe fliehen
muß, von der sie sich doch ihr Leben lang nicht befreien kann,
um so reicher entfaltet sich auch wieder der Zauber ihrer
Kunst, die Verworrenheit menschlicher Gefühle auch auf ihren
box 4/9
in irgend etwas nachgelassen, es sei denn, daß die
ewige Wiederholung an sich eine Abschwächung bedeute.
Aber
s will uns scheinen, als habe sich doch
hinsichtlich des Falles Schnitzler in unserer Auf¬
nahmefähigkeit eine gründliche Wandlung vollzogen, eine
Reaktion vielleicht mehr ethischer als ästhetischer Art. Dieser
ganze Interessenkreis wurde uns unendlich klein und fern,
diese Weltauffassung allein unter dem Gesichtswinkel erotischer
Spielereien ist so außerhalb der Dinge, die wir heute wichtig
und wertvoll empfinden. Wir wenden uns schier unwillig aus
einem Dunstkreis, der vielleicht auch uns eine Zeitlang um¬
fangen hielt, und wir haben das Gefühl, einen weiten Weg
geschritten zu sein, während der Freund vergangener Tage
verharrte.
„Der Mensch hat viele Häute abzuwerfen, bis er seiner
selbst und der weltlichen Dinge nur einigermaßen sicher wird.“
Er würde vielleicht, so er den Satz heute noch einmal schriebe,
hinzufügen: und der himmlischen. Denn die weltlichen Dinge
genügen ihm nun nicht mehr, seit er, Hermann Bahr, der
ewig Wandelbare, der „niemals derselbe und . . . immer der¬
selbe“, zum Staunen und zur Berühigung mancher früheren
Freunde seine letzte Sensation fand: die Rückkehr zum Katho¬
lizismus. Man hat dieser letzten Station des Bahrschen
Erdenwandels, die sich in dem Roman „Himmelfahrt“
und dem Schauspiel „Die Stimme“ manifestierte, mißtraut,
und es war nicht ohne Reiz zu sehen, wie man gerade in den
Kreisen, die eigentlich über dieses späte Bekenntnis am meisten
sich hätten freuen müssen, den Reuigen nur mit der Miene des
Zweifels aufnahm. Nun, mittlerweile ist dem künstlerischen
Bekenntnis in nicht mißzuverstehender Weise manche wissen¬
schaftlich belegte Manifestation gefolgt; ja, man erzählt sich
von einem Hermann Bahr, der in weißer Kutte und mit
einem Strick um den Leib durch Salzburg wandle. Man
wird sich mit der Tatsache abfinden müssen. Ist sie denn so
verwunderlich? Bahrs ganze Laufbahn ist ein Raketenzug
der Sensationen. Der tiefste Kern seines Wesens ist dieses
Vorschmeckertum neuester Bedürfnisse. Stets war es eine
Bahrsche Eigenheit, das, was er für richtig und für den
Augenbüick notwendig erkannt hatte, nicht nur zu predigen,
vielmehr es gleich selbst zu tun, so gut oder schlecht es eben
gehen wollte. Die ungeheure Empfindsamkeit seines seelischen
Apparates hat nie versagt, wo Keimkräftiges in seinen ersten
Regungen sich zeigte. Er wurde zu einem internationalen
Menschen, aber er war auch in erster Linie ein österreichischer
Mensch, was ja gerade eine gewisse Neigung zum Gemischt¬
Nationalen voraussetzt. Der österreichische Mensch aber be¬
deutet den katholischen, mag er nun dogmatisch festgelegt oder
nur ein empfindsam schweifender Künstlermensch sein. Das
Weiche, Schwärmerische, Ekstatische, das in äußeren Formen
sich Gefallende, diese Begabung der Einfühlung in fremde Art,
die den Österreicher allen Schwierigkeiten zum Trotz zu einem
geschickten Kolonisator seiner vielgestaltigen Landschaften
macht, war immer in Bahr wie in einem besonderen Typus
vereinigt. Die leichte Fremdheit, der er stets bei nordischen
und damit protestantischen Menschen begegnet sein mag, hat
hierin ihre Ursache. Wer Mozartsche Musik liebt wie er, das
arabeske Barock der alten Stadt Salzburg sich wesens¬
verwandt empfand, ist einem Wesentlichen der katholischen
Welr verfallen, und von diesem Gefühl zum dogmatischen
Bekenntnis ist ein geringerer Schritt als dem Außenstehen¬
den erscheinen will. Und darüber wird keiner, der Augen hat,
im Zweifel sein, daß der Zug zum Katholischen in süd¬
deutschen Landen unter dem Einfluß des Weltkrieges, der so
manchen rationalistischen Geistesbau ins Wanken brachte, mit
neuer Lebhaftigkeit zu verspüren ist.
Der Roman ist eine weitere Folge in dem Zyklus, der
Heimatromane, deren ein Dutzend zu schreiben und darin alle
österreichischen Menschheitsprobleme darzustellen sich Bahr in
guter Stunde vorgenommen hatte. Er ist ein Roman des
österreichischen Hochadels, der österreichischen Landschaft, oder
vielmehr der salzburgischen, die der Autor ja besonders liebt.
Sympathisch ganz außerhalb der künstlerischen Bedeutung er¬
scheint der Umstand, daß bei aller tendenziösen Zuspitzung doch
die Freiheit des Bahrschen Geistes und sein Verständnis für
jegliche Art das Gleichgewicht der kämpfenden Welten nicht
von vornherein zu Ungunsten der einen Partei verrückt hat.