I, Erzählende Schriften 24, Die dreifache Warnung, Seite 6

dreifache Narnung
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24. D
Ke en enen en een Sen Aen esen a
Monarchie einen Gebietsgalruche Ahalten, beziehungsweise durch
die Große Entente, in dem die unhaltbare Lage der Republik
diesen Zerfall gegründet worden waren. Frankreich und die
kurz und ziffernmäßig begründet und sofortiges Zusammen¬
ag zhoa N.
Tschechoslowakei haben auch dies verhindert, indem sie die
gehen mit Deutschland, sofern dieses gewilligt ist, seinem oft
El 90—
Möglichkeit einer Wiedereinsetzung der Habsburger als Aus¬
gefallenen Wort vom Anschlußwillen auch die Tat folgen zu
rede vorschützten, im Wirklichkeit aber um den Bestand der
ur das
lassen. Denn auch hier ist leider noch die große Frage offen:
1919—1920
Nachfolgestaaten sorgten, die ja genau so lebensunfähig sind,
„Ich will; — aber ob er mag?“
wie Deutschösterreich, gegenwärlig aber noch durch eine rück¬
werden, daß
Österreich müßte außerdem zur sofortigen Linderung seiner
sichtslose Säbelherrschaft zusammengehalten werden.
diktates von
Lebensnot san die Veräußerung aller entbehrlichen Staats¬
eine Antwort
Ja, wenn man in Paris doch die Macht gehabt hätte, die
aktiven (Kunstschätze usw.) schreiten und diese mit dem Vor¬
t Untergang
Elbe statt quer durch Deutschland fließen und in Hamburg in
behalt des Rückkaufrechtes doch opfern, um das natte Dasein
hinter ver¬
die Nordsee münden zu lassen ins schwarze Meer oder ins
zu retten.
unter rein
kaspische Meer zu leiten, und wenn es die politischen. Gaukler
Not tut uns aber hauptsächlich noch die innere Eini¬
ines Staates
der Entente vermocht hätten, vor Preßburg eine solche Teilung
gung. Vielleicht wären wir nicht so tief gesunken, wenn die
nsere Unter¬
der Donau vorzunehmen, daß der östliche Teil ins schwarze
große Masse Staatsgefühl hätte, wenn nicht fast alles Partei¬
en Euch die
Meer, der westliche Teil in den Rhein fließt, dann wäre es interessen unterlegen wäre.
tragsreisen und erzählt im valutastarken Ausland und jetzt
cholischen Genießern, bei den mondänen Frauen und den step¬
auch bei uns, wie schön es einmal war im alten Österreich,
tischen Puppenspielern, bei uns in Wien, in Grinzing, im
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wie graziös und innig die süßen Mädel waren, wie leicht¬
Belvedere, da ist's am schönsten. — Freilich, dort war's sehr
chnitzler=Vor¬
sinnig und melancholisch die Anatole. — Denn ob sich auch
schön, bis der Zusammenbruch kam und die Anatole auf die
Erfolg ver¬
später vom spielerischen Anatol der wissende, resignierte Pup¬
Börse jagte, oder ins Dorotheum und die süßen Mädeln
en sich den
penspieler abspaltete, Grunderlebnis, Grundstimmung des gan¬
.. . na ja . . .. — Ein „Merk's Wien!“, ein „ecce homo
und Sit¬
zen Schnitzler=Werkes bleibt doch Anatol, der melancholische
austriacus“, das ist dieser Artur Schnitzler, aber keine völ¬
ruf niedere
Genießer, der junge Dichter selbst. Eng (auf den ersten Blick
kische Gefahr.
em An¬
erschreckend eng und dürftig an Problemen) seine Gedanken¬
Im übrigen verweise ich auf das Maiheft der „Neuen
roben
welt: Ehebruch und Duell ihre Tragik, süßes Mädel oder
Deutschen Rundschau“. Dort sagen Gerhard Hauptmann,
tehenden
mondäne Dame ihre soziale Frage, das unheimliche Rätsel
Thomas und Heinrich Mann und andere Juden (die meisten
tit wem
des Todes ihre Metaphysik. Wahrlich kein „weites Land“!
andern sind allerdings wirkliche Juden) allerlei Gescheites
ig=selbst¬
Aber in diesem engen, kleinen Bezirk welche Tiefe, welche
über Schnitzlers Kunst und ihre jetzige kritische Lage. Ein
ist. —
müde Weisheit, welches Wissen um die Relativität alles Ir¬
Unterton von Sorge um den feinen Dichter und sein vielleicht
eben, im
dischen. (Mir wenigstens ist die Schnitzlersche Relativitäts¬
verheiße. Werk ist nicht zu verkennen. Hermann Stahr
dieses
theorie einleuchtender als die Einsteinsche.) Welche Kenntnis
z. B. wirst geradezu die Frage auf: „Was wird in 100 Jahren
wemmt,
der weiblichen Psyche, welche wehmütige Selbsterkenntnis,
noch da sein!“ — „Die Liebelei“ möchte ich in aller Be¬
Schnitz¬
welches Österreichertum!

scheidenheit antworten.
banges
Ja, Österreichertum! — Es kann nicht geleugnet werden,
Der Vortragsabend selbst war ungleichmäßig. Zuerst gabs
unkenen Ge¬
daß Schnitzlers Poesie jetzt (besonders seit den unglückseligen
eine Legende, deren Gedankenschwung und Kühnheit nicht
sinken?
„Reigen“=Affären) eine Art Politikum geworden ist. Auch
gerade verblüffend wirkte. (Den unpathetischen, alles in seiner
schen Eindruck
wurzelt sein Werk offenkundig in einem bestimmten kleinen
Relativität erkennenden Dichter liegt eben das Pathos nicht.)
(jüdisch=patrizischen) Wiener Milieu. Endlich tun die kon¬
jugendlicher
Hernach war eine Novelle, die allerdings die bekannte virtuose
nationalen Freunde ofters des Guten zu viel ... Und doch:
dlichen „Ana¬
Technik des meisterhaften Frauen=Psychologen und geborenen
genem Munde
Der tiefste und echteste Zug seiner Kunst ist nicht jüdisch,
Novellisten aufwies, aber als Vortragsstück im großen
sondern österreichisch, oder, wenn man schon will,
n, ja histori¬
Stephaniensaale ziemlich versagte. Schnitzlers Kleinkunst ver¬
und „süßen
langt nach einem intimeren Raume. Und so gab's anfäng¬
druck des hier assimlierten, bürgerlichen, des nun Österreicher
chnitzler einst
lich nur einen Achtungs= und Hochachtungserfolg. Da brachte
die seither tief
gewordenen Juden. Er hat die Skepsis zweier skeptischer Ras¬
aber die Demonstration und Gegendemonstration Stimmung.
tur ins Leben
sen in sich aufgenommen. Deshalb weiß er um die Relativität
Auch Schnitzler geriet mehr in Feuer, die prächtige Würstl¬
melancholischen
alles Irdischen so genau. Und er zieht daraus einen echt
Komödie bekam aktuellen Reiz und die dichterisch stärkste Gabe
eine Genera¬
österreichischen (gar nicht jüdischen) Schluß: Weil ohnehin alles
des Abends, die innigen „Weihnachtseinkäufe“ ergriffen stark.
so relativ ist, was soll man da noch sich viel anstrengen,
Das Publikum war schließlich ehrlich begeistert und feierte
en gehen jetzt
breiter, ernster werden, den „Weg ins Freie“ wirklich suchen?
den junggebliebenen Sechziger mit grazerischem Temperament.
er jugendlicher
Draußen wird's auch nicht viel besser sein. Bleiben wir
ernimmt Vor¬ bei uns zu Hause, bei den süßen Mädeln und den melan¬
BCH
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