I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 109

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Badearzt
29. Doktor Graes1
A. — ad I . a G I. C P
Alfred Nathansky.
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Ein kleiner Badearzt zwischen zwei Altern, nicht völlig auf der Höhe der
jüngsten wissenschaftlichen Errungenschaften, mit mäßigem, aber für bescheidene
Bedürfnisse gerade ausreichendem Einkommen, ohne sonderlichen Ehrgeiz, von
einer neben ihm alternden Schwester liebevoll betreut. Und der soll auf
einmal nach dem jähen Tod der Schwester ganz auf eigenen Beinen stehen.
Da zeigt es sich nun, duß er das innere Gleichgewicht, das seinen reifen
Jahren entspräche, nicht allein finden kann, nie besessen hat. Nicht eine,
gleich drei Frauen auf einmal braucht sein Anlehnungsbedürfnis, verliert
die wertvollste ebenso wie ein aussichtsreiches Sanatorium, weil er, ewig
unentschlossen, nicht rechtzeitig zuzugreifen versteht, zernichtet die zweite, den
bei Schnitzler geläufigen Typus des süßen Mädels, durch eigene Schuld
und wird schließlich durch die dritte, eine zweideutige, Männerfang routine¬
mäßig betreibende Witwe mit einem Kinde eingefangen wie ein dummer
Junge. Dabei ist er eitel, fühlt sich beständig verkannt, ohne sich der
Schwester, dem Freund oder der Geliebten rückhaltlos aufschließen zu können,
und hält sich für verraten, wenn diese eine ihm unzugängliche Ecke in
ihrem Herzen besitzen, im übrigen ein gewandter Plauderer mit ausgesprochenem
Glück bei Frauen. Ich frage nun: Ist das ein typischer Nord= oder
Mitteldeutscher, was er nach Schnitzler doch sein soll, oder der ewige, nur
mit seinem Dichter bejahrter gewordene Anatol, der liebenswürdige, aber
entschlußunfähige Oesterreicher, dem die Frauen das Wichtigste in der Welt
bedeuten, der nicht ohne sie zu leben, aber sie auch nicht zu meistern weiß,
der bei jeder eigenen Schwäche über die Schlechtigkeit der Welt seufzt?
Gewiß ein unbeabsichtigtes, gewiß kein geschmeicheltes, gewiß ein einseitiges
Gemälde, aber von der Porträtähnlichkeit, die nur jene Bilder haben, auf
denen ein markanter Zug herrschend hervortritt. Und die vier weiblichen
Gestalten des Buches? Die alternde Friederike mit dem tadellosen Ruf,
die unter den Augen ihres problematischen Schützers von Bruder eine
ganze Kompanie Männer vom Jugendfreund bis zum lungensüchtigen
Knaben beglückt hat, weil ihre Sinne Nahrung brauchten, hieß sie nicht
früher Frau Berta Garlan oder Komtesse Mizzi oder Frau Beate? War
sie damals nach dem Ausweis ihres Passes Oesterreicherin, warum sollte
sie es jetzt trotz der Falschmeldung nicht sein? Ist es die aufrechte,
so ganz unprüde Sabine nicht genau so wie die Johanna aus dem „Ein¬
samen Weg“, das süße Mädel Katharina nicht genau so wie ihre berühmte
Ahnfrau aus der „Liebelei“, der anschmiegsamen Witwe mit den freigebig
dekolletierten Hauskleidern gar nicht zu gedenken, die so viel Verständnis und
Interesse gegenüber den kleinen Freundinnen ihrer männlichen Bekannten hat?
Ist diese ganze Welt, in der der Beruf neben dem Ewig=Weiblichen nur eben
noch gerade geduldet erscheint, die der norddeutschen Tat= und Geschäfts¬
menschen, deren unsentimentale Leistungsfähigkeit jetzt eben zwei Hemisphären
in Atem hält? Nein, diese Leutchen, deren Weh und Ach überhaupt nicht
oder nur aus dem berühmten einen Punkte zu kurieren ist, sind wie ihr
Dichter unter weicheren Lüften zuhause, wir können sie wie Schnitzler ver¬
leugnen, aber nicht abschütteln.
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*) Leipzig, L. Staackman