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später auch abstrakter Begriffe bemächtigt, indem sie sich einer Symbolik
bedient, die derjenigen des Traumes ganz analog ist, so wird z. B. der
Begriff Kindersegen“ durch die Abbildung eines Granatapfels dargestellt.
Häufig wird ein Konkretum dadurch zum Träger eines Symbols, daß seine
sprachliche Bezeichnung dem Namen eines Abstraktums nahesteht: eine
Zwiebel drückt in China den Begriff „Scharfsinn“ aus, weil das Wort,
für Zwiebel auch „Scharfsinns bedeuten kann (Danzel p 167). Bekanntlich
kommt Ahnliches im Traum vor (Ahre als Symbol für Ehre), und zwar
unter dem Einfluß der Zensur, deutet das darauf hin, daß auch beim
Ubergreifen der Bilderschrift auf das Gebiet des Abstrakten Kräfte im
Hans Sperber.
Spiele waren, die der Traumzensur analog sind?
SCHNITZLER, „Frau Beate und ihr Sohn“ (S. Fischers Verlag,
Berlin 1913).
Wenn ein Künstler vom Range Arthur Schnitzlers die Beziehungen
von Mutter und Sohn in den Mittelpunkt eines Werkes stellt, dürfen auch
die Psychologen erwarten, in der Lektüre manches zu finden, was ihr
Interesse in hohem Grade fesseln muß. Denn die Psychologie hat seit jeher
erkannt, daß ihr die Dichtung in ihrer intuitiven Seelenkenntnis voraus¬
geeilt ist.
Die verborgenen Beziehungen dieses jüngsten Werkes Schnitzlers zu
früheren Dichtungen können hier nicht dargestellt werden“, doch sei darauf
hingewiesen, daß die Bedeutung des Inzestmotivs auch in den oran¬
gehenden Werken deutlich erkennbar war. Doch erst in diesem Buche tritt
sie, von der psychologischen Darstellungskunst Schnitzlers getragen, auch an
die Bewußtseinsfläche des Lesers. Das verregende Moment“ der Novelle
liegt darin, daß der Sohn Beatens den Reizen einer alternden Kokotte zu
unterliegen droht. Fortunata, die von ihm begehrte Frau, ist als dirnen¬
haft geradezu bezeichnet worden. Doch auch die Mutter Hugos wird sich
bewußt, daß nur ihre Ehe es war, welche sie vor einem abenteuerlichen
Dasein in wilden Gelüsten bewahrte. Diese längst vergessenen Regungen
erwachen nun wieder. da sie die Gewißheit erlangt, daß ihr Sohn eine
andere Frau liebt. Ist sie nicht jünger als jene Fortunata und wird nicht
auch sie noch begehrt? Sinnliche Begier steigt quälend und beseligend zu¬
gleich in ihr auf und da der gleichaltrig Freund ihres Sohnes, Fritz, ihr
seine Liebe gesteht, zieht sie ihn mit verlngenden Armen an sich. Es ist
klar, daß das Verhältnis Beatens, der allmählich das Alter sich naht, mit
dem Spielgefährten ihres Sohnes eine Ersatzbefriedigung des inzestwunsches
darstellt. Der Dichter hat uns über die geheimen Wünsche Beatens nicht
im unklaren gelassen, da er sie im Halbschlaf von gemeinsamen Reisen
mit ihrem Sohne träumen läßt. „Die Leute würden sie frech ansehen und
denken: Ah, die hat sich da einen hübschen Burschen auf die Reise mit¬
genommen. Seine Mutter könnte sie sein. Wie? Die Leute halten sie für
ein Liebespaar. Nun, warum nicht. Die können ja nicht wissen, daß der
Bursche da ihr Sohn ist, und ihr merken sie wohl an, daß sie eine von den
überreifen Frauen ist, denen die Lust nach so jungem Blute steht.“ Die
Gedanken der Leute erscheinen uns wie in die Außenwelt projizierte Selbst¬
vorwürfe der Phantasierenden.
Die Ahnlichkeit des Sohnes mit Ferdinand, ihrem Gatten, fällt ihr in
diesen Stimmungen immer mehr auf. Es ist ihr, als sehe sie den Ver¬
Vgl. den AbschnittFormen des Inzestmotivss in meinem Buche-Arthur
Schnitzler als Psychologs. J. C. Bruns. Minden 1914,
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später auch abstrakter Begriffe bemächtigt, indem sie sich einer Symbolik
bedient, die derjenigen des Traumes ganz analog ist, so wird z. B. der
Begriff Kindersegen“ durch die Abbildung eines Granatapfels dargestellt.
Häufig wird ein Konkretum dadurch zum Träger eines Symbols, daß seine
sprachliche Bezeichnung dem Namen eines Abstraktums nahesteht: eine
Zwiebel drückt in China den Begriff „Scharfsinn“ aus, weil das Wort,
für Zwiebel auch „Scharfsinns bedeuten kann (Danzel p 167). Bekanntlich
kommt Ahnliches im Traum vor (Ahre als Symbol für Ehre), und zwar
unter dem Einfluß der Zensur, deutet das darauf hin, daß auch beim
Ubergreifen der Bilderschrift auf das Gebiet des Abstrakten Kräfte im
Hans Sperber.
Spiele waren, die der Traumzensur analog sind?
SCHNITZLER, „Frau Beate und ihr Sohn“ (S. Fischers Verlag,
Berlin 1913).
Wenn ein Künstler vom Range Arthur Schnitzlers die Beziehungen
von Mutter und Sohn in den Mittelpunkt eines Werkes stellt, dürfen auch
die Psychologen erwarten, in der Lektüre manches zu finden, was ihr
Interesse in hohem Grade fesseln muß. Denn die Psychologie hat seit jeher
erkannt, daß ihr die Dichtung in ihrer intuitiven Seelenkenntnis voraus¬
geeilt ist.
Die verborgenen Beziehungen dieses jüngsten Werkes Schnitzlers zu
früheren Dichtungen können hier nicht dargestellt werden“, doch sei darauf
hingewiesen, daß die Bedeutung des Inzestmotivs auch in den oran¬
gehenden Werken deutlich erkennbar war. Doch erst in diesem Buche tritt
sie, von der psychologischen Darstellungskunst Schnitzlers getragen, auch an
die Bewußtseinsfläche des Lesers. Das verregende Moment“ der Novelle
liegt darin, daß der Sohn Beatens den Reizen einer alternden Kokotte zu
unterliegen droht. Fortunata, die von ihm begehrte Frau, ist als dirnen¬
haft geradezu bezeichnet worden. Doch auch die Mutter Hugos wird sich
bewußt, daß nur ihre Ehe es war, welche sie vor einem abenteuerlichen
Dasein in wilden Gelüsten bewahrte. Diese längst vergessenen Regungen
erwachen nun wieder. da sie die Gewißheit erlangt, daß ihr Sohn eine
andere Frau liebt. Ist sie nicht jünger als jene Fortunata und wird nicht
auch sie noch begehrt? Sinnliche Begier steigt quälend und beseligend zu¬
gleich in ihr auf und da der gleichaltrig Freund ihres Sohnes, Fritz, ihr
seine Liebe gesteht, zieht sie ihn mit verlngenden Armen an sich. Es ist
klar, daß das Verhältnis Beatens, der allmählich das Alter sich naht, mit
dem Spielgefährten ihres Sohnes eine Ersatzbefriedigung des inzestwunsches
darstellt. Der Dichter hat uns über die geheimen Wünsche Beatens nicht
im unklaren gelassen, da er sie im Halbschlaf von gemeinsamen Reisen
mit ihrem Sohne träumen läßt. „Die Leute würden sie frech ansehen und
denken: Ah, die hat sich da einen hübschen Burschen auf die Reise mit¬
genommen. Seine Mutter könnte sie sein. Wie? Die Leute halten sie für
ein Liebespaar. Nun, warum nicht. Die können ja nicht wissen, daß der
Bursche da ihr Sohn ist, und ihr merken sie wohl an, daß sie eine von den
überreifen Frauen ist, denen die Lust nach so jungem Blute steht.“ Die
Gedanken der Leute erscheinen uns wie in die Außenwelt projizierte Selbst¬
vorwürfe der Phantasierenden.
Die Ahnlichkeit des Sohnes mit Ferdinand, ihrem Gatten, fällt ihr in
diesen Stimmungen immer mehr auf. Es ist ihr, als sehe sie den Ver¬
Vgl. den AbschnittFormen des Inzestmotivss in meinem Buche-Arthur
Schnitzler als Psychologs. J. C. Bruns. Minden 1914,
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