I, Erzählende Schriften 28, Frau Beate und ihr Sohn. Novelle, Seite 23

und ihr Sohn
28. Frau Beate
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nangade onne Gewähr.
Bresiauer Morgen Zeitung.
Ausschnitt aus:
21.00. 1913
vom:
„Frau Beate und ihr Sohn.
Die jüngste Novelle von Arthur Schnitzler (Berlin W.,
Preis 2.50 Mar#
Bülowstraße 90. S. Fischer¬
Leser in das weite Land seelischer Lebensirrungen. Frau Beate ist
die Witwe eines berühmten Schauspielers, in dem ihr romantischer
Sinn mehr noch den großen Menschendarsteller in seinen zahllosen,
wechselnden Bühnengestalten, als den Mann geliebt hat. Sie um¬
gibt ihren heranwachsenden Sohn Huge mit schwärmerischer Zärtlich¬
keit, fast allzu ängstlich bef rebt, ihn vor den unvermeidlichen Ver¬
strickungen des Lebens zu behüten. Sie selbst ist aber noch nicht über
Nese Gefahren hinausgewachsen. Die schwüle Atmosphäre der Ver¬
Ehrung, von der sie als junge, schöne Witwe umgeben ist, läßt ihre
Sinne nicht zur Ruhe kommen und sie erliegt unversehens einem
Studienkameraden ihres Sohnes. Ihrer Neue erscheint diese unbe¬
dachte Hingabe an einen dem eigenen Kinde Gleichaltrigen wie ein
Verbrechen, und als Hugo aus dem Munde des jugendlich=indis¬
treten Beglückten die die Mutter herabziehende Wahrheit erfährt,
geht Frau Beate in den Tod gemeinsam mit dem Sohne, nachdem sie
in einer letzten Stunde lebenstrunkener Verwirrtheit auch ihm
Geliebte geworden ist. Man wird gegen die mehr und mehr ins
Pathologische abirrende Psychologie der Erzählung, zumal des trotz
allen Verhüllungen der Schilderung peinlichen Schlusses, starke Be¬
denken haben können und sich dennoch entzücken lassen dürfen von der
außerordentlichen Zartheit mit der Schnitzler die schmerzlichen
Zuckungen eines allzu empfindsamen Frauenherzens enthüllt, von der
milden Abgeklärtheit seines Vortrags, von der virtuosen Kunst, mit!
der der Dichter die Darstellung alltaglicher Menschen und Vorgänge
allmöhlich zur Höhe des Uebersinnlichen emporführt, ohne dabei #le
Erzähler jemals den festen Grund der Realität z verlassen¬
en musten Zeltungen und ist das
d agwierte Barcau Deutschtands.)
Zeitung: Morg.-Zts.
0nl: Breslau
ME
Titerarische
(X. Fröl Beate und ihr Sohn.“
I. Trlh Schuitber (Berlin W.
ejüngste Novelle
Büf spstraße 90. S. Fischer Vertag. Preis 2.50 Mark) führt den
Leser in das weite Land feelischer Lebensirrungen. Frau Beate ist
die Witwe eines berühmten Schauspielers, in dem ihr romantischei
Sinn mehr noch den großen Menschendarsteller in seinen zahllosen
wechselnden Bühnengestalten, als den Mann geliebt hat. Sie um
gibt ihren heranwachsenden Sohn Hugo mit schwärmerischer Zärtlich
keit, fast allzu ängstlich bestrebt, ihn vor den unvermeidlichen Ver¬
stickungen des Lebens zu behüten. Sie selbst ist aber noch nicht über
diese Gefahren hinausgewachsen. Die schwüle Atmosphäre der Ver¬
ehrung, von der sie als junge, schöne Witwe umgeben ist, läßt ihre
Sinne nicht zur Ruhe kommen und sie erliegt unversehens einen
Studienkameraden ihres Sohnes. Ihrer Neue erscheint diese unbe¬
dachte Hingabe an einen dem eigenen Kinde Gleichaltrigen wie ein
Verbrechen, und als Hugo aus dem Munde des jugendlich=indis¬
treten Beglückten die die Mutter herabziehende Wahrheit erfährt,
geht Frau Beate in den Tod gemeinsam mit dem Sohne, nachdem sie
in einer letzten Stunde lebenstrunkener Verwirrtheit auch ihm —
Geliebte geworden ist. Man wird gegen die mehr und mehr ins
Pathologische abirrende Psychologie der Erzählung, zumal des trotz
allen Verhüllungen der Schilderung peinlichen Schlusses, starke Be¬
denken haben können und sich dennoch entzücken lassen dürfen von der
außerordentlichen Zartheit mit der Schnitzler die schmerzlichen
Zuckungen eines allzu empfindsamen Frauenherzens enthüllt, von der
milden Abgeklärtheit seines Vortrags, von der virtuesen Kunst, mit
der der Dichter die Darstellung alltaglicher Menschen und Vorgänge
allmählich zur Höhe des Uebersinnlichen emporführt, ohne dabei als
Erzähler jemals den festen Grund der Realität zu verlassen.
—.—
box 4/5
Bachleneste Nachrichte.
Zeitung:
Mannheim
Ort:
Pet—9
Nicht minderer Reise begegnet man in
Arthur Schnitzlers „Frau Beate und ihr Sohn“
Der 2. Fischer, Berlin.)
Eine jeße Variation seines Themas von Liebe und Tod, strömt
es witder das starke kulturfeine Aroma Schnitzlerscher Kunst
aus, die nachdenkliche Melancholie, die tiefinnerliche Kraft des
Erlebens und die sorglose Anmut des Gestaltens. Wieder ist
es, als suchte es aus der Wirrheit seelischer Erlebnisse, die voll
Rätseln sind, voll alter und neuer, nach Antwort; steigt
schmerzliche Sehnsucht aus der Tiefe der Seele dieser Menschen
und flutet dunfel ineinander.
R·TIIDTOFe-boten, Berlin
1# 4½
Ganz nah verwandt ist diesem Buch Jakob
Wassermanns kleiner Reman „Der Mann
von vierzig Jahren“ (Berlin, S. Fischer). Man
ist förmlich erstaunt, wenn in dieses Buch
plötzlich der Krieg von 1870 hineinschlägt —
so unwirklich und verschoben ist alles in ihm,
so übel wirkt der Erotismus des Ganzen, der
in Arthur Schnitzlers „Frau Beate und ihr
Sohn“ (Bernin, S. Fischer) noch viel be¬
herrschender und unsympathischer durchschlägt.
Ist denn das Leben wirklich nur eine Kette
sinnlicher Erregungen, ein Hin und Her von
halben und ganzen Verführungen, wie es uns
Schnitzler schon in seinem Drama vom weiten
Land glauben machen wollte? Und wie klingt
dies Werk aus, in dem eine noch lebensvolle
Witwe dem jungen Kameraden ihres Sohnes
und dieser Sohn, hart neben ihr, einer Aben¬
taurerin zum Opfer fällt!
(Quelleggjgase oute Gewant,
FEICHSPOST, WIEN
Ausschnitt aus:
vom: 24. AUDUS
11913
D. Breuranv.—
Frau Beate und ihr Sohn. Novelle von Arbur
(Schnitzler Berlin, S. Fischer. 8°. (155 S.) Ml. 2.50,
rarBetannte begrüßen wir: Die Leute aus dem
„Welten Land, unsaubere, anrüchige Gestalten, die sich da
an einem Salzkammergütsee den Sommer über zusan
genistet haben. Alle ihre Verderbtheiten, die
Häufung recht unwahrscheinlich sind, zu schilde
kaum einen anderen Schriftsteller neben Schnitzl
können. Unumwunden wird zugegeben, daß es
einem anderen Schriftsteller so restlos gelung
Ob es ihm zur Ehre gereicht, dieses Feld unbei
behaupten, mag dahingestellt bleiben. Der Fr
ist diese Novelle freilich prächtig. Sie ist in einen
lichen schön gesteigerten Zuge geschrieben, ihre Spr
von ein paar ordinären Stellen abgesehen, ebenmäßig und
sein. — Ueber den Inhalt der Novelle, dieses schmierige
Durcheinander von Ehebrüchen und Verfehlungen mannig¬
sacher Art kein weiteres Wort. Wenn all dies auch nur
einigermaßen lebenstreu ist, wenn sich Aehnliches tatsächlich
an den von den diversen Schnitzlers bevölkerten Salz¬
kammergutseen zuträgt, so habe ich endlich eine Erklärung
für meine alte heimliche Abneigung gegen diese von der
Natur gesegnete, von den Menschen geschändete Landschaft,
Hs. Breskg.)
gefunden.
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