Frau Beate
und ihr Sohn
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28. Wuen enenean
Ve S
2
20
Neues vom Büchertisch#
Von Carl Busse
getecheecerecttterterkecteccrtektccckcccktcckkckettc###nssn###
Arthur Schnitzler, Frau Beate und ihr Sohn (Berlin, S. Fischer) — Otto von
(Leitgeb, Das Hohelied (Berlin, E. Fleischel & Co.) — Hermann Stegemann,
Ewig still (Ebenda) — Wilhelm Hegeler, Eros (Ebenda) — Hermann Stehr,
Geschichten aus dem Mandelhaus (Berlin, S. Fischer) — E. von Handel¬
Mazzetti, Brüderlein und Schwesterlein (Kempten, Jos. Kösel) — Helene von
Mühlau, Hamtiegel (Berlin, E. Fleischel & Co.)
GSRMRSERERRR RRREDEREERRERRESERRESERLERRERDERKRRKKHDT
mungen, Gefühlsverirrungen und differen¬
s Hermann Bahr vor fünfund¬
zierten Luxusempfindungen überlassen, als
zwanzig Jahren noch gelenkiger
sie durch ihr Vermögen von vornherein den
am Trapez des Geistes turnte
Notwendigkeiten des Erwerbs und dem
und statt der bisherigen „interes¬
harten Gesetz des Pflichtlebens entrückt sind.
S
santen Witwen“ von den Dichtern
Man glaubt es gar nicht, wieviel Probleme
„ein paar gebrauchte Kellnerinnen und einen
der jungwiener Schule überhaupt nur unter
bescheidenen Trunkenbold“ verlangte, schrie
der Voraussetzung eines reichlichen Bank¬
er tagtäglich, wie der Hirsch nach frischem
guthabens möglich sind.
Wasser schreit, nach der „neuen Psychologie“
Darf man Schnitzlers Bühnenwerke als
Er suchte sie in der ganzen deutschen Lite¬
dramatisierte Novellen ansprechen, so pro¬
ratur vergeblich und mußte sich entschließen,
fitieren seine Novellen von der strengen dra¬
die Lücke selber zu füllen. So entstand
matischen Technik. Mit welch überlegter
sein Roman „Die gute Schule“ der heut
und überlegener Kunst wird hier im An¬
im literarischen Raritäten= und Mißgebur¬
fangskapitel des neuen Buches die Exposition
tenkabinett einen hervorragenden Platz ein¬
gegeben! Erst im Rückblick übersieht man
nimmt. Zum Glück überwand der mit
völlig, wie klug und zahlreich von vornherein
der Stirnlocke geschmückte Österreicher seine
die vorbereitenden Einschläge sind, wie wohl¬
eigenen Offenbarungen mit reißender Ge¬
bedacht auch die scheinbar nebensächlichen
schwindigkeit; was ihm selber vorbeigelungen
Züge sich später dem allgemeinen Plan ein¬
war, schien anderen zu gelingen; mit Be¬
ordnen! Frau Beate Heinold, ungefähr la
geisterung entdeckte er die neue Psychologie
femmé de quarante ans, die noch schöne
bei Arthur Schnitzler und Hugo von Hof¬
Witwe eines berühmten Schauspielers, ist
mannsthal, und da es in seiner tempera¬
in Sorge um ihren gerade flügge werdenden
mentvollen Art lag, aus jedem Windlicht
einzigen Sohn. Eine schlecht berufene frü¬
im ersten Augenblick eine ewige Sonne zu
here Schauspielerin zieht ihn in ihre Netze, zum
machen, so erklärte er, das Auftreten der
erstenmal verschließt er sich vor der Mutter,
beiden jungen Wiener bedeute einen Wende¬
und da Frau Beate nicht will, daß er von
punkt unserer Kultur. Wenn er einmal
jener geschminkten Lebedame zum Manne
seine kritischen Abhandlungen in einer zehn¬
geküßt wird, geht sie stracks zu ihr hin und
bändigen Gesamtausgabe erscheinen läßt, so
stellt sie zur Rede. Auf ähnliche Weise hat
wird das der reinste Zentralfriedhof für
sie ihren späteren Gatten einst aus den
Eintagswahrheiten sein. Immerhin aber
Banden einer älteren Witwe befreit, und
ein sehr apart angelegter und hübsch be¬
dieser Parallelismus der Geschehnisse ist na¬
pflanzter.
türlich nicht zufällig. Wer den tiefer liegen¬
Das Wort von der „neuen Psychologie“
den Sinn der Novelle „erahnen“ will, muß
summte mir in den Ohren, während ich
ihn im Auge behalten. Die besorgte Mutter
Arthur Schnitzlers jüngstes Buch las:
erhält im vorliegenden Falle halbwegs be¬
„Frau Beake####ihr Sohn“ (Berlin
ruhigende Zusicherungen, aber sie werden
1913, S. Fischer). Eine Novelle, die in ir¬
nicht gehalten, und bald weiß sie, daß ihr
gendeiner eleganten Sommerfrische bei
Bub seine Nächte bei dem unwürdigen
Ischl spielt und dorthin ein paar Leute
Weibe verbringt. Damit ist er ihr als Kind
aus weicher Wiener Phäakenluft verpflanzt.
verloren, er lebt sein eigenes Leben, und sie,
Leute aus Kreisen, wie sie Arthur Schnitzler
die seit des Gatten Tode sich nur ihm ge¬
zu schildern liebt: gebildetes, wohlhabendes,
widmet hat, ist mit einem Male allein. In
etwas jüdisch durchsetztes und künstlerisch
dieser Einsamkeit, des bisherigen Haltes
angehauchtes Bürgertum, das den engen
und Daseinszweckes beraubt, von den Vor¬
Schranken der alten Dogmen und Sitten¬
stellungen jener Dinge verfolgt, die ihr den
gesetze entlief, ohne doch in sich selbst einen
Sohn nahmen, macht sie selbst eine neue
sicheren Halt zu haben, so daß es bei schweren
Entwicklung durch. Das Weib erwacht in
Konflikten kopflos und schwächlich um die
ihr und verdrängt die Mutter; sie achtet
Ecke geht. Diese Menschen können sich um so
leichter und ausschließlicher ihren Stim= mehr auf ihre Umgebung und sieht sich von
und ihr Sohn
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Neues vom Büchertisch#
Von Carl Busse
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Arthur Schnitzler, Frau Beate und ihr Sohn (Berlin, S. Fischer) — Otto von
(Leitgeb, Das Hohelied (Berlin, E. Fleischel & Co.) — Hermann Stegemann,
Ewig still (Ebenda) — Wilhelm Hegeler, Eros (Ebenda) — Hermann Stehr,
Geschichten aus dem Mandelhaus (Berlin, S. Fischer) — E. von Handel¬
Mazzetti, Brüderlein und Schwesterlein (Kempten, Jos. Kösel) — Helene von
Mühlau, Hamtiegel (Berlin, E. Fleischel & Co.)
GSRMRSERERRR RRREDEREERRERRESERRESERLERRERDERKRRKKHDT
mungen, Gefühlsverirrungen und differen¬
s Hermann Bahr vor fünfund¬
zierten Luxusempfindungen überlassen, als
zwanzig Jahren noch gelenkiger
sie durch ihr Vermögen von vornherein den
am Trapez des Geistes turnte
Notwendigkeiten des Erwerbs und dem
und statt der bisherigen „interes¬
harten Gesetz des Pflichtlebens entrückt sind.
S
santen Witwen“ von den Dichtern
Man glaubt es gar nicht, wieviel Probleme
„ein paar gebrauchte Kellnerinnen und einen
der jungwiener Schule überhaupt nur unter
bescheidenen Trunkenbold“ verlangte, schrie
der Voraussetzung eines reichlichen Bank¬
er tagtäglich, wie der Hirsch nach frischem
guthabens möglich sind.
Wasser schreit, nach der „neuen Psychologie“
Darf man Schnitzlers Bühnenwerke als
Er suchte sie in der ganzen deutschen Lite¬
dramatisierte Novellen ansprechen, so pro¬
ratur vergeblich und mußte sich entschließen,
fitieren seine Novellen von der strengen dra¬
die Lücke selber zu füllen. So entstand
matischen Technik. Mit welch überlegter
sein Roman „Die gute Schule“ der heut
und überlegener Kunst wird hier im An¬
im literarischen Raritäten= und Mißgebur¬
fangskapitel des neuen Buches die Exposition
tenkabinett einen hervorragenden Platz ein¬
gegeben! Erst im Rückblick übersieht man
nimmt. Zum Glück überwand der mit
völlig, wie klug und zahlreich von vornherein
der Stirnlocke geschmückte Österreicher seine
die vorbereitenden Einschläge sind, wie wohl¬
eigenen Offenbarungen mit reißender Ge¬
bedacht auch die scheinbar nebensächlichen
schwindigkeit; was ihm selber vorbeigelungen
Züge sich später dem allgemeinen Plan ein¬
war, schien anderen zu gelingen; mit Be¬
ordnen! Frau Beate Heinold, ungefähr la
geisterung entdeckte er die neue Psychologie
femmé de quarante ans, die noch schöne
bei Arthur Schnitzler und Hugo von Hof¬
Witwe eines berühmten Schauspielers, ist
mannsthal, und da es in seiner tempera¬
in Sorge um ihren gerade flügge werdenden
mentvollen Art lag, aus jedem Windlicht
einzigen Sohn. Eine schlecht berufene frü¬
im ersten Augenblick eine ewige Sonne zu
here Schauspielerin zieht ihn in ihre Netze, zum
machen, so erklärte er, das Auftreten der
erstenmal verschließt er sich vor der Mutter,
beiden jungen Wiener bedeute einen Wende¬
und da Frau Beate nicht will, daß er von
punkt unserer Kultur. Wenn er einmal
jener geschminkten Lebedame zum Manne
seine kritischen Abhandlungen in einer zehn¬
geküßt wird, geht sie stracks zu ihr hin und
bändigen Gesamtausgabe erscheinen läßt, so
stellt sie zur Rede. Auf ähnliche Weise hat
wird das der reinste Zentralfriedhof für
sie ihren späteren Gatten einst aus den
Eintagswahrheiten sein. Immerhin aber
Banden einer älteren Witwe befreit, und
ein sehr apart angelegter und hübsch be¬
dieser Parallelismus der Geschehnisse ist na¬
pflanzter.
türlich nicht zufällig. Wer den tiefer liegen¬
Das Wort von der „neuen Psychologie“
den Sinn der Novelle „erahnen“ will, muß
summte mir in den Ohren, während ich
ihn im Auge behalten. Die besorgte Mutter
Arthur Schnitzlers jüngstes Buch las:
erhält im vorliegenden Falle halbwegs be¬
„Frau Beake####ihr Sohn“ (Berlin
ruhigende Zusicherungen, aber sie werden
1913, S. Fischer). Eine Novelle, die in ir¬
nicht gehalten, und bald weiß sie, daß ihr
gendeiner eleganten Sommerfrische bei
Bub seine Nächte bei dem unwürdigen
Ischl spielt und dorthin ein paar Leute
Weibe verbringt. Damit ist er ihr als Kind
aus weicher Wiener Phäakenluft verpflanzt.
verloren, er lebt sein eigenes Leben, und sie,
Leute aus Kreisen, wie sie Arthur Schnitzler
die seit des Gatten Tode sich nur ihm ge¬
zu schildern liebt: gebildetes, wohlhabendes,
widmet hat, ist mit einem Male allein. In
etwas jüdisch durchsetztes und künstlerisch
dieser Einsamkeit, des bisherigen Haltes
angehauchtes Bürgertum, das den engen
und Daseinszweckes beraubt, von den Vor¬
Schranken der alten Dogmen und Sitten¬
stellungen jener Dinge verfolgt, die ihr den
gesetze entlief, ohne doch in sich selbst einen
Sohn nahmen, macht sie selbst eine neue
sicheren Halt zu haben, so daß es bei schweren
Entwicklung durch. Das Weib erwacht in
Konflikten kopflos und schwächlich um die
ihr und verdrängt die Mutter; sie achtet
Ecke geht. Diese Menschen können sich um so
leichter und ausschließlicher ihren Stim= mehr auf ihre Umgebung und sieht sich von