I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 9

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Freie
23. Der Ner
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viel für sich. Wer die Reize des Erzgebirges kennt, keit der Erzgebirgsbewohner, an dessen Spitze er der Keilbeeg nicht nur eine vorzügliche Schlitten¬
den herben Zauber dieser deutschen Landschaft mit steht, ist die Ausstellung zu danken. Die humanitäre bahn, sondern die Terrainverhältnisse sind auch

ihren ernsten Wäldern und stillen Tälern, mit den und kulturelle Arbeit für das Erz#irge hat für Hörnerschlittenfahrten und Schneeschuhfahrten
kleinen, bis auf den Kamm sich hinziehenden Ort= durch das Entfachen des nationalen Kampfes keine vorzüglich geeignet. In den letzten Jahren ist der
Touristenverkehr im Sommer auf 36.000, im Win¬
schaften; wer die Eigenart dieses von der Natur geringe Ablenkung und durch die nationalen
so reich bedachten Gebirges gekostet, dem wird der Schutzvereine eine schwere Konkurrenz erhalten.ter auf 18.000 Personen gestiegen. Diese Verhält¬
festhingesetzte höchste Gipfel, der Keilberg, wie ein Aber gerade die Vorkommnisse der letzten Zeit nisse dürften sich nunmehr noch wesentlich günstiger
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Arbeit zu zwingen. Er ist ein Mensch, der an keiner gebung ins Auge faßt. Er stammt vom Rhein, seine
Vorfahren waren Beamte, seine Muttex war Sän¬
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Frau vorübergehen kann, ohne mit dem Gedanken
Feuilleton.
gerin sein Vater Botaniker; feine, beschauliche
zu spielen, daß er sie besitzen möchte, ja, der nie¬
Menschen, die ruhig im Kreis ihrer Empfindungen
mals den Armen ausweicht, die sich um seinen
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dahinleben. Er selbst ist aber schon vollständig
Hals schließen. Er lebt dahin, stets eine blühende
1#10* Der Weg ins Freie.
Wiener geworden, er gehört ganz dem landschaft¬
Rose Knopfloch und doch stößt er jeden Augen¬
blick irgendein Schubfach seiner Erinnerungen auf, lichen Zauber dieser Stadt an, die die freie Luft
Bis in den Morgen habe ich an dem neuen
aus dem ihm der Duft verwelkter Rosen empor# von dem großen Strom erhält, an dem sie liegt,
Buch Arthur Schnitzlers gelesen. Ich hatte schon
steigt. Oft traumhaft verknüpft sich ihm Vergangen= die durchzogen ist von dem Duft der Gärten, die
während der Roman in der „Neue. Rundschau“
sie umgeben, und dem kräftigen Geruch der Alpen¬
erschien, hineingeblickt, jetzt aber, da das Buch heit und Gegenwart und ebenso schreitet er in die
Zukunft.
berge, er gehört ganz den großen und liebens¬
ganz vor mir lag, packie es mich und ließ mich nicht
würdigen Gedanken, die aus den Bauten und
Der Kern der Handlung oder vielmehr der
los, wie alles, was Schnitzler schreibt. Denn es ist
rah
Kunstwerken Wiens sprechen, aus seiner Musik und
am ausführlichsten behandelte Teil der Handlung
ein Werk voll tiefen und weichen Empfindens, voll
seinem Theater, und schließlich ist er nicht aus der
ist das Verhältnis des Baron Wergenthin mit einer
reifer Weisheit, voll dichterischer Anschauung, und
Verbindung mit der Gesellschaft zu lösen, jenen
Bürgerstochter, Anna Rosner, die sich ihm hingibt
es heimelt uns überdies besonders an, da es ein
gescheiten, ironischen, gemütlichen, manchmal bor¬
und die er, nachdem das Kind, das sie ihm geberen
Wiener Roman ist, darin das wienerische Wesen wie
nierten und doch immer bequemen Menschen, die
hat, nach den ersten Atemzügen gestorben ist,
in keinem anderen Werk eines deutschösterreichischen
sich in den besten Schichten der Wiener Gesellschaft
Dichters zum Ausdruck kommt, und da wir Oester= wieder verläßt, verläßt, weil sein Herz nicht im¬
vermengen. Wer Wien nicht kennt der wird es
reicher, wo immer wir wohnen, auch jeder unser stande ist, festzuhalten, was es errungen, weil es
aus Arthur Schnitzlers neuem Buche kennen ler¬
Stück Wien im Herzen tragen. Er ist ein echter nicht imstande ist, um des einen großen und herr¬
nen; wer Oesterreich nicht kennt, der wird es hier .
Romanheld, sein Georg Freiherr von Wergenthin=lichsten Besitztums willen auf die Lockungen zu ver¬
sehen. Schnitzler läßt einen seiner gescheiten Men¬
zichten, die der Tag bietet, verläßt, weil sein Leben
Reco, ein Held wie die Helden unserer größten und
schen über Wien sagen: „Bei uns ist ja die Ent¬
nicht das Leben eines treuen, zielbewußten, von
besten Romane, wie Wilhelm Meister, wie Oswald
rüstung so wenig echt wie die Begeisterung. Nur
seiner Sendung überzeugten Arbeiters, sondern das
Stein in den „Problematischen Naturen“, wie der
die Schadenfreude und der Haß gegen das Talent,
grüne Heinrich, ein Held, dem alles, was er tut,
die sind echt bei uns.“
selbst, so weiß der Leser im vorhinein, daß er sie
nicht aus zielbewußtem, kräftigem Wollen ersteht,
Dies nur als Probe der Bemerkungen, die
sondern aus Stimmungen, aus den ihn umaeben- verlassen wird. Die Meisterschaft des Dichters
er macht, die freilich nicht alle eine so beschämende
den Umständen, aus einer Begabung, die vielseitig bewährt sich darin, daß er gleich im Anfang mit
Verurteilung enthalten.
wenigen Strichen den Helden unverkennbav zeich¬
und groß sein mag und der doch die Initiative fehlt.
Wien und Oesterreich kann man nicht behan¬
net. Man kann aber nicht recht sagen: er verläßt,
Er ist ein Künstler, dem aus jedem Begegnis, aus
jedem Waldesrauschen und Wellenmurmeln die denn er selber tut überhaupt nichts. Er ist eine deln ohne die Judenfrage zu erörtern. Schnitzler
Motive zu musikalischen Werken emporsteigen und passive Natur, er verläßt seine Anna nicht, aberhtut dies mit einer Offenheit, die wohltuend wirkt
dem doch der Fleiß des Genies fehlt, der nur er bleibt auch nicht bei ihr. Dieser Wergenthin istl und er sagt in den verschiedenen Gesprächen, die er
gelegentlich arbeitet und nicht gelexnt hat, sich zur exklärt, wenn man seinen Ursprung und seine Um- zwischen den Vertretern der verschiedensten An¬